Bodenvorratspolitik

Das sehr weitgehende Vorkaufsrecht soll den Gemeinden die Sicherung einer langfristigen geordneten städtebaulichen Entwicklung durch eine gezielte, ausschließlich an städtebaulichen Interessen orientierte Bodenvorratspolitik ermöglichen. Es entspricht dem früheren § 25 BBauG, ist jedoch insofern großzügiger ausgestaltet, als die städtebaulichen Entwicklungsabsichten der Gemeinde nicht mehr an bestimmte formelle Voraussetzungen geknüpft sind. Das Satzungsvorkaufsrecht kann insbesondere auch zur Sicherung einer städtebaulichen Rahmenplanung eingesetzt werden.

Gebiete im Sinne des Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 können alle räumlichen Bereiche einer Gemeinde sein, in denen sie städtebauliche Maßnahmen in Betracht zieht. Aus der Wortbezeichnung Gebiete und dem Bezug zu städtebaulichen Maßnahmen folgt jedoch, dass die Vorkaufsrechtssatzung nur Teile des Gemeindegebietes umfassen darf, und zwar nur solche Bereiche, für die die Gemeinde konkrete und nachweisbare städtebauliche Absichten hat, die durch einen frühzeitigen Grundstückserwerb gesichert werden sollen. Die Vorschrift des Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 verbietet somit eine Ausdehnung der Satzung auf das gesamte Gemeindegebiet. Eine solche Ausdehnung ist allenfalls in einer kleineren Gemeinde denkbar, wenn z. B. das gesamte Gemeindegebiet von einer konkreten städtebaulichen Umstrukturierungsabsicht betroffen ist. Mit der Vorkaufsrechtssatzung darf die Gemeinde jedenfalls nicht lediglich das Ziel verfolgen, ihren Grundstücksvorrat zu erweitern. Die Verwendung des Plurals bedeutet nicht, dass die Gemeinde in einer Vorkaufsrechtssatzung mehrere Gebiete auswählen muss. Für eine derart eingeschränkte Auslegung findet sich in den Gesetzesmaterialien kein Anhaltspunkt. Sie wäre auch sachlich nicht begründet. Die Gemeinde kann daher die Satzung auf ein Gebiet beschränken. Es steht ihr auch frei, entweder in einer Satzung mehrere Gebiete, die nicht zusammenhängen müssen, auszuwählen oder für jedes Gebiet eine Satzung zu erlassen.

Der Begriff der städtebaulichen Maßnahmen ist weit auszulegen. Darunter fallen alle dem Städtebaurecht zugehörigen Vorhaben, mit denen die Gemeinde ihre Planungsvorstellungen zum Zwecke einer geordneten städtebaulichen Entwicklung verwirklichen will. Dies sind zunächst alle von der Gemeinde beabsichtigten Planungsakte, die diesen Zielen dienen, z. B. Aufstellung und Änderung eines Flächennutzungs- oder Bebauungsplans, Erlass einer Satzung über den Vorhaben- und Erschließungsplan, Erlass einer Sanierungs- oder Entwicklungssatzung, ferner bodenordnende Maßnahmen und städtebauliche Gebote. Der weitgefasste Begriff Maßnahmen umfasst darüber hinaus die tatsächliche Verwirklichung städtebaulicher Ziele wie die Erschließung von Baugebieten durch Bau von Straßen, Versorgungsanlagen usw. oder die Funktionsverbesserung von Baugebieten durch Schaffung von Infrastruktureinrichtungen. Die beabsichtigte Maßnahme muss lediglich einen städtebaulichen Bezug aufweisen, womit andererseits Maßnahmen, die zwar im öffentlichen Interesse liegen, aber nicht städtebaulich orientiert sind, ausscheiden. Auch hier bedeutet die Verwendung des Plurals nicht, dass die Gemeinde in einem bestimmten Gebiet etwa ein Bündel von Maßnahmen planen muss. Es genügt unter Umständen auch eine einzige Maßnahme, z. B. die Aufstellung eines Bebauungsplanes.

Auch der beabsichtigte Erlass einer Erhaltungssatzung nach § 172 ist eine städtebauliche Maßnahme, mag auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift des §25 dagegen sprechen. Der Wortlaut des Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und das mit der Vorschrift verfolgte umfassende Ziel, alle von der Gemeinde beabsichtigten konkreten städtebaulichen Maßnahmen durch frühzeitigen Grundstückserwerb zu erleichtern, rechtfertigen eine entsprechend weite Auslegung. Die Gemeinde kann daher den Aufstellungsbeschluss für eine Erhaltungssatzung nach § 172 Abs. 2 mit dem Erlass einer Vorkaufsrechtssatzung verbinden, muss jedoch, um das Vorkaufsrecht unter dem Gesichtspunkt des Wohls der Allgemeinheit ausüben zu können, z. B. in dem praktisch bedeutsamsten Fall der Milieuschutzsatzung vorher festgestellt haben, dass in dem betreffenden Gebiet eine schätzenswerte Wohnbevölkerung vorhanden und diese gefährdet ist. Damit sieht sie sich aber praktisch demselben Ermittlungsaufwand gegenüber, wie wenn sie gleich eine Satzung nach § 172 erlassen würde und dann das Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Nr. 4 ausüben könnte. Der Weg über eine Vorkaufsrechtssatzung wird daher der Gemeinde gegenüber dem Erlass einer Erhaltungssatzung kaum einen Vorteil bringen. Jedenfalls darf die Gemeinde eine Vorkaufsrechtssatzung nicht dazu benutzen, um die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 3 Satz 1 zu umgehen.

