Bremswirkung

Zur Frage des Beweises des ursächlichen Zusammenhangs zwischen einem Fehler der Bremsvorrichtung eines Kraftfahrzeuges und einem Unfall durch Schleudern nach Bremsung.

Zur Beweislast für das Verschulden eines Kraftwagenherstellers und -verkäufers bei Mängeln der Bremsvorrichtung des verkauften Fahrzeugs.

Aus den Gründen: A. Der Kläger führt die ungleichmäßige Bremswirkung, die den Unfall zur Folge gehabt haben soll, wahlweise auf folgende Ursachen zurück: Entweder habe die von der Beklagte in die hier in Frage stehende Kraftfahrzeugserie als Neukonstruktion eingebaute automatische Nachstellvorrichtung der Bremsen einen Konstruktionsmangel aufgewiesen. Die Fehlkonstruktion liege darin, dass die automatische Nachstellvorrichtung gegen Erschütterungen, wie sie auf der Straße unvermeidbar sind, anfällig sei und bei einer Prüfung, auf dem Rollenprüfstand nur unzulänglich geprüft werden könne. Oder die Bremsen des gekauften Wagens hätten einen Fabrikationsfehler gehabt, der bewirkt habe, dass die Vorderradbremsen des Fahrzeugs ungleichmäßig gewirkte hätten. Dafür müsse, so meint der Kläger, die )3ekl. schon an sich einstehen. Darüber hinaus habe die Werkstatt der Beklagte in Hannover den Wagen nach der zweiten Probefahrt nicht ordnungsmäßig überprüft, sonst wäre der Mangel der Bremsen erkannt und beseitigt worden. Die Beklagte hafte daher auch wegen Verletzung werkvertraglicher Verpflichtungen.

B. Das Berufungsgericht weist die Klage ab, weil es nicht als erwiesen ansieht, dass der Unfall des Klägers durch einen der Beklagte zur Last zu legenden Fehler verursacht worden ist. Gegen diese Auff. wendet die Rev. sich mit der Rüge, das Berufungsgericht habe die Beweislast falsch verteilt und sei infolge Verfahrensfehlern zu unrichtigen Feststellungen gelangt

I. 1. Das Berufungsgericht ist unter I der Entscheidungsgründe der Auff., dem Kläger sei der Beweis, dass die Bremsen des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Kaufes und des Unfalls nicht in Ordnung waren, nicht gelungen. Dabei hat das Berufungsgericht lediglich den behaupteten Fabrikationsfehler im Auge, wie sich daraus ergibt, dass es unter II den Anspruch aus Verletzung des Werkvertrages und unter III die behauptete Fehlkonstruktion behandelt.

2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts sind nicht frei von rechtlichen Bedenken.

a) Der Rev. ist einmal zuzugeben, dass die Begründung des Berufungsgerichts, wenn ein Fehler bei der Nachstellvorrichtung vorgelegen hätte, so hätte er sich schon bei der Überprüfung der Bremsen auf dem Rollenprüfstand ergeben müssen, nicht zu überzeugen vermag. Das Berufungsgericht setzt dabei voraus, dass die Überprüfung auf dem Rollenprüfstand sorgfältig erfolgt ist, was der Klägergerade bestreitet. Das Berufungsgericht stellt auch unter II der Entscheidungsgründe nicht etwa fest, dass die Überprüfung ordnungsgemäß erfolgt ist, sondern hält nicht nur für erwiesen, dass sie nicht ordnungsgemäß vorgenommen sei. Außerdem unterstellt das Berufungsgericht unter in die Behauptung des Klägers als richtig, die neu eingeführte automatische Nachstellvorrichtung könne bei der Prüfung auf dem Rollenprüfstand nur unzulänglich geprüft werden. Unter diesen Umständen kann aus der Tatsache, dass bei der Überprüfung auf dem Rollenprüfstand kein Fehler festgestellt worden ist, nicht die Folgerung gezogen werden, dass ein Mangel der Bremsvorrichtung tatsächlich nicht bestanden hat.

