Bundesbeamten

Zur Frage der Auslegung einer Klausel, nach der Veränderungen des Grundgehalts der Beamtenbezüge zur Anpassung des Erbbauzinses führen sollen.

Zum Sachverhalt: Die Kläger hat an ihr gehörenden Grundbesitz durch notariellen Vertrag von 1964/1966 der Beklagte ein Erbbaurecht bestellt. Im Zusammenhang mit der Regelung des Erbbauzinses enthält der Vertrag folgende, von der Landeszentralbank genehmigte Bestimmung:

Die Vertragsteile sind sich einig, dass der monatlich bar zu zahlende Erbbauzins von... gleichkommt...... des monatlichen Grundgehalts eines Bundesbeamten in der Besoldungsgruppe A 12... Dienstaltersstufe 5 ohne Orts- und Kinderzuschlag, Stellen- und Ausgleichszulagen.

Erhöhen oder ermäßigen sich die Bezüge des genannten Bundesbeamten, so tritt jeweils eine entsprechende Erhöhung oder Ermäßigung des Erbbauzinses, und zwar mit Wirkung vom Tage der Erhöhung oder Ermäßigung des erwähnten Beamtengehaltes ein.

Soweit das. Grundgehalt in der Folgezeit erhöht worden ist - von Februar 1964 bis Januar 1974 um 60,82% -, hat die Beklagte ihre Zahlungen entsprechend erhöht. Unter Berufung auf die Anpassungsklausel begehrt die Kläger eine weitere Erhöhung des Erbbauzinses für die Jahre 1971 bis 1973. Sie vertritt im Gegensatz zur Beklagten den Standpunkt, bei der Anpassung des Erbbauzinses müssten auch die seit dem Jahr 1971 als Teil des Ortszuschlages des Beamtengehalts eingeführten so genannten Sockelbeträge berücksichtigt werden. Dasselbe gelte für die seit dem 1. 12. 1964 den Beamten gewährte jährliche Sonderzuwendung, soweit diese in den Jahren 1971 und 1972 je 662/3% des Grundgehalts und im Jahr 1973 100% des Grundgehalts betragen habe. Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Kläger hat keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Nach Ansicht des BerGer. haben die Parteien in der zwischen ihnen getroffenen Anpassungsregelung ausschließlich das Grundgehalt eines Bundesbeamten der näher bezeichneten Besoldungsgruppe als Bezugsgröße vereinbart; insoweit sei diese eindeutige Vertragsbestimmung einer Auslegung nicht zugänglich. Ebenso wenig könnten die Bezüge, aus denen die Kläger ihr Erhöhungsbegehren her- leite, als Veränderungen des Grundgehalts angesehen werden. Auch das weitere Vorbringen der Kläger, mit der Zuordnung der Sockelbeträge zum Ortszuschlag statt zum Grundgehalt seien die Gewichte zwischen den Elementen, aus denen sich die Beamtenbezüge zusammensetzen, in einer nicht vorhersehbar gewesenen Weise verschoben worden, könne ihr Begehren nicht rechtfertigen. Es folge aus der Natur der Sache, dass jede Partei, die eine ihr gebührende Leistung an eine variable Bezugsgröße kopple, damit ein von ihr zu tragendes Risiko eingehe; dieses Risiko könne ihr nicht im Wege der Vertragsauslegung abgenommen werden, wenn sich ihre Erwartungen hinsichtlich der Entwicklung der Bezugsgröße später nicht erfüllten. In Wirklichkeit verlange die Kläger eine. Anpassung des Vertrages an eine nicht vorhergesehene Entwicklung, was nur unter Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu erreichen wäre. Hierfür sei indessen kein Raum, da bei einer unstreitig erfolgten Anhebung des Erbbauzinses in der Zeit von 1964 bis 1974 um 60,82% nicht von einem unerträglichen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gesprochen werden könne.

Entgegen der Meinung der Revision verstößt dieses Ergebnis nicht gegen die Regeln der §§ 133, 157 und 242 BGB. Die im Streit stehenden Vertragsbestimmungen sind Individualvereinbarungen; ihre Auslegung durch das Berufungsgericht kann daher nur dahin nachgeprüft werden, ob sie möglich ist und nicht gegen gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Ein solcher Mangel liegt nach den folgenden Ausführungen nicht vor. Im Übrigen steht auch § 9 II 1 ErbbauVO nach der ständigen Rechtsprechung des Senats einer eine nur schuldrechtliche Verpflichtungen begründenden Anpassungsvereinbarung, wie sie hier vorliegt, nicht entgegen.