In Betracht ziehen setzt voraus, dass die Gemeinde städtebauliche Maßnahmen nicht nur unverbindlich erwägt, sondern ernsthaft beabsichtigt, also auch in Angriff nehmen und verwirklichen will. Dabei kommt es auf den Zeitpunkt des Erlasses der Vorkaufsrechtssatzung und der Ausübung des Vorkaufsrechts an. Ergibt sich später nach Ausübung des Vorkaufsrechts im Verlauf der sich verdichtenden Planung, dass die ursprünglichen Entwicklungsvorstellungen der Gemeinde nicht zu verwirklichen sind, so bleibt die Ausübung des Vorkaufsrechts dennoch rechtmäßig. In Betracht ziehen erfordert weiter eine konkrete Zielplanung, deren spätere Verwirklichung der vorgezogenen Sicherung auch durch frühzeitigen Grundstückserwerb der Gemeinde bedarf. Das Satzungsvorkaufsrecht ist damit kein zulässiges Instrument zur allgemeinen Erweiterung des gemeindlichen Grundstücksvorrats, auch wenn die Gemeinde beabsichtigt, ihren Grundstücksvorrat letztlich für irgendwelche Planungsziele einzusetzen. Das besondere Vorkaufsrecht ist ausschließlich an konkrete und damit nachweisbare städtebauliche Ziele, Zwecke und Bedürfnisse gebunden. Andererseits ist nicht bereits eine in Einzelheiten gehende förmliche Planung erforderlich. Es genügt, dass die Gemeinde für ein bestimmtes Gebiet eine spätere förmliche Bebauungsplanung ernsthaft in Erwägung zieht. Auch der Zeitpunkt, zu dem die Gemeinde ihre Planungsvorstellungen verwirklichen, will braucht noch nicht fixiert zu sein. Die Gemeinde soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers möglichst frühzeitig in die Lage versetzt werden, Grundstücke zu erwerben, um die Durchführung künftiger städtebaulicher Maßnahmen zu erleichtern. Ist allerdings der Zeitraum noch völlig vage und nicht wenigstens grob umrissen, so kann dies einen Rückschluss auf eine mangelnde Ernsthaftigkeit der Planungsabsicht zur Folge haben. Wie schon unter Rn. 13 und in der Einf. vor § 24 Rn. 16 ausgeführt wurde, verzichtet die Neufassung des § 25 darauf; dass sich die Entwicklungsvorstellungen der Gemeinde aus bestimmten planerischen Grundlagen ergeben müssen. Die Gemeinde ist somit flexibler. Es genügt, dass die Gemeinde irgendwelche städtebaulichen Maßnahmen in Betracht zieht. Der Begriff ist weit zu verstehen. Darunter fallen alle Maßnahmen, die der Gemeinde dazu dienen, ihre Planungsvorstellungen zu verwirklichen, vorausgesetzt sie weisen einen städtebaulichen Bezug auf. Förmlich konkretisierter Planungsabsichten bedarf es nicht. Erforderlich ist, dass die Gemeinde ihre städtebaulichen Absichten im Beschluss über die Vorkaufsrechtssatzung zum Ausdruck bringt, wobei sie jedoch auf andere informelle Planungsbeschlüsse, insbesondere auch auf städtebauliche Rahmenplanungen verweisen darf. Verweist die Gemeinde auf anderweitig festgelegte Entwicklungsziele, so muss sich jedoch aus ihnen ergeben, welche räumlichen Bereiche von den beabsichtigten städtebaulichen Maßnahmen betroffen sind und welche Funktionen diesen Bereichen zugeordnet sind. So wird eine Verweisung auf die räumlich festgelegten Entwicklungsziele des Flächennutzungsplans in der Regel ohne weiteres zulässig sein. Formulieren jedoch z. B. die Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder planerische Grundsatzbeschlüsse der Gemeinde nur sachliche, aber noch nicht auf bestimmte Flächen bezogene Entwicklungsziele, so bedarf es im Beschluss über die Vorkaufsrechtssatzung einer räumlichen Konkretisierung, die allerdings nicht parzellenscharf sein muss. Die beabsichtigten städtebaulichen Maßnahmen dürfen nicht - jedenfalls nicht auf Dauer - übergeordneten Entwicklungszielen widersprechen. Die Gemeinde braucht andererseits, wenn sie z. B. städtebauliche Maßnahmen, die vom Flächennutzungsplan abweichen, in Betracht zieht, den Flächennutzungsplan nicht vor dem Beschluss über die Vorkaufsrechtssatzung zu ändern, sondern kann dies auch nachholen.