b) Das Berufungsgericht führt weiter aus, zwar habe der Sachverständige FL sechs Tage nach dem Unfall festgestellt, dass das linke Vorderrad sehr bald - schon bei geringer Betätigung des Fußbremshebels - abgebremst werde, während das rechte Vorderrad noch durchgedreht werden, konnte und die Bremse erst bei sehr starkem Druck auf das Bremspedal wirkte. Der Sachverständige halte es deswegen für nicht ausgeschlossen, dass durch die falsche Einstellung der Vorderradbremse der Wagen beim Unfall sehr stark nach links gezogen worden sei und dies zum Unfall geführt habe. Der Sachverständige B. habe demgegenüber in seinem ersten Gutachten dargelegt, dass die Vorderradbremsen keine Mängel und Schäden aufgewiesen hätten. Wenn er in seinem zweiten Gutachten in Verbindung mit dem Prüfbericht des Instituts für Werkstoffkunde und dem Gutachter Heller festgestellt habe, dass die automatische Nachstellvorrichtung der beiden Vorderräder verschieden stark sei, so könne der Klägeraus diesen Gutachten nichts für sich herleiten. Die Gutachten gingen nämlich von Messungen und Untersuchungen an dem im August 1962 von der Beklagte reparierten Unfallfahrzeug aus. Der Zustand, der den Gutachten zugrunde liegt, sei deshalb nicht der Zustand im Zeitpunkt des Unfalls. Auch lasse sich die weitere Möglichkeit, dass bei den verschiedenen nachträglichen Untersuchungen der Nachstellvorrichtung diese falsch eingestellt worden sei, nicht völlig ausscheiden. Es möge zwar sein, dass Prof. B. im Zeitpunkt seines ersten Gutachtens die Problematik der automatischen Nachstellvorrichtung noch nicht gekannt und deshalb die damaligen Untersuchungen nicht auf diese abgestellt habe. Die Ergebnisse des ersten Gutachtens verböten es aber, die anderen Ergebnisse des zweiten Gutachtens ohne weiteres dahin zu würdigen, dass die Lage im Zeitpunkt des ersten Gutachtens die gleiche gewesen sei. Schließlich meint das Berufungsgericht, ein ungleichmäßiges Wirken der beiden Vorderradbremsen ergebe sich auch entgegen der Meinung des Klägers nicht rück- schließend aus dem Unfallhergang. Der Kläger sei nach der glaubhaften Bekundung des Zeugen He. mit einer Geschwindigkeit von etwa 15Q km gefahren. Ob er, als ein Lkw plötzlich nach links ausscherte, daraufhin stark gebremst habe, stehe zwar nicht fest. Immerhin spreche vieles mehr für ein scharfes Bremsen als gegen ein solches. Es sei deshalb möglich, dass der Unfall des Klägers darauf zurückzuführen sei, dass er zu stark gebremst habe. Ein fehlerhaftes Fahrverhalten des Klägers lasse sich zum mindesten nicht ausschließen.

Dass den Kläger die Beweislast dafür trifft, dass der objektive Tatbestand eines Mangels des Fahrzeugs vorliegt, entspricht ständiger Rechtsprechung (vgl. Urteil BGH vom 13. 2. 1969 - VII ZR 14/67, BGH Warn. 1969 Nr. 66 Nr. 18 zu § 282 BGB; BGHZ 51, 91, 104 = Nr. 22 zu § 823 [J] BGB). Die Rev. macht aber mit Recht geltend, das Berufungsgericht habe unter Verstoß gegen § 286 ZPO den Sachverhalt hier nicht erschöpfend aufgeklärt. Es habe bei der Beweiswürdigung nicht berücksichtigt, dass unstreitig auf der Straße nach dem Unfall Radier-, Brems- oder Blockierspuren nicht festgestellt worden seien, dass aber bei einem starken Abbremsen solche Spuren festzustellen gewesen wären. Daraus folge, dass der .Kl. nicht scharf gebremst haben könne. Gleichzeitig sei damit in Frage gestellt, dass der KL mit einer Geschwindigkeit von 150 km gefahren sei. Habe der Kläger aber nicht scharf gebremst, so spreche nach der Lebenserfahrung die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Wagen nur infolge ungleichmäßiger Bremstätigkeit nach links gezogen habe,

