Eingriffsintensität

Die Gemeinde hat darum zunächst alternative Planungsmöglichkeiten auf ihre Eignung zur Erreichung des gesetzten Ziels als auch auf ihre jeweilige Eingriffsintensität zu prüfen. Daher sind nicht nur die von der Gemeinde eingesetzten Planungsmittel zu kontrollieren, vielmehr sind auch weitere in Betracht kommende Mittel einer hypothetischen Prüfung zu unterziehen, denn nur so kann festgestellt werden, ob eines unter ihnen die Betroffenen weniger beeinträchtigt. Dies setzt eine hinreichende Präzisierung des Zwecks voraus. Denn nur eine möglichst genaue Beschreibung des Zwecks erlaubt einen Überblick darüber, welche Mittel in Betracht kommen und welches Mittel das mildeste ist. In Betracht kommen allerdings nur Alternativen, die aus der Sicht der planenden Gemeinde als real mögliche Lösungen ernsthaft zu erwägen sind und die sich nach Lage der konkreten Verhältnisse ernsthaft anbieten, sich aufdrängen oder zumindest nahe liegen. Insoweit ist die Pflicht zur Alternativenprüfung eingeschränkt. Eine weitere Einschränkung bei der Prüfung von Alternativen ergibt sich daraus, dass dem Plangeber bei der Prüfung der Eingriffsintensität ein Prognosespielraum zusteht. Schließlich muss die Alternative - soll eine Verletzung von § 1 Abs. 3 gegeben sein - sich als offensichtlich besser darstellen als die gewählte Lösung. Das BVerfG hat in seiner Entscheidung zur Mineralölbevorratung vom 16.3. 1971 folgendes festgestellt: Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Gesetzgeber bei wirtschaftsordnenden Maßnahmen, die den Freiheitsspielraum für die wirtschaftlich tätigen Individuen einengen, hinsichtlich der Auswahl und technischen Gestaltung dieser Maßnahmen ein weiter Bereich des Ermessens zusteht; nicht jeder einzelne Vorzug einer anderen Lösung gegenüber der vom Gesetzgeber gewählten muss schon zu deren Verfassungswidrigkeit führen. Die sachliche Gleichwertigkeit zur Zweckerreichung muss vielmehr bei dem als Alternative vorgeschlagenen geringeren Eingriff in jeder Hinsicht eindeutig feststehen. Vergleichbares gilt für die Bauleitplanung. Der Maßstab der Erforderlichkeit ist schließlich auch im Verhältnis 241 des betreffenden Bauleitplans zu nachgelagerten Planungen und Entscheidungen von Bedeutung und zwar

- im Verhältnis des Flächennutzungsplans zum Bebauungsplan,

- im Verhältnis des Bebauungsplans zu nach gelagerten Genehmigungen.

Berührt wird damit der Grundsatz der planerischen Zurückhaltung, der insoweit Ausfluss des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist. Ein Übermaß an bauleitplanerischen Darstellungen oder Festsetzungen kann im Ergebnis zu Überregelungen und damit zu vermeidbaren Doppelprüfungen im Gesamtzusammenhang der Entscheidungen auf den verschiedenen Ebenen führen. Die Erforderlichkeit fehlt insbesondere, wenn das Planungsziel auch durch Einzelentscheidungen in Form von Bestimmungen bzw. Nebenbestimmungen in der Baugenehmigung zu verwirklichen wäre. So sind Festsetzungen im Bebauungsplan nicht erforderlich, wenn der Zweck auch durch Entscheidungen aufgrund von Vorschriften, die nach § 29 Satz 4 unberührt bleiben, erreicht werden kann, z.B. im bau-, immissionsschutz- oder atomrechtlichen Genehmigungsverfahren oder in anderen Verwaltungshandlungen auf der Ebene des Planvollzuges. Dies wäre der Fall, wenn z.B. ein Bebauungsplan den möglichen Inhalt einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vorwegnehmen würde. Es bedarf allerdings der Prüfung im Einzelfall, ob und gegebenenfalls in welchem Umfange das Verfahren auf der Vollzugsebene und die hierfür maßgebenden Vorschriften zur Feinsteuerung geeignet sind. Bestimmung des mildesten Mittels - Sind neben der in Aussicht genommenen Bauleitplanung auch andere Mittel bzw. Alternativen möglich und zur Zweckerreichung geeignet, ist bei Annahme gleicher Wirksamkeit das mildeste Mittel zu bestimmen. Es darf grundsätzlich nur dasjenige Mittel gewählt werden, das die geringstmöglichen Folgen für Betroffene hervorruft. Dies folgt aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dies setzt einen Vergleich der jeweiligen Belastungen voraus. Geht man allein von der sprachlichen Fassung aus, so führt dieses Gebot zu einem hohen Überprüfungsgrad mit hoher Rationalität und der Idee nach im Ergebnis zu einer einzigen zulässigen und damit richtigen Lösung. Das Gebot hätte insoweit den Charakter einer scharfen Entscheidungsregel. Dieser Anspruch kann jedoch bei der Bauleitplanung - wie auch bei der Normsetzung - nicht ohne Einschränkungen durchgehalten werden. Eine Einschränkung ist notwendig, soweit der Bauleitplan sich an eine Vielzahl von Betroffenen wendet, die unterschiedlich belastet werden können. In diesem Falle könnten Entlastungen der einen Gruppe zu Belastungen der anderen führen. Daneben sind übergeordnete Zwecke zu beachten. Insoweit liegt eine ähnliche Situation wie bei gesetzgeberischen Entscheidungen vor. Hier besteht im Hinblick auf den Regelungskonflikt eine gewisse Entscheidungsfreiheit des Normgebers. Das BVerfG nimmt eine Verletzung der Auswahlfreiheit erst dann an, wenn auch der Gleichheitssatz verletzt ist. Für den Bebauungsplan gilt hiernach, dass er sich umso mehr der Prüfung anhand des Übermaßverbots nach § 1 Abs. 3 entzieht, je allgemeiner seine Festsetzungen gehalten sind, je größer der Adressatenkreis ist und je vielfältiger die Betroffenheiten für den einzelnen sich auswirken.