Darlehensnehmerin

Das Berufsgericht begründet die Klagabweisung wie folgt: Die Klageforderung sei nicht aus Darlehensvertrag begründet. Denn nach dem Formularvertrag sei nur Frau M. Darlehensnehmerin, wofür auch spreche, dass nur sie, und nicht der Beklagten die Ratenwechsel akzeptiert haben. Durch die Beweisaufnahme sei allerdings die Behauptung des Beklagten, er habe das Formular nur als Zeuge unterschrieben, widerlegt worden: Der Beklagten habe vielmehr mit Verpflichtungswillen unterschrieben. Jedoch ergebe sich aus der Urkunde nicht mit hinreichender Klarheit, dass er der Frau M. als Gesamtschuldner für die von ihr übernommenen Verpflichtungen habe beitreten wollen. Mangels eines eigenen sachlichen Interesses des Beklagten an der Leistung der Kläger sei deshalb seine Verpflichtungserklärung als Bürgschaftsübernahme auszulegen, die nach § 766 BGB der Schriftform bedürfe. Diese sei hier nicht gewahrt, weil ein Verbürgungswille des Beklagten aus der Urkunde selbst nicht zu erkennen sei. Der Senat vermag dem nicht zu folgen.

Jede Auslegung hat vom objektiven Erklärungswert der Willenserklärung auszugehen. Setzt jemand seine Unterschrift unter einen vorgedruckten Text, in dem Willenserklärungen formuliert sind, so spricht das äußere Erscheinungsbild dafür, dass der Unterschreibende die über seinem Namenszug stehenden Willenserklärungen als eigene abgibt. Das gilt allerdings nur insoweit; als nicht in dem Text Erklärungen formuliert sind, die ausdrücklich oder sinnvollerweise nicht als Erklärungen des Unterschreibenden in Betracht kommen. Das trifft hier für die Erklärungen in dem Darlehens-Antrag zu, die ausdrücklich dem unterzeichnenden Verkäufer oder dem unterzeichnenden Antragsteller in den Mund gelegt werden. Denn der Beklagten war weder das eine noch das andere. Anders verhält es sich dagegen mit dem Schlusssatz des Formulars: Wir haften für die Erfüllung dieses Vertrages als Gesamtschuldner. Dieser Satz kann seinem Inhalt nach von beliebig vielen Personen als eigene Erklärung abgegeben werden. Dass dieser Satz sich nicht auf den Verkäufer und den Antragsteller beschränken muss, folgt schon daraus, dass deren gesamtschuldnerische Haftung bereits vorher im Text festgelegt ist. Die Meinung des Berufsgericht, der fragliche Satz beziehe sich außer auf den Verkäufer und auf den Antragsteller nur auf den mit unterzeichnenden Ehegatten oder gesetzlichen Vertreter, weil nur für diese Personen eine punktierte Linie für die Unterschrift vorgesehen sei, ist rechtsirrtümlich. Wenn ein vorgedruckter Text seinem Inhalt nach von beliebig vielen Personen rechtsverbindlich unterschrieben werden kann, so ist die darin enthaltene Willenserklärung grundsätzlich von allen abgegeben, die ihren Namen darunter setzen. Dass in dem Formular nur drei punktierte Linien aufgedruckt sind, bedeutet lediglich, dass in der Regel nur bis zu drei Unterschriften erwartet werden. Es schließt aber nicht aus, dass auch ein Vierter sich durch Mitunterzeichnung die Erklärung, gesamtschuldnerisch zu haften, zu eigen machen kann.

Die entgegengesetzte Meinung des Berufsgericht rechtfertigt sich auch nicht aus der Erwägung, dass der Klammerzusatz, der unter der für den Ehegatten oder gesetzlichen Vertreter bestimmten Unterschriftszeile steht, überflüssig wäre, wenn jeder Unterschreibende ohnehin als Gesamtschuldner haften würde. Der Klammerzusatz ist schon deshalb nicht überflüssig, weil er eine eigene gesamtschuldnerische Haftung des gesetzlichen Vertreters begründet. Stünde der Zusatz nicht dort, so würde ein gesetzlicher Vertreter den Darlehensantrag lediglich im Namen des Vertretenen und mit Wirkung für diesen unterzeichnen, ohne eine eigene Haftung zu übernehmen.

Nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde hat demnach der Beklagten mit seiner Unterschrift die schriftliche Erklärung abgegeben: Ich hafte für die Erfüllung dieses Vertrages neben den Eheleuten M. als Gesamtschuldner.

Diese Erklärung kann nicht, wie das Berufsgericht will, entgegen ihrem Wortlaut in eine Bürgschaftserklärung umgedeutet werden. Die Parteien waren sich als juristische Laien über den Unterschied zwischen einem Schuldbeitritt und einer Bürgschaft nicht im klaren. Der Beklagten wollte schlicht die Haftung für die Rückzahlung des Darlehens übernehmen. Wenn die Kläger durch die Ausgestaltung ihres Formulars den Beklagten seinen Verpflichtungswillen juristisch als Schuldbeitritt hat formulieren lassen, so ist das von dem auslegenden Gericht grundsätzlich zu respektieren. Denn es steht den Parteien frei, ob sie in einem solchen Fall die Rechtsfigur des Schuldbeitritts oder der Bürgschaft wählen. Hier haben sie nach dem Wortlaut der Erklärung einen Schuldbeitritt gewählt. Eine solche klare Erklärung könnte gemäß § 133 BGB in eine Bürgschaftserklärung nur umgedeutet werden, wenn das erforderlich wäre, um dem wirklichen Willen der Parteien, die sich im Ausdruck vergriffen hätten, gerecht zu werden. Davon kann hier nicht die Rede sein. Eine Bürgschaft hätte zwar dem Sicherungsbedürfnis der Kläger genügt. Der Schuldbeitritt stellt aber den Beklagten nicht in unzumutbarer Weise schlechter. Wenn auch die Haftung des Gesamtschuldners nicht in gleicher Weise von der Hauptschuld abhängig ist wie die Haftung des Bürgen, so wirken doch die Erfüllung und die meisten Erfüllungssurrogate auch für den gesamtschuldnerisch haftenden Mitschuldner. Unter diesen Umständen kann von einem Auseinanderklaffen zwischen Erklärungswillen und Erklärungsinhalt; das allein eine Umdeutung der an sich klaren Formularerklärung des Beklagten erforderlich machen würde, nicht die Rede sein.

Eine solche Umdeutung wird entgegen der Ansicht des Berufsgerichts auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass der Beklagten - wie das Berufsgericht aufgrund der Beweisaufnahme feststellt - kein eigenes sachliches Interesse an der Darlehensgewährung durch die Kläger hatte. Dass das für sich allein eine Auslegung gegen den Wortlaut einer schriftlichen Erklärung nicht rechtfertigen kann, hat der Senat bereits in VIII ZR 250/61 vom 28. 3. 1962 für einen umgekehrten Fall entschieden, in dem eine schriftliche Bürgschaftserklärung vorlag, die der Bürge als Schuldbeitritt ausgelegt wissen wollte. Das Fehlen des eigenen sachlichen Interesses bei dem die Haftung Übernehmenden ist lediglich eines von mehreren Auslegungskriterien, das in zweifelhaften Fällen den Ausschlag für die Annahme einer Bürgschaft geben kann. Die Rechtsprechung hat auf diesen Grundsatz insbesondere zurückgegriffen, um in Fällen einer nur mündlichen Haftungserklärung den formfreien Schuldbeitritt von der formbedürftigen Bürgschaft abzugrenzen und so zu verhindern, dass die Formvorschrift des § 766 BGB ausgehöhlt wird. Es ist mit den §§ 133, 157 BGB nicht vereinbar, mit Hilfe dieses Grundsatzes einen an sich klaren schriftlichen Schuldbeitritt in eine Bürgschaft umzudeuten, um dann, wie das Berufsgericht will, die Bürgschaft wegen Formmangels für nichtig zu erklären.