Brauereibetrieb

Geht man von diesen Grundsätzen aus, so können die Bekl allein aus der Übernahme der Schlossbrauerei G. durch den Kläger ein Recht zur fristlosen Kündigung nicht herleiten. Sie hatten sich in § 11 des Vertrages vom 24. 2. 1966 ausdrücklich mit einem derartigen Rechtsübergang, wie ihn der Kläger und Graf L. im Pachtvertrag vom 12. 1. 1970 vorgenommen haben, einverstanden erklärt. Die in § 11 aa0. vorweggenommene Zustimmung zu der zwischen Verpächter und Pächter vereinbarten sogen. Vertragsübernahme ist rechtlich möglich und im Hinblick auf die schutzwürdigen Interessen einer Brauerei, mit der Übertragung ihres Geschäftsbetriebes den vertraglich gebundenen Kundenstamm als wesentlichen Vermögenswert ebenfalls mit zu übertragen, jedenfalls dann unbedenklich, wenn der sonstige Inhalt des Vertragsverhältnisses zwischen Gastwirt und Brauerei unberührt bleibt. Dass dabei etwa zu dem bisherigen Inhaber der Brauerei bestehende, die Vertragsdurchführung erleichternde persönliche Bindungen wegfallen, muss der Gastwirt, der sich mit einer derartigen Rechtsnachfolgeklausel einverstanden erklärt, hinnehmen. Die Beklagte haben dem entsprechend auch zunächst - während des Jahres 1970 - den Rechtsübergang auf den Kläger nicht beanstandet.

Ein Recht zur fristlosen Kündigung hätte den Beklagten u. U. allerdings dann zugestanden, wenn sich infolge des Rechtsübergangs auf den Kläger die Durchführung des Bierlieferungsvertrages auch inhaltlich entscheidend zu ihrem Nachteil geändert hätte. Ein Gastwirt, der sich langfristig an eine bestimmte Brauerei binden will, wird seinen Vertragspartner nicht zuletzt nach dem besonderen Publikumsgeschmack gerade seines Kundenkreises aussuchen. Für diesen Publikumsgeschmack ist aber neben dem Standort der Brauerei, dem dort verwende- ten Wasser und den sonstigen herkömmlichen Braugewohnheiten nicht zuletzt auch die Biermarke entscheidend, unter der der Gast die ihm vertrauten und von ihm Eigenschaften seines Bieres verkörpert findet. Das gilt insbesondere bei kleinen und mittelständischen Brauereien mit begrenztem Einzugsbereich. Der Gastwirt darf daher darauf vertrauen, dass auch bei einem von ihm hinzunehmenden Besitzerwechsel auf Seiten der Brauerei die Vertragsdurchführung selbst unberührt bleibt. Entschließt sich die Brauerei zur Aufhebung oder Verlegung der alten Braustelle und zu einer Änderung der Biermarke, so braucht dies der Gastwirt, selbst wenn das ihm nunmehr angebotene Bier qualitativ gleichwertig ist, in der Regel nicht hinzunehmen. Das Berufungsgericht entnimmt diese Einschränkung aus einer restriktiven Auslegung des § 11 des Vertrages. Sie ergibt sich aber auch aus den Inhalts- grenzen, die nach Treu und Glauben einer solchen, einseitig von der Brauerei vorformulierten und zu Lasten des Gastwirts in einen Formularvertrag aufgenommenen Rechtsnachfolgeklausel gezogen sind.

Eine derartige Änderung in der Vertragsdurchführung haben die Beklagte jedoch nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts nicht dargetan. Die Einstellung des Brauens von Spezialbier und dunklem Vollbier, das ohnehin nur einen verschwindend geringen Prozentsatz des Umsatzes der Beklagte ausmachte, hatten diese widerspruchslos hingenommen. Der Kläger hatte andererseits seine ursprüngliche Absicht, den Brauereibetrieb in G. auch im Übrigen einzustellen, jedenfalls auf absehbare Zeit aufgegeben. Der Umstand allein, dass er vorübergehend für das nach wie vor in G. gebraute und abgefüllte Flaschenbier das Etikett der J.-Brauerei verwendete und auf die Abfüllstelle G. nur - zudem verhältnismäßig versteckt - im Etikett hinwies, war aber, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt allein nicht so schwerwiegend, dass er den Beklagten ohne vorherige Abmahnung, ein Recht zur fristlosen Kündigung gegeben hätte.

