Buchmanuskript

Leistet ein Dienstverpflichter, der für einfache Schreib- und Hilfsarbeiten bei der Fertigstellung eines Buchmanuskripts eingestellt und bezahlt worden ist, einen wesentlichen schöpferischen Beitrag an der Erstellung des Buchmanuskripts, so steht ihm hierfür die übliche Vergütung zu. Diese Vergütung kann nach Maßgabe des § 8 IH UrhG berechnet werden.

Zum Sachverhalt: Der Beklagte, ein Futtermittelhändler, beabsichtigte, ein für landwirtschaftliche Kreise allgemein verständliches Handbuch über häufig auftretende Krankheiten bei Rindern und Schweinen und deren Behandlung herauszugeben. Die dem Beklagten seit längerer Zeit persönlich bekannte Kläger erklärte sich bereit, in der Zeit vom 1. 7. 1969 bis Oktober 1969 für den Beklagten tätig zu sein, um das druckreife Manuskript fertigzustellen. Der Beklagte hatte ihr einige Stichworte nebst inhaltlicher Gliederung übergeben. Streitig ist, ob bereits ein eigenes Manuskript des Beklagten vorhanden war und welche Notizen er der Kläger zur. Verfügung gestellt hat. Ferner ist streitig, ob und welche Vereinbarung hinsichtlich der Vergütung der Kläger getroffen worden ist. Unstreitig hat die Ende Juni 1969 mit der Arbeit begonnen, sie wohnte auf dem Hof des Beklagten bei freier Unterkunft und Verpflegung und erhielt monatlich brutto 900 DM. Der Beklagte meldete sie für die Zeit von Juli bis Oktober 1969 bei der Krankenkasse und zahlte ihr nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen monatlich etwa 665 DM aus. Im Februar 1970 erschien das Buch im Selbstverlag des Beklagten Als Verfasser ist allein der Beklagte angegeben. Inzwischen ist das Buch in dritter Auflage erschienen. Über die Beteiligung am Reingewinn der Kläger ist es zu keiner Einigung gekommen.

Die Kläger hat die Ansicht vertreten, dass sie Miturheberin i. S. von § 8 UrhG sei. Sie habe diese Rechte nicht auf den Beklagten übertragen. Durch die Veröffentlichung des Buches habe der Beklagte schuldhaft ihre Rechte verletzt. Mit der Klage verlangt sie Auskunft und Rechnungslegung. Das Landgericht hat stattgegeben, das Oberlandesgericht die Berufung zurückgewiesen. Auch die Revision des Beklagten hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Kläger einen Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung zur Vorbereitung ihres gegen den Beklagten bestehenden Anspruchs auf Zahlung von Schadensersatz oder einer angemessenen Beteiligung. Dabei könne offenbleiben, ob der Beklagte Urheber- oder Miturheberrechte der Kläger verletze und daher nach § 97 UrhG der Kläger gegenüber zum Schadensersatz oder aufgrund Vertrags - in entsprechender Anwendung der §§ 632 II BGB, 22 II Verlagsgesetz - zur Zahlung einer angemessenen Vergütung verpflichtet sei; in beiden Fällen benötige die Kläger zur Ermittlung ihrer Ansprüche die geforderte Auskunft und die .Rechnungslegung über den Gewinn. ,

Das Berufungsgericht ist dabei davon ausgegangen, dass der Kläger an dem vom Beklagten herausgebrachten Werk das Urheberrecht, zumindest Miturheberrecht zustehe. Der Beklagte habe selbst zugestanden, dass die Kläger eigenschöpferische Beiträge zu dem Werk geleistet habe. Unabhängig davon könne aufgrund des Parteivortrags und aufgrund der Beweisaufnahme davon ausgegangen werden, dass die Kläger bei der Anfertigung des Manuskripts eine eigenschöpferische, mithin urheberrechtsschutzfähige Leistung erbracht habe. Ihre Werknutzungsrechte habe die Kläger jedenfalls bei Übergabe des Werkes nicht auf den Beklagten übertragen; ob bereits vorher eine Rechtsübertragung stattgefunden habe, erscheine zweifelhaft. Aber selbst wenn der Beklagte die Werknutzungsrechte zur Herausgabe des Buches erhalten hätte, seien die Klageansprüche gleichwohl, begründet, da der Geld, dann gemäß § 632 II BGB, § 221I Ver1G die übliche Vergütung zu entrichten habe. Der Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass die an die IC1. gezahlte Vergütung gleichzeitig eine Abgeltung für die Übertragung sämtlicher Urheberrechte habe sein sollen. Die Klageansprüche sind nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht verjährt. Die hilfsweise erklärte Aufrechnung des Beklagten hat das Berufungsgericht für unzulässig angesehen, soweit es um den Auskunftsanspruch geht. Soweit die Aufrechnung gegenüber den Zahlungsansprüchen erklärt worden ist, hat das Berufungsgericht sie nicht berücksichtigt, weil die Kläger nicht eingewilligt habe; das Berufungsgericht hat die Geltendmachung der auf die Aufrechnung gestützten Einwendung ferner nicht für sachdienlich erachtet, Der gegen diese Beurteilung gerichteten Revision musste im Ergebnis der Erfolg versagt bleiben.