Dem Wortlaut der Wertsicherungsklausel nach werden Erhöhungen des Ortszuschlags von ihr nicht erfasst, also auch nicht die hier zur Erörterung stehenden linearen Erhöhungsbeträge, die durch das 1. Ges. zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern vom 18. 3. 1971, durch das 1. BundesbesoldungserhöhungsG vom 17. 10. 1972 und durch das 2. BundesbesoldungserhöhungsG vom 5. 11. 1973 jeweils im Rahmen des Ortszuschlags eingeführt worden sind. Ebenso wenig erfasst der Wortlaut der Wertsicherungsklausel die auf dem Ges. über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung vom 15. 7. 1965 beruhenden Bezüge, die in § 1 des Ges. ausdrücklich als Zuwendungen besonderer Art bezeichnet werden und sich aus einem Grundbetrag sowie einem Sonderbetrag für Kinder zusammensetzen. Dass sich der Grundbetrag dieser Sonderzuwendung zum Teil aus dem Grundgehalt errechnet, ändert daran nichts. Von einer nach wie vor gegebenen Unterscheidung zwischen Grundgehalt, Ortszuschlag und jährlicher Sonderzuwendung geht auch die Neufassung des Bundesbesoldungsgesetzes aus, wenn dort in § 1 II und III Grundgehalt, Ortszuschlag und jährliche Sonderzuwendungen in der Aufzählung der zur Besoldung gehörenden Bezüge aufgeführt werden. Bei dieser rechtlichen Situation läßt sich zugunsten der Revision hier auch nichts aus der Rechtsprechung herleiten, die im Fall einer Anknüpfung von Wertsicherungsklauseln an die Bezüge oder selbst an die monatlichen Bezüge eines Beamten auch die jährliche Sonderzuwendung berücksichtigt wissen will.

Es stellt sich allerdings die von der Revision angeschnittene weitere Frage, ob der Klage auf Grund ergänzender Vertragsauslegung stattzugeben sein könnte. Ergänzende Vertragsauslegung könnte in Betracht kommen, wenn die Parteien bei der von ihnen gewählten Anknüpfung an das Grundgehalt nur solche Änderungen der Beamtenbesoldung im Auge gehabt hätten, wie sie bis dahin üblich waren, nicht dagegen auch Änderungen, durch welche neue Elemente - wie die in den Ortszuschlag eingearbeiteten linearen Erhöhungen und die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung - in das Besoldungsgefüge eingeführt wurden.

Die Revision beruft sich in diesem Zusammenhang auf das Urteil des VIII. Zivilsenats des BGH vom 2. 6. 1976 - VIII ZR 25/75 = WM 1976, 814. Dort wird zu einer im Jahr 1959 bei Abschluss eines Mietvertrages vereinbarten, ebenfalls an das Grundgehalt anknüpfenden Wertsicherungsklausel ausgeführt, die Frage, welche Bedeutung der Sockelbetrag für die Mietanpassung haben solle, habe sich nachträglich als regelungsbedürftig erwiesen; es liege daher eine im Wege ergänzender Vertragsauslegung auszufüllende Lücke vor. Zwischen dem jenem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt und dem vorliegenden besteht jedoch schon insoweit ein wesentlicher Unterschied, als dort nach ausdrücklicher Vereinbarung als zu berücksichtigende Änderung des Grundgehalts auch Teuerungszulagen sowie sonstige, auf die Erhöhung des Grundgehalts gerichtete Maßnahmen gelten sollten. Hinzu kommt, dass, soweit es sich um die jährliche Sonderzuwendung handelt, diese Zuwendung bereits vor der im März 1966 erfolgten Änderung und Ergänzung des Erbbaurechtsvertrages vom Februar 1964 eingeführt worden ist; eine entsprechende Berücksichtigung, hätte sie dem Willen der Parteien entsprochen, wäre also der Zeitfolge nach möglich gewesen.

Entscheidend ist, dass es im vorliegenden Fall an der oben dargelegten Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung fehlt:

Die Feststellungen des Berufungsgerichts über den dem Parteiwillen entsprechenden Inhalt der Wertsicherungsklausel ergeben in ihrem Zusammenhang, dass die Parteien auf das Grundgehalt im technischen Sinn des Besoldungsrechts als eine klare Bezugsgröße abstellen und bewusst die Berücksichtigung aller anderen, wie auch immer gearteten Entwicklungen ausschließen wollten, die die Beamtenbezüge außerhalb der Entwicklung des Grundgehalts nehmen mochten. Auf der Grundlage dieser Feststellungen bleibt für die Annahme einer Vertragslücke kein Raum. Ob eine andere Beurteilung dann angezeigt wäre, wenn das Grundgehalt allein schlechthin nicht mehr geeignet wäre, die Funktion einer angemessenen Wertsicherung des Erbbauzinses zu erfüllen, bedarf hier keiner Prüfung. Denn bei einer auf der Berechnungsgrundtage nur der Erhöhung des Grundgehalts unstreitig erfolgten Anhebung des Erbbauzinses in der Zeit von 1964 bis 1974 um 60,82% kann jedenfalls bis zu dem hier interessierenden Zeitraum 1971/73 von einer, solchen Ungeeignetheit keine Rede sein.

Aus den zuletzt angestellten Erwägungen fehlt es, wie das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum dargelegt hat, auch an den Voraussetzungen, die für eine, Anpassung des Vertrages im Sinn des Klagbegehrens nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage erforderlich wären.