Unter diesen Gesichtspunkten hat das Berufungsgericht den Sachverhalt nicht geprüft. Seine Feststellungen über die Fahrweise des Klägers hat es ohne Berücksichtigung der polizeilichen Ermittlungen, die sich aus den zum Gegenstand der Verhandlung gemachten Akten der Staatsanwaltschaft ergeben, und ohne Einholung eines vom Kläger hierüber beantragten Gutachtens eines Sachverständigen getroffen Einer eingehenden Prüfung des Unfallherganges hätte es indessen bedurft. Das Berufungsgericht sieht zwei Umstände als denkbare Ursachen für den Unfall an: Entweder ein fehlerhaftes Fahrverhalten des Klägers oder einen Fehler der Bremsanlage. Allerdings mag, wenn ein Fahrer mit seinem Wagen beim Abbremsen ins Schleudern gerät und dabei den Grünstreifen der Autobahn überfährt, der Anscheinsbeweif3 für ein fehlerhaftes Verhalten des Fahrers begründet sein (BGH Urteile vom 21. 2. 1961 - VI ZR 107/60 - VersR 1961, 444; vom 25. 3. 1969 - VI ZR 252/67 - VersR 1969, 636; vom 19. 12. 1969 - VI ZR 63/69 - VersR 1970, 284). Diese Urteile befassen sich zwar mit den Rechtsverhältnissen des Kraftfahrers zu einem durch den Unfall geschädigten Dritten. Es bestehen aber keine Bedenken, die in den Urteilen vertretene Auff. entsprechend auf das Verhältnis des Kraftfahrers als Käufers zum Verkäufer anzuwenden, wenn der Verkäufer sich gegenüber den Ansprüchen des Kraftfahrers auf ein schuldhaftes Verhalten des Kraftfahrers beim Unfall beruft. Wird ein fehlerhaftes Verhalten des Klägers in Erwägung gezogen, so bedarf es aber auch der Prüfung, ob ein Anscheinsbeweis nicht im gegebenen Fall als entkräftet anzusehen ist Was das Fahrverhalten des Klägers betrifft, so könnte nämlich ins Gewicht fallen, dass nach den Ermittlungsakten die Fahrbahn trocken, gerade und übersichtlich und das Wetter sonnig war, also äußerer Anlass für ein Schleudern nicht bestand. Der K. war auch unstreitig ein erfahrener, langjähriger Kraftfahrer. Wenn das Berufungsgericht gegen den Kläger den Umstand verwerten will, er habe bei einer Geschwindigkeit von 150 km angesichts eines in einer Entfernung, von 150 m plötzlich auftretenden Hindernisses scharf gebremst, so fehlt es für diese Annahme eines fehlerhaften Verhaltens an hinreichenden Feststellungen. Gegen eine Gewaltbremsung, die ein Schleudern hätte bewirken können, spricht der Umstand, dass nach den polizeilichen Ermittlungsakten Bremsspuren nicht festgestellt worden sind. Dafür, dass der Kläger falsch gehandelt habe, sind, wie die Rev. zutreffend geltend macht, auch sonst keine Anhaltspunkte hervorgetreten, Der Zeuge H., auf den das Berufungsgericht sich bezieht, hat nur bekundet, der Kläger müsse stark gebremst haben. Das ergebe sich für ihn daraus, dass ohne eine starke Bremsung ein Zusammenstoß nicht zu vermeiden gewesen wäre. Er, der Zeuge, hätte das auch so getan. Der Zeuge macht dem Beklagten also gerade keinen Vorwurf.

