Drittgläubigerforderung

1. Dem Gesellschafter einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, der Inhaber einer Drittgläubigerforderung ist, haften die Mitgesellschafter als Gesamtschuldner.

2. Er darf aber einen Mitgesellschafter nur auf den seinen Verlustanteil übersteigenden Überschuss seiner Forderung in Anspruch nehmen.

3. Diese Beschränkung des Anspruchs muss sich im Falle der Abtretung der Forderung auch der Zessionar, der nicht Mitgesellschafter ist, entgegenhalten lassen.

Zum Sachverhalt: Die Beklagte, die Ärzte sind, gründeten im Jahre 1972 zusammen mit anderen Ärzten und dem Kläger unter der Bezeichnung R-Gesellschaft eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. In § 1 des Gesellschaftsvertrags ist vereinbart, Zweck der Gesellschaft sei es, in den Kellerräumen eines bestimmten Hauses ein medizinisches Bad zu betreiben, die Gesellschaft könne sich außerdem an ähnlichen Unternehmungen beteiligen. Das Haus war damals noch nicht fertiggestellt. Die für das Bad vorgesehenen Kellerräume standen im Sondereigentum des Klägers, der zugleich Miteigentümer des Hausgrundstücks war. Mit Schreiben vom 28. 11. 1972 untersagte das staatliche Gewerbeaufsichtsamt dem Kläger, in den Kellerräumen ständige Arbeitsplätze zu errichten. Am 14. 12. 1972 vermietete der Kläger der R-Gesellschaft die Kellerräume zum Betrieb eines medizinischen Bades auf die Dauer von 20 Jahren gegen eine monatliche Miete von 8120 DM zuzüglich Nebenkosten. Die Vertragsteile vereinbarten eine Wertsicherungsklausel. Diese wurde von der zuständigen Landeszentralbank genehmigt. Mitte 1973 nahm die Gesellschaft das Bad in Betrieb. Im August 1973 schlossen die Gesellschaft und der Kläger einen Ergänzungsvertrag über ein Ladenlokal im Erdgeschoß des Hauses. Die Vertragsteile vereinbarten hierfür eine Miete von monatlich 350 DM. Die Gründe für diesen Vertragsschluss und die Umstände seines Zustandkommens sind unter den Parteien streitig. Ab 1. 5. 1975 zahlte die Gesellschaft keine Miete mehr. Mit Rechtsanwaltsschreiben an den Kläger vom 18. 7. 1975 erklärte die Gesellschaft, sie habe sich entschlossen, den Mietvertrag anzufechten, weil der Kläger das Verbot des staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes, in den Kellerräumen ständige Arbeitsplätze zu errichten, arglistig bis zum 15. 7. 1975 verschwiegen habe. Zugleich teilte sie dem Kläger mit, sie werde den Mietvertrag kündigen, wenn nicht bis zum 30. 8. 1975 die vorhandenen Mängel beseitigt würden. In zwei Schreiben vom 30. 8. 1975 kündigte sie den Mietvertrag zum 30. 9. 1975. In dem einen der beiden Schreiben führte sie aus, die bereits ausgesprochene Anfechtung des Vertragsverhältnisses bleibe aufrechterhalten. Am 1. 10. 1975 vermietete der Kläger die Kellerräume an den Bademeister K. der vorher das Bad als Unterpächter betrieben hatte. Mit der Klage hat der Kläger die Miete für Mai bis Dezember 1975 verlangt. Er hat Zahlung an die Erben des H begehrt, dem er die geltend gemachten Forderungen abgetreten hatte.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren haben die Beklagte Widerklage erhoben. Das Berufungsgericht hat den Kläger mit einer Forderung von 3608,08 DM abgewiesen und die Beklagte unter Abweisung des weitergehenden Zinsanspruches des Klägers als Gesamtschuldner verurteilt, an die Erben des H 62593,92 DM und 4% Zinsen seit Fälligkeit der Mietzinsforderungen zu zahlen. Die Widerklage hat es abgewiesen. Die Revision der Beklagte führte zur Aufhebung und Zurückverweisung, die Anschlussrevision des Klägers hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: ... II. Zur Anschlussrevision:

1. Das Berufungsgericht hat die Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, dem Kläger aber statt der mit dem Klageantrag verlangten 66202 DM nur 62593,92 DM zugesprochen. Es hat angenommen, der Mietzins habe für den hier in Betracht kommenden Zeitraum 65202 DM betragen, nämlich für Mai bis August 1975 monatlich 8862 DM und für die Monate September, Oktober und Dezember 1975 monatlich 9918 DM. Von dem Mietzins von 65202 DM hat es 2608,08 DM abgesetzt mit der Begründung, diesen Betrag habe sich der Kläger als auf ihn entfallenden I/25-Verlustanteil der R-Gesellschaft anrechnen zu lassen, weil er Mitglied dieser Gesellschaft sei, die aus 25 Personen bestehe.

