Einzugsermächtigungsverfahren

Widerspricht der Schuldner im Einzugsermächtigungsverfahren der Belastung seines Girokontos und muss deshalb die Gläubigerbank der Schuldnerbank den Lastschriftbetrag wiedervergüten, er- leidet die Gläubigerbank nur dann einen Schaden, wenn der Gläubiger vor Erhebung des Widerspruchs über den gutgeschriebenen Lastschriftbetrag anders als durch Verrechnung mit dem Schuldsaldo auf dem Girokonto verfügt hat und diesen Betrag nicht zurückzahlen kann.

Zum Sachverhalt: Der Kläger gewährte dem Kaufmann K etwa zehn Jahre lang laufend Kredit durch Hingabe von Wechseln und Schecks zur Finanzierung von dessen Tabakwarengroßhandel. K gab dafür dem Kläger vordatierte Schecks, die dieser am angegebenen Ausstellungstag einziehen ließ. Ab Mai 1975 ließ K - ebenfalls unter Hingabe vordatierter Schecks - die benötigten Gelder durch Lastschriften vom Konto des Klägers bei der D- Bank einziehen. Die Lastschriften trugen den Vermerk: Einzugsermächtigung des Zahlungspflichtigen liegt dem Zahlungsempfänger vor und wurden von K der beklagten Volksbank zum Einzug eingereicht. Der Kläger, der bestreitet, K eine Einzugsermächtigung erteilt zu haben, duldete die Kontobelastungen bis Anfang Oktober 1975, die in immer kürzeren Abständen erfolgten und schließlich die Summe von fast 4 Mio. DM erreichten. Weil K einige Schecks nicht einlöste, widersprach der Kläger gegenüber seiner Bank den Kontobelastungen wegen 31 Lastschriften aus den letzten drei Wochen im Gesamtbetrag von 1138000 DM. Die Beklagte die die Lastschriftenbeträge dem debitorisch geführten Konto des K jeweils gutgeschrieben hatte, musste diesen Betrag der D-Bank zurückgewähren, die ihn dem Konto des Klägers wieder gutschrieb. Die Forderung der Beklagte aus dem Giroverhältnis mit K, der in Konkurs gefallen ist, ist uneinbringlich. Die Beklagte, die den Kläger ihr gegenüber für schadensersatzpflichtig hält, ließ aufgrund eines Arrestes dessen Guthaben bei der D-Bank in Höhe von 1138000 DM pfänden. Danach überwies der Kläger diesen Betrag an die Beklagte. Der Kläger verlangt mit der Klage die Rückzahlung eines Teilbetrages von 100000 DM durch Gutschrift auf seinem bei der Beklagte eingerichteten Girokonto.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr in Höhe von 55200 DM stattgegeben und die weitergehende Klage mit der Begründung abgewiesen, über sie sei bereits in einem anderen Verfahren rechtskräftig entschieden worden (vgl. WM 1978, 941). Die Revision der Beklagte hatte Erfolg.

Aus den Gründen: I. Das Berufungsgericht hält den Anspruch des Klägers - soweit es der Klage stattgegeben hat - aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung für begründet.

Ein vertraglicher Anspruch der Beklagte auf die vom Kläger zurückgezahlte Summe von 1138000 DM komme nicht in Betracht. Für einen Anspruch gemäß § 826 BGB fehlten die Voraussetzungen. Dem Kläger könne nicht vor- geworfen werden, sich sittenwidrig verhalten zu haben. Das Lastschriftverfahren habe ihm die Möglichkeit risikoloser Kreditgewährung geboten, die er deshalb auch habe nutzen dürfen. Durch den Widerspruch sei das Kreditrisiko nicht auf die Beld verlagert und diese sei auch nicht geschädigt worden. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.

II. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers und dem unstreitigen Sachverhalt kommt ein Schadensersatzanspruch der Beklagte gemäß § 826 BGB in Betracht.