Damit, dass die Beklagte den Beweis für ein fehlerhaftes Verhalten des Klägers nicht geführt hat, hat allerdings der Kläger seinerseits noch nicht bewiesen, dass ein fehlerhaftes ungleichmäßiges Ansprechen der Bremsen das Fahrzeug zum Schleudern gebracht hat. Das Berufungsgericht wird aber, sofern es darauf ankommen sollte, - gegebenenfalls unter Anhörung eines Sachverständigen - würdigen müssen, ob nach dem Unfallhergang, dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen und den Feststellungen der Sachverständigen H., B. und Hei. etwa so viele Beweisanzeichen für einen Fehler der Bremsvorrichtung sprechen, dass aus diesem Grund der Beweis als geführt anzusehen ist. Dabei handelt es sich um die allein dem Tatrichter anvertraute Beweiswürdigung.

Bei der erneuten Verhandlung hat das BerC4er. auch Gelegenheit, seine Auff. zu überprüfen, der Kläger könne nichts daraus herleiten, dass die Beklagte nach der Reparatur des Unfallfahrzeugs die ausgewechselten Teile, die als Beweismittel hätten dienen können, nicht aufbewahrt hat. Das Berufungsgericht führt aus, es lasse sich nach den ganzen Umständen nicht feststellen, dass die Beklagte dadurch den dem Kläger obliegenden Beweis auch nur fahrlässig vereitelt habe. Die Beklagte habe von der Richtigkeit des ihr vom Kläger übersandten ersten Gutachtens des Sachverständigen B., dass die Bremsen des Fahrzeugs in Ordnung gewesen seien, ausgehen dürfen. Zwar habe der Kläger gleich nach dem Unfall Schadensersatzansprüche angedroht. Später habe er jedoch mit Schreiben vom 9. 8. 1962 sich nur noch an die Kulanz der Beklagte gewendet.

Die Rev. weist demgegenüber mit Recht darauf hin, dass die Beklagte auch das ihr ungünstige Gutachten des Sachverständigen H. vom 3. 4. 1962 erhalten habe und-schon deshalb damit habe rechnen müssen, die ausgebauten Teile würden für die Schadensersatzfrage von Bedeutung sein. Im übrigen begegnet es Zweifeln, ob die Beklagte aus dem Schreiben vom 9. 8. 1962 entnehmen konnte, der Kläger wolle Schadensersatzansprüche nicht mehr geltend machen. In dem Schreiben wird ausdrücklich beanstandet, dass entgegen einer Zusage des Verkaufsleiters der Unterdruckverstärker nicht ausgetauscht worden sei und dass bei der Notbremsung ein Rad blockiert gewesen sei und dass dies den Unfall herbeigeführt habe. Wenn der Anwalt des Klägers dann erklärte, es solle die Frage nach Schuld oder Nichtschuld nicht aufgerollt werden, jedoch darauf hinwies, dass die im Rahmen von Verkaufsverhandlungen mündlich gemachten Zusicherungen für die Beklagte genauso verbindlich sein sollten und rechtlich auch verbindlich seien wie schriftlich im Vertrag niedergelegte Zusicherungen, so konnte für die Beklagte kaum Zweifel bestehen, dass die Kläger, wenn die Schadensersatzfrage nicht durch Kulanz erledigt werde, auf seine angekündigten Ansprüche zurückkommen wolle. Unter diesen Umständen könnte die Frage, ob die Hauptverwaltung der Beklagte hätte sicherstellen müssen, dass die ausgebauten Teile erhalten blieben, und ob die Beklagte dem Kläger die Benutzung eines wesentlichen Beweismittels fahrlässig vereitelt hat, einer Nachprüfung bedürfen (vgl. BGH Urteil vom 6. 11. 1962 - VI ZR 29/62 - Nr. 15 zu § 282 ZPO = BGH Warn. 1962 Nr. 232). Bessert der Hersteller einer Ware diese auf Beanstandung des Abnehmers durch aus Wechslung des beanstandeten Teiles aus und beseitigt er sodann den ausgewechselten Teil, so kann eine solche Handlungsweise mindestens dann, wenn der Hersteller damit dem Abnehmer das einzig mögliche Beweismittel entwindet und bewirkt, dass der Abnehmer einen im Herstellerbereich entstandenen Fehler nicht nachweisen kann, entsprechend der Beweisregelung für Geschehensabläufe in der Herstellersphäre (BGHZ 51, 91, 104 = Nr. 22 zu § 823 [J] BGB) dazu führen, grundsätzlich dem nachbessernden Hersteller den Nachteil aufzubürden, der dadurch entsteht, dass er den ausgewechselten Teil nicht als Beweismittel zur Verfügung stellt (so auch Liesen, NJW 1969, 582, 585 Fußn. 35).