2. Ohne Erfolg wendet sich die Anschlussrevision dagegen, dass das Berufungsgericht dem Kläger 3608,08 DM weniger als beantragt zugesprochen hat.

c) Die Überprüfung des Berufungsurteils auf die Anschlussrevision in materiell rechtlicher Hinsicht ergibt, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts, der Kläger habe sich als Mitgesellschafter der R-Gesellschaft seinen Verlustanteil anrechnen zu lassen, nicht zu beanstanden ist. Der Gläubiger, der zugleich Gesellschafter ist (sogenannter Gesellschafter- Gläubiger), kann aus einem vom Gesellschaftsverhältnis verschiedenen Rechtsverhältnis seine Forderung sowohl der Gesellschaft als auch einzelnen Gesellschaftern gegenüber geltend machen. Die einzelnen Gesellschafter haften ihm nach § 427 BGB als Gesamtschuldner. Diese Auffassung hat bereits das RG vertreten (RGZ 85, 157; 153, 305, für die OHG). Das Schrifttum ist überwiegend dieser Ansicht gefolgt (v. Gamm, in: RGRK, 12. Aufl., § 705 Rdnr. 26; Soergel-Schultze=v. Lasaulx, BGB, 10. Aufl., § 705 Rdnr. 65; Erman-Schulze=Wenck, BGB, 7. Aufl., § 705 Rdnr. 28; Ulmer, in: MünchKomm, § 705 Rdnr. 145; Staudinger-Keßler, BGB, 12. Aufl., § 705 Rdnr. 83; a. A. Palandt-Thomas, BGB, 41. Aufl., § 718 Anm. 4b bb; Prediger, BB 1981, 245). Der BGH hat für die KG entschieden, dass der Gesellschafter, der Inhaber einer Drittgläubigerforderung sei, seinen Anspruch grundsätzlich auch gegen einen persönlich haftenden Gesellschafter geltend machen könne (WM 1970, 280). Für die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts gilt nichts anderes.

Der Gesellschafter-Gläubiger, der seine Mitgesellschafter in Anspruch nimmt, muss sich aber seinen eigenen Verlustanteil anrechnen lassen. Auch diese Auffassung hat bereits das RG vertreten (RGZ 85, 157 [163]; 153, 305 [311]). Das Schrifttum ist inzwischen einhellig derselben Ansicht (vgl. die Nachw. bei Prediger, BB 1971, 245, und Walter, JuS 1982, 86). Der BGH ist ihr nicht entgegengetreten (BGH, WM 1970, 280). Sie ist deswegen gerechtfertigt, weil der in Anspruch genommene Gesellschafter unter Umständen wieder Ausgleichung von dem Gesellschafter-Gläubiger verlangen könnte und dieser deshalb dann, wenn er seinen eigenen Verlustanteil nicht berücksichtigt, etwas fordert, was er aufgrund seines Beteiligungsverhältnisses möglicherweise zurückgeben müsste. Der Forderung des Teils, der seinem Verlustanteil entspricht, steht deshalb wegen der Möglichkeit einer Rückforderung die Einrede der Arglist entgegen.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, diese sich aus dem Gesellschaftsverhältnis ergebende Beschränkung müssten sich die Erben des Zessionars H entgegenhalten lassen, ist nicht zu beanstanden. Die Ansicht von Hueck (Das Recht der OHG, 4. Aufl., S. 330), mit der Abtretung der Forderung des Gesellschafter-Gläubigers falle die Beschränkung, die Forderung nur abzüglich des Verlustanteils geltend machen zu können, weg, teilt der erkennende Senat nicht. Der Anspruch ist in der Person des Gesellschafter-Gläubigers bereits mit dem Abschluss des ihn begründenden Vertrages mit der Einschränkung entstanden, dass der Gläubiger ihn gegen die Mitgesellschafter nur unter Berücksichtigung seines Verlustanteiles geltend machen kann. Es ist nicht möglich, die Rechtsstellung des Schuldners durch Abtretung der Forderung zu verschlechtern. Der in Anspruch genommene Mitgesellschafter kann deshalb nach § 404 BGB auch dem Zessionar gegenüber einwenden, zur Begleichung der Forderung nur unter Berücksichtigung des Verlustanteiles des Gesellschafter-Gläubigers verpflichtet zu sein (vgl. RGZ 85, 157 [159]; Fischer, in: Großkomm. z. HGB, 3. Aufl., § 128 Anm. 44).

IV. Das Berufungsgericht wird folgendes zu berücksichtigen haben:

1. Seine Auffassung, die Kenntnis eines vertretungsberechtigten Gesellschafters genüge, um die Anfechtungsfrist in Lauf zu setzen, ist entgegen der Meinung der Revision nicht zu beanstanden (vgl. BGHZ 20, 149 [153] = LM § 346 [E a] HGB Nr. 2 = NJW 1956, 896; BGHZ 41, 282 [287] = LM § 75 AktG Nr. 16 = NJW 1964, 1367).