Es bleibt mithin nur die Frage, ob die bloße Befürchtung der Beklagte, der Kläger werde in absehbarer Zeit den Brauereibetrieb in G. ganz einstellen, eine Befugnis zur fristlosen Kündigung des Bierlieferungsvertrages eröffnete. Auch das hat das Berufungsgericht zu Recht verneint. Es ist der Revision allerdings einzuräumen, dass die Beklagte aus ihrer Sicht von einer derartigen nahe liegenden Gefahr ausgehen konnten. Neben der erklärten Absicht des Klägers, die Biererzeugung künftig in J. zu konzentrieren, wussten sie, dass im Jahre 1970 sowohl Umsatz als auch Lagerkapazität in G. ganz erheblich reduziert waren, wenn dieser Umstand auch die sachgemäße Versorgung der Kunden der Brauerei nicht beeinträchtigte. Schließlich kann zugunsten der Beklagte unterstellt werden, dass ihnen die dem Kläger im Pachtvertrag vom 12. 1. 1970 ausdrücklich vorbehaltene Befugnis, den Brauereibetrieb in G. nach seinem Ermessen einzustellen, schon damals bekannt war.

Gleichwohl reichte diese - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts objektiv unbegründete - Befürchtung der Beklagte für eine fristlose Kündigung nicht aus. Es entspricht einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, wie er etwa in dem Gebot der Nachfristsetzung bei Verzug oder in dem Erfordernis der Abmahnung bei vertragswidrigem Gebrauch einer Mietsache zum Ausdruck kommt, dass eine Lösung vom Vertrag - insbesondere wenn es sich um ein langfristiges Dauerschuldverhältnis handelt - grundsätzlich erst zulässig ist, wenn der andere Vertragsteil nachdrücklich auf die Folgen einer weiteren Nichterfüllung des Vertrages hingewiesen worden ist. Dieser Grundsatz gilt auch hier, - und zwar um so mehr, als sich die Absicht des Klägers zur Einstellung des Brauereibetriebes in G. erst auf einen künftigen Zeitpunkt bezog. Nur wenn der Kläger daher trotz nachdrücklichen Vorhalts an seiner vorläufig nur angekündigten Absicht, künftig den Brauereibedarf in J. zu konzentrieren, festgehalten und die irreführende Etikettierung weiterverwendet hätte, wäre den Beklagten ein Festhalten am Vertrag als Voraussetzung für eine. fristlose Kündigung - schlechthin nicht mehr zuzumuten gewesen. Dass diese Abmahnungen nicht von vornherein aussichtslos und aus diesem Grund entbehrlich waren, zeigt der tatsächliche Geschehensablauf. Im Übrigen bestand zu einer vorherigen Klarstellung der Absichten des Klägers hier deswegen besondere Veranlassung, weil der Kläger in seinem Schreiben vom 28. 1. 1971 gerade zur Klärung dieser Fragen den baldigen Besuch eines Mitarbeiters: angekündigt hatte. Wenn die Beklagte nun ohne diesen Besuch abzuwarten, am 2. 2. 1971 fristlos kündigte, so handelten sie voreilig.

Soweit schließlich die Revision meint, die Beklagte seien deswegen zur fristlosen Kündigung berechtigt gewesen, weil sie andernfalls Verhandlungen mit anderen Brauereien nur unter Zeitdruck und damit unter ungünstigen Bedingungen hätten führen müssen, widerspricht diese Ansicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Dem Senat ist aus zahlreichen Rechtsstreiten vergleichbarer Art bekannt, dass ein Gastwirt angesichts des starken Konkurrenzkampfes der Brauereien untereinander durchaus in der Lage ist, für den Preis einer langfristigen Bezugsbindung erhebliche Gegenleistungen auszuhandeln. Mit Eilverkäufen bei drohendem Insolvenzverfahren, auf die die Revision beispielhaft hinweist, war die Situation der Beklagte schlechthin nicht zu vergleichen. Im übrigen stand es den Beklagten frei, nach der Mitte Dezember 1970 erfolgten Ankündigung des Klägers über die 1971 beabsichtigte Konzentration Vorverhandlungen mit anderen Brauereien zu führen, ohne sich sofort in einer dem Kläger gegenüber vertragswidrigen Weise zu binden.