II. Die bisherigen Ausführungen gelten in gleicher Weise, soweit der Schadensersatzanspruch darauf gestützt wird, das Kraftfahrzeug sei nach der zweiten Probefahrt in der Werkstatt der Beklagte nicht ordnungsgemäß überprüft worden, daher seien Mängel. der Bremsvorrichtung übersehen worden. Auch dieser Anspruch aus Verletzung werkvertraglicher Pflichten setzt voraus, dass der behauptete Fehler bestanden hat.

Das BerGer, befasst sich auch mit der Behauptung des Klägers, der rollenprüfstand sei kein geeignetes Prüfgerät, um Fehler der automatischen Nachstellvorrichtung feststellen zu können. Es lehnt die beantragte Vernehmung eines Sachverständigen mit der Begründung ab, die Beklagte habe nicht mehr zu tun brauchen, als das, was üblicherweise bei der Überprüfung einer Bremsanlage gemacht werde. Der Kläger habe nur diejenige Überprüfung erwarten und verlangen können, die bei derartigen Werkstattkontrollen allgemein üblich Sei. Die Rev. beanstandet, dass das Berufungsgericht die Vernehmung, des Sachverständigen Dr. K. mit unzureichenden Gründen abgelehnt und den Sachverständigen nicht zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens vor das Gericht geladen habe. Dabei ist aber die Frage, ob die Überprüfung der Bremsen in der allgemein üblichen und ausreichenden Art vorgenommen ist, von der anderen Frage zu unterscheiden, ob die Beklagte, wenn sie die Bremseinrichtung mit einer neu konstruierten Vorrichtung versah, die eine gewissenhafte Überprüfung auf den bisherigen Rollenprüfständen nicht mehr zuließ, verpflichtet war, auch neue Prüfeinrichtungen zu schaffen. Die erste Frage das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Rev. ohne Rechtsirrtum bejaht. Danach liegt eine Fahrlässigkeit bei der Prüfung selbst nicht vor. Die zweite hat mit einem Verschulden der Werkstattleitung nichts zu tun, sondern betrifft ein etwaiges Verschulden der Leitung der Beklagte Diese von der Rev. ebenfalls angeschnittene Frage wird im folgenden Abschnitt behandelt.

