Chemische Industrie

Chemische Industrie - Bereich der industriellen Produktion, der durch Anwendung von Naturgesetzen anorganische und organische Rohstoffe in hochwertige Produkte stofflich umwandelt; trägt für die Chemisierung der Volkswirtschaft, die in entscheidendem Maße die Steigerung der Arbeitsproduktivität bestimmt, eine bes. hohe Verantwortung. In der Chemische Industrie werden die chemischen (stoffwandelnden) Arbeitsweisen mit physikalischen (z. B. formändernden) Produktionsvorgängen und natürlichen Prozessen (z. B. Alterung) im Rahmen des Produktionsverlaufs zur Gewinnung chemischer Erzeugnisse kombiniert. Es werden analytische (abbauende) Verfahren angewendet, um komplizierte Verbindungen in einfachere oder in Elemente zu zerlegen, und synthetische (aufbauende) Verfahren, um Elemente und einfachere Verbindungen in kompliziert aufgebaute Substanzen zu überführen. Dabei bedient sich die Chemische Industrie einer Reihe technischer und wissenschaftlicher Disziplinen wie Verfahrenstechnik, physikalische Chemie, Biochemie, Physik usw. Die Chemische Industrie weist gegenüber den vorwiegend mechanisch orientierten Fertigungen einige Besonderheiten auf: a) Kontinuität chemischer Prozesse. Sie bietet günstige Möglichkeiten für den Einsatz einer großen Anzahl Mess-, Steuer- und Regelungseinrichtungen, durch die die Stoff und Energiezufuhr wie auch die Einhaltung der Reaktionsbedingungen kontrolliert werden können. Die Produktionsarbeiter haben oft nur Oberwachungsaufgaben. b) Hohe Grundmittelintensität. Es werden komplizierte Einzweckanlagen mit hohem Mechanisierungs- und Automatisierungsgrad sowie Sonderstähle und andere hochwertige Werkstoffe eingesetzt, da sehr viel mit aggressiven Medien gearbeitet wird und hohe Drücke und Temperaturen auftreten. Es ergibt sich ein hoher Verschleiß. c) Komplexe Ausnutzung der Arbeitsgegenstände. Sie führt zu Kreislaufprozessen und zur Kombination verschiedener Produktionsprozesse in den Chemiebetrieben. d) Relativ kurze Produktionszyklen. Bei den chemischen Prozessen entstehen zum überwiegenden Teil kurze Reaktionszeiten sowie kurze Zwischenlagerungszeiten zwischen den einzelnen Teilprozessen der Fertigung. - Der Bereich Chemische Industrie umfasst entsprechend der Betriebssystematik die Industriezweige Kali- und Steinsalzindustrie, Erdöl-, Erdgas- und Kohlewertstoffindustrie, Anorganische und organische Grundchemie, Pharmazeutische Industrie, Plastindustrie, Gummi- und Asbestindustrie, Chemiefaserindustrie und Industrie chemischer und chemisch-technischer Spezialerzeugnisse. - Im Jahre 1976 bestanden in der 556 Chemiebetriebe, in denen 335488 Arbeiter und Angestellte beschäftigt waren. Erzeugt wurden im gleichen Jahr in der Chemische Industrie 14,4% der gesamten industriellen Bruttoproduktion. Der Fünfjahrplan 1976-1980 stellt der Chemische Industrie neue Aufgaben, um die Rohstoffbasis der Volkswirtschaft zu stärken, die Bevölkerung stabil mit industriellen Konsumgütern zu versorgen und die Exporte zu erhöhen. Schwerpunkte dabei sind: a) Rationalisierung und Neuentwicklung von Verfahren und Anlagen zur besseren stoffwirtschaftlichen Nutzung des Erdöls und Erdgases, der Herstellung von Plasten und Elasten, Chemiefaserstoffen sowie von fotochemischen und magnetischen Aufzeichnungsmaterialien; b) Rationalisierung und Entwicklung neuer Verfahren zur mikrobiologischen Produktion von Eiweißfuttermitteln, Antibiotika und Enzymen; c) Erarbeitung chemischer und verfahrenstechnischer Grundlagen zur verstärkten und komplexen Nutzung einheimischer Rohstoffe; d) Rationalisierung organisch-chemischer Verfahren und Anlagen; e) Rationalisierung und Entwicklung neuer Verfahren für die Herstellung hochwertiger Arzneimittel für das Gesundheitswesen sowie von Veterinärpharmaka und Wirkstoffen für die industriemäßige Tierproduktion; f) Rationalisierung der Projektierungs- und Apparatebau-Kapazitäten des Chemieanlagenbaus. - In zunehmendem Maße werden in der Chemische Industrie Prozesse der Petrolchemie entwickelt und angewendet. Dank den aus der Sowjetunion durch die Erdölleitung Freundschaft bzw. Erdgasleitung Nordlicht in der kommenden Erdöl- bzw. Erdgasmengen können ökonomisch vorteilhaft volkswirtschaftlich wichtige Grundchemikalien für organisch-chemische Synthesen hergestellt werden. Damit werden Voraussetzungen für die Herstellung wichtiger Erzeugnisse wie Plaste, synthetische Fasern, Elaste, pharmazeutische Produkte, Lacke, Farben, Waschmittel usw. geschaffen.