II. Das Berufungsgericht konnte in seiner. Entscheidung, in der es zunächst nur um die im Wege der Stufenklage beanspruchte Auskunftserteilung und Rechnungslegung ging, ohne Rechtsverstoß offenlassen, ob die Kläger Alleinurheberin des strittigen Werks ist oder ob sie - zusammen mit dem Beklagten - als Miturheberin im Sinn des § 8 I UrhG anzusehen ist. Für die beanspruchte Auskunftserteilung und Rechnungslegung über die Verwertung des Werks ist diese Frage ohne entscheidende Bedeutung; der Beklagte ist als Werkverwerter gegenüber der Kläger, sei sie nun Allein- oder Miturheberin, zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung über die Werkverwertung verpflichtet. Erst für den noch in erster Instanz anhängigen Zahlungsanspruch kann es darauf ankommen, in welchem Umfang die Kläger an der Werkschöpfung mitgewirkt hat und in welchem Umfang ihr dementsprechend die Erträgnisse aus der Nutzung des Werks gebühren (§ 8 III UrhG).

III. 1. Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Ansprüche auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung für begründet erachtet. Es hat offengelassen, ob der Beklagte als Verletzer der Miturheberrechte der Kläger nach § 97 UrhG schadensersatzpflichtig oder aufgrund Vertrags (in entsprechender Anwendung, der §§ 632 II BGB, 22 II Ver1G) vergütungspflichtig sei. In beiden Fällen benötige die Kläger zur Ermittlung ihrer Zahlungsansprüche die geforderte Auskunft und die Rechnungslegung über den Gewinn. Dem ist, wenn auch mit anderer Begründung, im Ergebnis beizutreten.

2. Ob die Bestimmung des § 97 UrhG im Verhältnis zwischen Miturheberin überhaupt keine Anwendung finden kann, bedarf im vorliegenden Rechtsstreit keiner abschließenden Prüfung. Hier scheidet eine Heranziehung des § 97 UrhG schon deshalb aus, weil sich die Kläger nicht gegen die Veröffentlichungs des fraglichen Werks oder gegen die Art seiner Veröffentlichung wendet, sondern allein als Miturheberin eine Gewinnbeteiligung und - zur Vorbereitung dieses Anspruchs - Auskunftserteilung und Rechnungslegung verlangt.

3. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis offengelassen, ob die Kläger die ihr aufgrund ihrer schöpferischen Mitwirkung erwachsenen Werknutzungsrechte dem Beklagten übertragen hat. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat der Beklagte jedenfalls aufgrund des Vertragsverhältnisses der Parteien für die schöpferische Mitwirkung der Kläger und für die Abgeltung ihres Miturheberrechts die übliche Vergütung zu zahlen; der Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass die an die Kläger gezahlte Vergütung gleichzeitig eine Abgeltung für sämtliche Urheberrechte habe sein sollen. Dem ist im Ergebnis beizutreten.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Kläger von dem Beklagten angestellt worden, um das druckreife Manuskript für das geplante Werk des Beklagten anhand vorhandener Unterlagen (deren Umfang und Inhalt zwischen den Parteien streitig ist) fertigzustellen. Aufgrund dieses Vertragsverhältnisses, das auf die Fertigstellung des Manuskripts durch die Kläger für eine Veröffentlichung durch den Beklagten gerichtet war, hat das Berufungsgericht die Kläger für verpflichtet angesehen, ein ihr bei der Fertigstellung des Manuskripts erwachsendes Miturheberrecht auf den Beklagten zu übertragen. Dieses Vertragsverhältnis hat das Berufungsgericht als Dienstvertrag i. S. der §§ 611 ff. BGB beurteilt; das ergibt sich im einzelnen aus seinen Ausführungen zu den Fragen, ob die Kläger aufgrund ihres Dienstverhältnisses verpflichtet war, die ihr erwachsenen Miturheberrechte auf den Beklagten als ihren Dienstherrn zu übertragen und ob eine solche Rechtsübertragung durch das vereinbarte Gehalt mit abgegolten sei. Wenn das Berufungsgericht gleichwohl für die Übertragung der Werknutzungsrechte die Vergütungsbestimmungen des Werkvertrags und Verlagsvertrags entsprechend herangezogen hat, so beruht das ersichtlich auf seinen Feststellungen, die Kläger sei als Schreibkraft eingestellt und bezahlt worden, so dass die Kläger mit ihrer über die vereinbarten Schreibarbeiten hinausgehenden eigenschöpferischen Mitarbeit an dem Werk eine zusätzliche - und dementsprechend angemessen zu honorierende - Werkleistung erbracht habe. Damit wird jedoch das Berufungsgericht dem einheitlichen Vertragscharakter nicht hinreichend gerecht. Das Anstellungsverhältnis war von vornherein darauf gerichtet, das druckreife Manuskript für das geplante Werk des Beklagten anhand bereits vorhandener Unterlagen fertigzustellen. Dabei war eine über die Anfertigung der bloßen Reinschrift eines bereits vorhandenen Textes hinausgehende Tätigkeit der Kläger vorausgesetzt. Wenn sich diese im Rahmen des Dienstverhältnisses vorgenommene Arbeitstätigkeit der Kläger im weiteren Verlauf zu einer eigenschöpferischen Mitarbeit an dem strittigen Werk verdichtete, so veränderte sich dadurch das bestehende Dienstverhältnis als solches nicht. Auch die schöpferische Mitarbeit der Klägerstellt sich als Dienstleistung im Rahmen des einheitlichen Vertragsverhältnisses dar. Für eine Aufspaltung des einheitlichen Vertragsverhältnisses in ein auf die Leistung von Schreibarbeiten und sonstigen (einfachen) Hilfsarbeiten gerichtetes Dienstverhältnis und in ein (faktisches) werkvertragsähnliches Verhältnis bezüglich einer schöpferischen Mitarbeit an dem Manuskript besteht kein Anhaltspunkt. Damit ist aber auch kein Raum für eine - auch nur entsprechende - Heranziehung der Vorschrift über die Vergütung beim Werkvertrag. Es verbleibt vielmehr bei den Rechtsbeziehungen aus dem einheitlichen Dienstverhältnis.