III. 1. Im Laufe seiner Erwägungen unterstellt das Berufungsgericht die von Anfang an vom Kläger vorgebrachte Behauptung als richtig, bei der Bremsanlage des Unfallfahrzeuges habe es sich um eine Fehlkonstruktion gehandelt, die darin liege, dass die automatische Nachstellverrichtung anfällig gegen Erschütterungen sei, die auf der Straße unvermeidbar seien und dem bei der Prüfung auf dem Rollenprüfstand nur unzulänglich geprüft werden könne, so dass Fehler nicht feststellbar seien. Das Berufungsgericht unterstellt auch, dass schon mehrfach, wie der Klägerbehauptet, Fahrzeuge des fraglichen Wagentyps und dieser Serie infolge falscher Einstellung der automatischen Nachstellvorrichtung in ähnlicher Weise verunglückt seien. Es meint, es könne, selbst wenn einem Werkstattleiter F. gegenüber deswegen wiederholt Beanstandungen erhoben worden seien, nicht festgestellt werden, dass der Beklagte als Unternehmen und Ihren leitenden Angestellten bereits im Zeitpunkt der Reperatur eine allgemeine Fehleranfälligkeit der automatischen Nachstellvorrichtung bekannt gewesen sei und sie gewusst hätten, dass die automatische Nachstellvorrichtung häufig zu einem Zurseiteziehen des Fahrzeuges beim Bremsen führe. Selbst wenn das aber so wäre, erschiene eine Fahrlässigkeit der Beklagte angesichts des Gut achtens des Sachverständigen B. und seiner ausführlichen Untersuchungen nicht erweisbar. Schließlich sei nicht festzustellen, dass eine solche etwaige Fehlkonstruktion Ursache des Unfalls des Klägers gewesen sei, weil sich nicht erweisen lasse, dass der Unfall auf ein ungleichmäßiges Anziehen der Bremsen zurückzuführen sei.

2. a) Soweit die Rev. geltend macht, der Sachverständige B. habe in seinem zweiten Gutachten die Prüfung weiterer Fahrzeuge, die Unfälle ähnlicher Art erlitten haben, ausdrücklich für erwünscht gehalten, und aus gleichartigen Unfällen könnten Schlüsse auf das Vorliegen eines Konstruktionsfehlers gezogen werden, so geht dieses Vorbringen allerdings in Anbetracht der Unterstellung des Berufungsgerichts, dass eine Fehlkonstruktion vorliege, ins Leere.

b) Die Rev. wendet sich aber mit Recht gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, es sei nicht erwiesen, d. h. der Kläger habe nicht bewiesen, dass der Beklagte die Fehlerhaftigkeit der Nachstellvorrichtung bekannt gewesen sei.

Liegt, wie das Berufungsgericht unterstellt, ein Konstruktionsfehler vor, der, wie ebenfalls unterstellt wird, den Unfall verursacht haben kann, so handelt es sich um einen Fehler, der im Gefahrenbereich des Herstellers liegt. Für diesen Fall bürdet die Rechtsprechung dem Hersteller, den Beweis der Schuldlosigkeit auf. Dieser Grundsatz findet seine Rechtfertigung darin, dass der Hersteller näher daran ist, den Sachverhalt aufzuklären und die Folgen der Bewusstlosigkeit zu tragen. Er überblickt die Produktionssphäre, bestimmt und organisiert den Herstellungsprozess und die Auslieferungskontrolle der fertigen Erzeugnisse. Oft machen die Größe des Betriebes, seine komplizierte, verschachtelte, auf Arbeitsteilung beruhende Organisation, verwickelte technische Vorgänge und dergleichen es dem Geschädigten praktisch unmöglich, die Ursache des schadenstiftenden Fehlers aufzuklären. Der Geschädigte vermag dem Richter den Sachverhalt nicht in-solcher Weise darzulegen, dass dieser zuverlässig beurteilen kann, ob der Betriebsleitung ein Versäumnis vorzuwerfen ist oder ob es sich um einen Entwicklungsfehler handelt, der nach dem Stand der Technik und Wissenschaft vorhersehbar war (BG.112 51, 91, 105 = Nr. 22 zu § 823 [J] BGB). Die genannte Entscheidung betrifft zwar den Fall, dass der Hersteller, weil zwischen ihm und dem Geschädigten keine unmittelbaren Vertragsbeziehungen bestehen, aus unerlaubter Handlung in Anspruch genommen wird. Der VI. Zivilsenat weist aber zutreffend darauf hin, dass von solcher Beweisregel die Rechtsprechung auch bei vertraglichen oder quasi-vertraglichen Beziehungen zwischen Geschädigtem (Gläubiger) und Schädiger (Schuldner) ausgeht (für kaufvertragliche Beziehungen vgl. auch BGH, Urteil vom 26. 9. 1961 - VI ZR 92/61 - Nr. 10 zu § 282 ZPO -- BGH Warn 1961 Nr. 197). Diese Auff. über die Verteilung der Beweislast wird auch im Schrifttum durchweg geteilt (Diederich,sen, NJW 1969, 269; Deutsch, JZ 1969, 391; Neumann,Duesberg, BB 1967, 1457). Die entwickelten Grundsätze beschränken sich auch nicht auf Schäden infolge bloßer Fabrikationsfehler, sondern umfassen, wie der VI. Zivilsenat mit Recht sagt, auch Konstruktions- und Entwicklungsfehler.

