Einkaufszentren

Die Zulässigkeit von Einkaufszentren oder großflächigen Einzelhandelsbetrieben im nichtbeplanten Innenbereich richtet sich zunächst danach, ob sich die Umgebung des Einkaufszentrums/großflächigen Einzelhandelsbetrieb in den Gebietskatalog der §§2 ff. BauNVO einordnen lässt. Ist dies der Fall, findet gemäß §34 Abs. 2 die Regelung des §11 Abs. 3 BauNVO Anwendung. Dem steht nicht entgegen, dass teilweise die Kriterien des §11 Abs. 3 BauNVO, nämlich die Auswirkungen auf die Infrastruktur und die Einkaufsmöglichkeiten der Bevölkerung, für das Einfügen des Vorhabens in die nähere Umgebung nicht von Bedeutung sind. Denn die Verweisung des § 34 Abs. 2 erfasst die gesamte Regelung der §§2- 15 BauNVO, mithin auch §11 Abs. 3 BauNVO. Die Anwendung des §11 Abs. 3 BauNVO hat zur Folge, dass ein Einkaufszentrum oder ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb nur in einem faktischen Kerngebiet und natürlich auch in einem ausschließlich mit Einkaufszentren und großflächigen Einzelhandelsbetrieben bebauten faktischen Sondergebiet nach §11 Abs.3 BauNVO errichtet werden kann und zwar unabhängig davon, ob es sich i. S. des § 34 Abs. 1 in die nähere Umgebung einfügt; § 34 Abs. 2 schließt bezüglich der Art der baulichen Nutzung eine Prüfung nach Abs. 1 aus. Auch in diesem Fall kann freilich die Genehmigung eines Einkaufszentrums/großflächigen Einzelhandelsbetriebs abgelehnt werden, wenn die Erschließung nicht gesichert ist, weil etwa die Zufahrtsstraße das zusätzliche Verkehrsaufkommen nicht verkraftet. In anderen Baugebieten ist dagegen ein Einkaufszentrum/großflächiger Einzelhandelsbetrieb grundsätzlich unzulässig, weil §11 Abs. 3 BauNVO eine abschließende Regelung für die Zulässigkeit von Einkaufszentren und großflächigen Einzelhandelsbetrieben enthält. Es kommt dabei auch nicht darauf an, ob städtebauliche Spannungen ausgelöst oder verstärkt werden. Nur in seltenen Ausnahmefällen kann ein Einkaufsrentrum/großflächiger Einzelhandelsbetrieb im Wege einer Befreiung nach §34 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 31 Abs. 2 zugelassen werden, wenn etwa in der Umgebung ein noch nicht ausreichend mit Einkaufsmöglichkeiten versorgtes Wohngebiet vorhanden ist und diese Versorgungslücke durch das Einkaufszentrum geschlossen würde. Ist die Einordnung der näheren Umgebung in den Gebietskatalog der §§2ff. BauNVO nicht möglich, kann auf §11 Abs. 3 BauNVO nicht abgestellt werden. Es kommt darauf an, ob in der Umgebung bereits ein Einkaufszentrum oder ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb vorhanden ist. Ist dies der Fall, wird sich ein weiteres Einkaufszentrum/großflächiger Einzelhandelsbetrieb i.d.R. in die Umgebung einfügen; erst recht ist die Erweiterung eines vorhandenen Einkaufszentrums zulässig. Die für §11 Abs. 3 BauNVO wichtige Frage, ob das Einkaufszentrum/großflächiger Einzelhandelsbetrieb negative Auswirkungen auf die Infrastruktur des Ortes und die Versorgung der Bevölkerung hat, spielt für §34 Abs. l keine Rolle. Denn §34 Abs. 1 stellt nur auf die Vereinbarung mit der in der näheren Umgebung vorhandenen Bebauung ab; Fernwirkungen der in §11 Abs. 3 BauNVO angeführten Art müssen deshalb außer Betracht bleiben. Ein weiteres Einkaufszentrum/großflächiger Einzelhandelsbetrieb kann freilich trotz vorhandener Einkaufszentren oder großflächiger Einzelhandelsbetriebe nach § 34 Abs. 1 unzulässig sein, wenn der Zufahrtsverkehr zu einer Immissionsbelastung der Anwohner der Zufahrtsstraße oder zu einer Erschwerung der Zugänglichkeit der anliegenden Grundstücke führt oder aber die Erschließung nicht gesichert ist, weil die Zufahrtsstraßen durch den zu erwartenden zusätzlichen Verkehr überlastet werden. Ist in der näheren Umgebung noch kein Einkaufszentrum großflächiger Einzelhandelsbetrieb vorhanden, ist zwar nicht zwangsläufig ausgeschlossen, dass ein solches Vorhaben sich einfügt, da auch bisher noch nicht vorhandene Anlagen sich einfügen können, wenn sie keine städtebauliche Spannungen hervorrufen. In den meisten Fällen wird aber schon das erhöhte Verkehrsaufkommen zu einer Begründung oder Erhöhung städtebaulicher Spannungen führen; dies gilt jedenfalls dann, wenn in der Umgebung des Einkaufszentrums auch Wohngebäude vorhanden sind. Für die Zulässigkeit eines Einzelhandelszentrums oder eines großflächigen Einzelhandelsbetriebs ist nicht von Bedeutung, ob dadurch ein benachbartes Einzelhandelsgeschäft beeinträchtigt wird, da § 34 Abs. 1 nicht dem Konkurrenzschutz dient. Sonstige Einzelhandelsgeschäfte, die nicht von §11 Abs. 3 BauNVO erfasst werden, sind in Gebieten mit zumindest teilweiser gewerblicher Nutzung i.d.R. unbedenklich. In Wohngebieten und am Rande von Wohngebieten können dagegen größere Einzelhandelsgeschäfte wegen der Störung der Wohnruhe durch den Kunden- und Lieferantenverkehr unzulässig sein. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Verkaufsfläche von Einzelhandelsgeschäften in Folge der Ausweitung des Sortiments sowie der Einführung der Selbstbedienung in den letzten Jahren deutlich vergrößert worden ist; das OVG Lüneburg hat deshalb einen SB-Markt mit 700m2 Verkaufsfläche am Rande eines Wohngebiets für zulässig erachtet, zumal das Gebiet durch eine stark befahrene Straße belastet war. Demgegenüber hat das OVG Lüneburg einen Einkaufsmarkt mit 900m2 Verkaufsfläche in vergleichbarer Lage für unzulässig gehalten. Besondere Probleme entstehen, wenn auf verschiedenen Grundstücken mehrere selbständige Einzelhandelsbetriebe nebeneinander angelegt werden sollen, die zwar jeder für sich kein Einkaufszentrum oder großflächigen Einzelhandelsbetrieb darstellen, aber zusammen dieselbe städtebauliche Wirkung haben und damit als faktisches Einkaufszentrum angesehen werden müssen. Dasselbe Problem entsteht, wenn zusätzlich zu bereits vorhandenen Einzelhandelsgeschäften ein kleinerer SB-Markt angesiedelt wird. In diesen Fällen kann nicht jeder Betrieb für sich allein auf seine Vereinbarkeit mit §34 überprüft werden, vielmehr muss auch berücksichtigt werden, dass eine derartige Ansammlung von Einzelhandelsgeschäften sich für den Verbraucher als eine Art Einkaufszentrum darstellt und damit zusätzliche Kundschaft anziehen wird. Es müssen daher insoweit die für Einkaufszentren geltenden Grundsätze zur Anwendung kommen.