4. Das schließt aber nicht aus, dass sich auch in diesem Rahmen die Frage stellt, ob die über den Umfang der vertraglich geschuldeten Dienstleistungspflicht hinausgehende schöpferische Mitarbeit der Kläger an dem Buchmanuskript durch das vereinbarte Entgelt mit abgegolten worden ist. Im Dienstvertragsrecht ist anerkannt, dass die Bestimmung des -§ 612 BGB (mit der Verpflichtung des Dienstherrn zur Zahlung der üblichen Vergütung) auch dann Anwendung findet, wenn über den Rahmen des Dienstvertrags hinaus auf Veranlassung des Arbeitgebers oder mit seiner Billigung faktisch höherwertige Dienste geleistet werden, für die eine Vergütungsregelung fehlt (BAG, Urteil vom 4. 10. 1972 - NJW 1973, 293 [294]). Das ist aber hier der Fall. Die Kläger war für einfache Schreib- und Hilfsarbeiten bei der Fertigung des Buchmanuskripts eingestellt worden; tatsächlich hat sie aber darüberhinausgehend einen wesentlichen schöpferischen Beitrag an der Erstellung des Buchmanuskripts geleistet. Diese schöpferische Mitarbeit an dem Werk und die Übertragung des der Kläger daraus erwachsenden Miturheberrechts auf den Beklagten ist nicht mit der Zahlung des vereinbarten Gehalts (einschließlich Kost und Logis) abgegolten worden. Die gegen diese tatrichterliche Würdigung erhobenen Rügen der Revision greifen nicht durch. Das hat das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß verneint; die Revision kann insoweit die tatrichterliche Würdigung nicht durch ihre eigene abweichende Würdigung ersetzen; ein Anhaltspunkt dafür, dass das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung die Höhe der vereinbarten Vergütung nicht in Betracht gezogen hätte, ist nicht erkennbar.

5. Der Kläger steht danach aufgrund ihres Dienstvertrags für ihre schöpferische Mitwirkung an dem Manuskript die übliche Vergütung zu (§ 612 BGB). Mangels abweichender Vereinbarung kann die Kläger gegenüber dem Beklagten, der - wie unterstellt - mit der Klage zusammen das Werk geschaffen hat, diese Vergütung nach Maßgabe des § 8 III UrhG berechnen, also die Erträgnisse aus der Werknutzung entsprechend dem Umfang ihrer eigenschöpferischen Mitwirkung an dem Werk beanspruchen. Die Kläger kann sich als Miturheberin aber auch unmittelbar auf die Regelung des § 8 III UrhG stützen; ihr Dienstvertrag schließt das, wie ausgeführt, nicht aus. Es ist daher unerheblich, ob Ansprüche aus dem Dienstverhältnis bereits verjährt sind, wie die Revision meint; der Beteiligungsanspruch aus § 8 III UrhG unterliegt der noch nicht abgelaufenen regelmäßigen Verjährung des § 195 BGB.

6. Zur Vorbereitung und Durchsetzung ihres Anspruchs auf Beteiligung an den Erträgnissen der Werknutzung kann die Kläger Auskunftserteilung über den Umfang der Verbreitung und Verwertung des strittigen Werks sowie Rechnungslegung über den aus der Werkvertretung erzielten Gewinn verlangen. Demgegenüber kann sich der Beklagte nicht auf seine Aufrechnung stützen. Die Aufrechnung ist gegenüber dem Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung kein zulässiger Einwand; die Aufrechnung mit einer Gegenforderung setzt zunächst die Klärung der Klageforderung voraus (vgl. § 322 II ZPO; siehe dazu Baumbach-Lauterbach, 35. Aufl., Anm. 3 zu § 322 ZPO).