Im vorliegenden Fall kann daher - eine Fehlkonstruktion der automatischen Nachstellvorrichtung unterstellt - die Schadensersatzpflicht des Beklagten nicht schon mit der Begründung abgelehnt werden, es sei nicht nachgewiesen, dass die Beklagte von Beanstandungen und allgemeiner Fehleranfälligkeit erfahren habe. Vielmehr muss, wie die Rev. zutreffend geltend macht, die Beklagte dartun, dass sie die nötigen Anstalten getroffen hat, um von der praktischen Bewährung oder etwaigen Betriebsunfällen unterrichtet zu werden, die mit dem Versagen der Vorrichtung zusammenhängen können. Ist, wie der Kläger behauptet, die automatische Nachstellvorrichtung nach kurzer Zeit wieder geändert worden, so kann es auch nicht Sache des Klägers sein, nachzuweisen, dass es sich nicht lediglich um eine weitere Verbesserung der soeben eingeführten Neuerung, sondern um die Beseitigung von Mängeln gehandelt habe. Im Gegenteil spricht die alsbaldige Abänderung dafür, dass die neue Vorrichtung noch nicht ausgereift war. Ob dabei eine von der Beklagte zu vertretende Fahrlässigkeit ihrer Konstrukteure im Spiel gewesen ist, lässt sich erst beurteilen, wenn die Beklagte, die allein dazu imstande ist, den Entwicklungsgang aufgedeckt hat. In diesem Zusammenhang kann, worauf die Rev. ebenfalls verweist, auch die Ansicht des Sachverständigen B. in seinem zweiten Gutachten von Bedeutung sein, dass zur Klärung des Zusammenhanges des Unfalls mit etwaigen Mängeln an der automatischen Nachstellung die Prüfung weiterer Fahrzeuge, die Unfälle ähnlicher Art erlitten haben, erwünscht sei.

Das Berufungsgericht führt weiter aus, eine Fahrlässigkeit sei, selbst wenn der Beklagte Beanstandungen bekannt geworden wären, angesichts des Gutachtens des Sachverständigen B. und seiner Untersuchungen nicht erweisbar. Das Berufungsgericht meint ersichtlich, wenn der Sachverständige nach dem Unfall die Bremsvorrichtung für fehlerfrei gehalten habe, könne der Beklagte kein Vorwurf gemacht werden, dass sie früher Beanstandungen, von denen sie möglicherweise Kenntnis erhalten habe, nicht nachgegangen sei. Dem kann aber schon deshalb nicht gefolgt werden, der Sachverständige habe eingeräumt, im Zeitpunkt seines ersten Gutachtens die Problematik der automatischen Nachstellvorrichtung noch nicht gekannt und deshalb seine Untersuchungen auf sie nicht ausgerichtet zu haben.