2. Sollte es auf die Berechtigung der Kündigung noch ankommen, wird das Berufungsgericht folgendes beachten müssen: Seine Auffassung, § 554a BGB sei gegenüber § 542 BGB subsidiär, entspricht nicht der Rechtsprechung des BGH von der abzuweichen kein Anlass besteht (vgl. Senat, LM § 535 BGB Nr. 62 = WM 1978, 271 m. w. Nachw.). § 554a BGB verdrängt jedenfalls bei der Miete von Gewerberaum überdies die Kündigung aus wichtigem Grund, die auch bei schuldlosen Pflichtverletzungen nach § 242 BGB möglich ist, nicht (vgl. Senat, LM § 535 BGB Nr. 62 = WM 1978, 271). Bei der Entscheidung, ob die Kündigung gerechtfertigt ist, muss, wenn nicht schon einzelne Gründe für sich allein die Kündigung rechtfertigen, eine Gesamtabwägung aller Kündigungsgründe vorgenommen werden. Die Gesamtwürdigung ist im einzelnen darzulegen. Die Feststellung alleine, es sei eine solche vorgenommen worden, genügt nicht. Die Meinung des Berufungsgerichts, die Beklagte könnten aus dem Verbot der Errichtung ständiger Arbeitsplätze im Keller keinen Kündigungsgrund herleiten, wenn sie hierdurch im Gebrauch der Mietsache nicht beeinträchtigt worden seien, ist nicht zu beanstanden (vgl. Senat, NJW 1982, 874 = LM § 320 BGB Nr. 20 = WM 1982, 335 [unter 4c]). Es wird jedoch über die von der Revision gegen seine Feststellung über das Fehlen einer Beeinträchtigung erhobenen Angriffe zu entscheiden haben.

3. Sollte der Mietvertrag auch nicht durch Kündigung beendet worden sein, ist für die mit der Klage geltend gemachten Mietzinsansprüche die Annahme des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, die Vorschrift des § 552 S. 3 BGB sei nicht anzuwenden, nach der der Mieter zur Entrichtung des Mietzinses nicht verpflichtet ist, solange der Vermieter infolge der Überlassung des Gebrauchs an einen Dritten außerstande ist, dem Mieter den Gebrauch der Sache zu gewähren. Auch im vorliegenden Fall ist ebenso wie in dem Verfahren VIII ZR 161/80 (Senat, NJW 1982, 376 = LM § 157 [C] BGB Nr. 24 = WM 1981, 1224) kein Anlass dafür gegeben, grundsätzlich zu der in der Rechtsprechung und im Schrifttum umstrittenen Frage Stellung zu nehmen, ob dem Anspruch des Vermieters auf Ersatz des Mietzinsausfalls die Vorschrift des § 552 S. 3 BGB entgegensteht, wenn er die Mietsache anderweitig vermietet. Denn das Berufungsgericht hat rechtsirrtumsfrei festgestellt, dass bis Anfang Januar 1976 zwischen den Parteien des Mietvertrages Verhandlungen u. a. mit dem Ziel geführt wurden, zum Zwecke der Schadensminderung eine Einigung über die Nutzung des Bades durch den Bademeister K herbeizuführen, Rechtlich bedenkenfrei hat das Berufungsgericht angenommen, die Beklagte verstießen im Hinblick auf die Vergleichsverhandlungen gegen Treu und Glauben, wenn sie sich auf § 552 S. 3 BGB beriefen. Das Berufungsgericht muss aber beachten, dass der Vermieter, der die Mietsache anderweitig vermietet, sich nach § 552 S. 2 BGB den Vorteil und damit den Mietzins anrechnen lassen muss, den er aus der anderweitigen Vermietung erzielt. Dass der Bademeister K nicht verpflichtet gewesen sei, Miete zu zahlen, und auch tatsächlich keinen Mietzins entrichtet habe, wie der Kläger vorgetragen hat, hat das Berufungsgericht - jedenfalls bisher - nicht festgestellt. Die Frage, ob die Vorschrift des § 552 S. 3 BGB auch für Mietzinsansprüche des Klägers ab Februar 1976 Bedeutung hat, braucht nicht entschieden zu werden, weil mit der Klage Miete nur bis Dezember 1975 geltend gemacht wird und die Widerklage nach ihrer Begründung entgegen dem Wortlaut des Widerklageantrages eine Zwischenfeststellungswiderklage nach § 25611 ZPO ist, mit der nicht die Feststellung des Nichtbestehens von Mietzinsansprüchen, sondern die Feststellung begehrt wird, dass der Mietvertrag infolge der Anfechtung oder der Kündigung unwirksam ist.

Der Meinung der Revision, die Beklagte hafteten dem Kläger jedenfalls nur entsprechend dem Verlustanteil, der auf sie im Falle der Auseinandersetzung der Gesellschaft entfallen würde (pro rata), kann nicht zugestimmt werden. Wie zu II 2c dargelegt ist, sind die Beklagte, wenn die Mietzinsforderungen des Klägers berechtigt sind, diesem als Gesamtschuldner verpflichtet. Nach § 421 BGB bedeutet das, dass der Kläger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zum Teil fordern kann. Die von der Revision für ihre Auffassung angeführte Entscheidung BGHZ 37, 299 = LM § 128 HGB Nr. 11 = NJW 1962, 1863 ist nicht einschlägig, weil sie einen Ausgleichsanspruch nach § 110 HGB, also keine sogenannte Drittgläubigerforderung, zum Gegenstand hat.