Ehegatten

Ein anlässlich der Eheschließung vereinbarter Unterhaltsverzicht für den Fall der Scheidung ist grundsätzlich auch nicht insoweit unwirksam, als er den Unterhaltsanspruch aus § 1570 BGB betrifft. Zur Wirksamkeit eines Unterhaltsverzichts.

Zur Wirksamkeit einer Vereinbarung, durch den einen Ehegatten das andere anläßlich der Scheidung von Unterhaltsansprüchen gemeinschaftliche Kind freistellt, wenn sie mit einem übereinstimmenden Vorschlag zur Übertragung der elterlichen Sorge auf den Freistellenden verbunden wird. Ehegatten können die Scheidung ihrer Ehe nicht ausschließen.

Hingegen kann ein Ehegatte auf sein Scheidungsrecht verzichten - mit der Folge, dass es erlischt, soweit es erwachsen ist, aber neu entsteht, wenn einer der im Gesetz vorgesehenen Scheidungstatbestände auf Grund einer neuen Tatsachenlage erfüllt wird.

Zur Wirksamkeit einer Vereinbarung, in der sich ein Ehegatte für den Fall, dass er einen Scheidungsantrag einreichen sollte, zur Zahlung einer Abfindungssumme an den Ehepartner verpflichtet.

Der Senat hält daran fest, dass Verlobte oder Eheleute für den Fall der Scheidung ihrer Ehe auch auf einen Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB wirksam verzichten können.

Die Berufung auf einen Unterhaltsverzicht kann treuwidrig sein, solange der Unterhaltsberechtigte durch die Betreuung eines gemeinsamen Kindes an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist und ohne Leistung von Unterhalt auf Sozialhilfe angewiesen wäre.

Zum Sachverhalt: Die kl. Stadt nimmt den Beklagten aus übergeleitetem Recht auf Erstattung von Leistungen in Anspruch, die sie als Sozialhilfeträgerin seiner geschiedenen Ehefrau gewährt hat. Der Beklagte beruft sich darauf, Unterhaltsansprüche bestünden nicht, weil ein wirksamer Unterhaltsverzicht vorliege. Vor Eingehung der Ehe am 6. 12. 1985 schloss der Beklagte am 22. 11. 1985 mit seiner späteren Ehefrau einen notariell beurkundeten Ehevertrag ab, in dem sie Gütertrennung vereinbarten und für den Fall einer Ehescheidung den Versorgungsausgleich ausschlossen und gegenseitig auf Unterhalt verzichteten. Kurz nach der Heirat wurde am 28. 12. 1985 das gemeinsame Kind D geboren. Die Ehefrau des Beklagten, deren erste im Jahre 1980 geschlossene Ehe im Juli 1985 geschieden worden war, war seinerzeit 23 Jahre alt und ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Nach ihrer Trennung Anfang Dezember 1987 trafen die Eheleute am 18. 12. 1987 eine privatschriftliche Vereinbarung, wonach unter anderem die elterliche Sorge für das Kind der Ehefrau zustehen sollte und der gegenseitige Verzicht auf Unterhaltsansprüche, auch für den Fall der Not, wiederholt wurde. Die Ehe wurde am 29. 3. 1988 geschieden. Die Ehefrau des Beklagten erhielt seit 18. 12. 1987 fortlaufend Sozialhilfe. Die Kläger leitete durch Anzeige vom 11. 1. 1988 deren Unterhaltsansprüche gegen den Beklagten auf sich über. Mit der Klage machte sie diese in Höhe von monatlich 750 DM für die Zeit ab 1. 2. 1989 geltend.

Das AG - FamG - hat die Klage abgewiesen, weil ein wirksamer Unterhaltsverzicht vorliege. Auf die Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht ihr für den Zeitraum vom 1. 2. bis 31. 12. 1989, auf den sie ihre Berufung beschränkt hat, den Betrag von 8250 DM zugesprochen. Die - zugelassene - Revision des Beklagten hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Das Oberlandesgericht hat rechtsbedenkenfrei und von der Revision unbeanstandet angenommen, dass die geschiedene Ehefrau des Beklagten in dem strittigen Zeitraum vom 1. 2. bis 31. 12. 1989 einen Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB in Höhe von mindestens monatlich 750 DM hatte, sofern sie darauf nicht wirksam verzichtet hat.

Sowohl den Unterhaltsverzicht vom 22. 11. 1985 als auch denjenigen vom 18. 12. 1987 hat das Oberlandesgericht als sittenwidrig beurteilt und hierzu im Wesentlichen ausgeführt.

Durch einen schon vor Eingehung der Ehe geschlossenen Ehevertrag könne zwar grundsätzlich auf Unterhaltsansprüche für den Fall der Scheidung verzichtet werden, auch wenn der Anspruch darauf beruhe, dass wegen der Pflege und Erziehung gemeinschaftlicher Kinder eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden könne. Die Verzichtsabrede im Ehevertrag vom 22. 11. 1985 sei jedoch nach dessen aus seinem Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter sittenwidrig und damit nichtig. Seinerzeit habe die Geburt des gemeinschaftlichen Kindes kurz bevorgestanden. Keiner der Verlobten habe über nennenswertes Vermögen oder überdurchschnittliche Einkünfte verfügt; sie hätten negative wirtschaftliche Auswirkungen eines Scheiterns der beabsichtigten Ehe letztlich zu Lasten entweder des Trägers der Sozialhilfe oder des erwarteten Kindes regeln wollen. Die Möglichkeit einer künftigen Scheidung habe nicht ganz fern gelegen, weil die im Alter von 18 Jahren geschlossene erste Ehe der künftigen Ehefrau bereits nach fünf Jahren gescheitert sei, nachdem diese den Beklagten kennen gelernt habe und von ihm schwanger geworden sei. Eine Erwerbstätigkeit sei für sie lediglich in eingeschränktem Umfang in Betracht gekommen, nämlich mangels jeder beruflichen Qualifikation oder verwertbarer Berufserfahrungen nur in Form von einfachen Frauenarbeiten. Den Vertragschließenden müsse daher klar gewesen oder könne allenfalls infolge grober Fahrlässigkeit verborgen geblieben sein, dass die Ehefrau im Falle der Scheidung aufgrund des Unterhaltsverzichts darauf angewiesen sein werde, entweder Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen oder unter dem Kindeswohl zuwiderlaufender Einschränkung der Kindesbetreuung einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Das eine sei ebenso wenig wie das andere mit den guten Sitten vereinbar, da entweder der Unterhalt der Ehefrau auf die Allgemeinheit abgewälzt oder das Wohl des gemeinschaftlichen Kindes unangemessen beeinträchtigt wurde. Dies alles gelte in noch verstärktem Maße für die privatschriftliche Vereinbarung vom 18. 12. 1987; zu diesem Zeitpunkt habe festgestanden, dass die Ehefrau ihren Lebensunterhalt nicht ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfe oder ohne eigene Erwerbstätigkeit zum Nachteil des gemeinsamen Kindes werde bestreiten können.