Die Rüge der Rev., das Berufungsgericht habe verkannt, dass die Beklagte habe dafür Sorge tragen müssen, von allen Beanstandungen zu erfahren, wendet sich sinngemäß auch gegen die Auff. des Berufungsgerichts die Beklagte habe Überprüfungen nur in dem Rahmen vorzunehmen brauchen, wie er bei Werkstattkontrollen allgemein üblich sei. Das Berufungsgericht wird bei der erneuten Verhandlung der Sache indessen zu erwägen haben, wieweit ein Hersteller, der eine veränderte Bremsvorrichtung an Kraftfahrzeugen einführt, angesichts der besonderen Bedeutung der Bremsen für die Sicherheit des Kraftfahrzeuges verpflichtet ist, die Prüfgeräte dem neuesten Stand der Entwicklung anzupassen. Träfe die vom Berufungsgericht unterstellte Behauptung des Klägers zu, die automatische Nachstellvorrichtung könne mit dem üblichen Rollenprüfstand nur unzulänglich geprüft werden, so hätte die Beklagte eine erhebliche Gefahr für Kraftfahrer und Dritte im Straßenverkehr gesetzt.

c) Auch die Begründung des Berufungsgerichts, selbst bei Vorliegen einer Fehlkonstruktion sei die Klage abzuweisen, weil der Kläger nicht erweisen könne, dass die Fehlkonstruktion Ursache des Unfalls gewesen sei, ist nicht frei von rechtlichen Bedenken.

Grundsätzlich hat zwar, wenn ein Vertragsteil bei Vertragserfüllung pflichtwidrig gehandelt hat, der andere Teil, der durch die Pflichtwidrigkeit geschädigt sein will, den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Vertragsverletzung und dem Schaden zu beweisen (BGH, Urteil vom 13. 2. 1969 - VII ZR 14/67 - Nr. 18 zu § 282 BGB = BGH Warn 1969 Nr. 66; Urteil des erkennenden Senate vom 18. 6. 1969 - VIII ZR 148/67 - Nr. 32 zu § 433 BGB = BGH Warn 1969 Nr. 187). Im letztgenannten Urteil hat der erkennende Senat indessen ausgeführt, für den dem Geschädigten, obliegenden Beweis könne auch ein Anscheinsbeweis in Betracht kommen. In jenem zur Beurteilung stehenden Fall war der behauptete Fehler geeignet, den Kraftfahrzeugunfall auch bei nicht zu beanstandender Fahrweise des Geschädigten herbeizuführen. Der Senat hat angenommen wenn der Fehler auch bei einwandfreier Fahrweise einen Unfall der damals vorliegenden Art verursachen könne, so stelle der tatsächliche Eintritt des Unfalls sich als typischer Geschehensablauf dar. War im hier zu beurteilenden Fall, wie das Berufungsgericht unterstellt, die automatische Nachstellvorrichtung der Bremsen unfallanfällig und damit eine Fehlkonstruktion, so müsste erwogen werden, ob nicht etwa der Anscheinsbeweis begründet ist, dass ein bei der Bremsung eingetretener Unfall die Folge der fehlerhaften Bremsvorrichtung ist. Die Beklagte müsste dann Tatsachen vortragen, die hinreichen, um ernsthaft die Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs in Betracht zu ziehen und den Anscheinsbeweis zu erschüttern. Als, ein solcher Sachverhalt käme nach Auff. des Berufungsgerichts nur eine fehlerhafte Fahrweise des Klägers in Frage. Dass der Kläger hierfür bisher eine ernsthafte Möglichkeit nicht aufgezeigt hat, ist bereits oben unter B I 2 b ausgeführt worden. Das Berufungsgericht durfte daher von seiner Unterstellung aus die Klage nicht schon mit der Begründung abweisen, der IU. habe den ursächlichen Zusammenhang zwischen pflichtwidriger Erfüllung des Kaufvertrages durch die Kläger und dem eingetretenen Schaden nicht bewiesen.