1. Der Widerspruch des Klägers war der Beklagte gegenüber sittenwidrig. Nach der tatbestandlichen Feststellung des Berufungsgerichts hat der Kläger dem Kaufmann K ab Mitte Mai 1975 Kredit gewährt, indem er den Lastschrifteinzug im Ermächtigungsverfahren duldete. Unstreitig erhielt der Kläger von K vordatierte Schecks in Höhe des jeweiligen Lastschriftbetrages. Der Kläger hat dazu vorgetragen, als die erste Lastschriftabbuchung vorgenommen sei, habe er sich darüber aufklären lassen, dass er der Belastung innerhalb von sechs Wochen widersprechen könne. Er habe sich selbst durch Literaturstudium mit dem Lastschriftabkommen befasst und es sich von seiner Tochter, einer Bankbeamtin, erläutern lassen. Danach habe er keine Bedenken mehr gehabt, den Lastschriftabbuchungen vorerst nicht zu widersprechen, da er durch dieses Zuwarten keinen Schaden habe erleiden können. Dem Kläger war ferner bekannt, dass die Beklagte als erste Inkassostelle zurückgegebene Lastschriften auch dann honorieren muss, wenn eine Erstattung durch ihren Kunden nicht mehr möglich ist. Daraus folgt, dass der Kläger das Lastschrift- verfahren und den Widerspruch zweckwidrig zu risikoloser Darlehensgewährung auf Koten der Beklagte missbraucht hat.

a) Dass - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - ein Missbrauch des Widerspruchs im Verhältnis des Schuldners zur Gläubigerbank grundsätzlich möglich ist, hat der Senat in dem zum Abdruck in BGHZ bestimmten Urteil vom 28. 5. 1979 (NJW 1979, 1652 = WM 1979, 689) dargelegt.

b) Unzutreffend ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, durch den Widerspruch werde das Darlehensrückzahlungsrisiko nicht auf die erste Inkassostelle verlagert. In der Regel trägt der Darlehensgeber das Risiko, ob der Darlehensnehmer das Darlehen zurückzahlen kann. Kann er dies nicht, trägt der Darlehensgeber den Schaden. Anders ist es hier. Infolge des Widerspruchs hat der Kläger (Darlehensgeber) die abgebuchten Darlehensbeträge auf seinem Girokonto wieder gutgeschrieben erhalten; er hat die Darlehen also zurückbezahlt bekommen, obwohl der Darlehensnehmer K zahlungsunfähig war. Dies war nur deshalb möglich, weil die Beklagte nach dem Lastschriftverfahren verpflichtet war, den Lastschriftbetrag dem Kreditinstitut des Klägers wieder zu vergüten, auch wenn K ihr den Betrag nicht zurückzahlen konnte. Es kann sonach keinem Zweifel unterliegen, dass der Kläger durch den Widerspruch das ihn mit der Darlehenshingabe treffende Risiko auf die Beklagte abgewälzt hat. Das ist, wie der Senat in dem erwähnten Urteil ausgeführt hat, mit dem Sinn und Zweck des Lastschriftverfahrens nicht zu vereinbaren. Dieses ist zur erleichterten Abwicklung des massenhaften Zahlungsverkehrs geschaffen worden. Zu diesem Zwecke sind die Kreditinstitute genötigt und bereit, mit dem Verfahren zwangsläufig verbundene Risiken auf sich zu nehmen. Es ist aber nicht Sinn des Lastschriftverfahrens, eine risikolose Darlehensgewährung des Lastschriftschuldners an den Lastschriftgläubiger zu ermöglichen. Dies aber wäre der Fall, wenn der Darlehensgeber (Lastschriftschuldner) durch Widerspruch die Darlehensgewährung jederzeit rückgängig machen könnte, sofern er sieht, dass der Rückzahlungsanspruch gefährdet ist. Auf diese Weise könnten mit Rücksicht auf die Sechswochenfrist von Abschnitt III Nr. 2 des Lastschriftabkommens Darlehen ohne jedes Risiko gewährt werden. Der Darlehensgeber müsste lediglich darauf achten, dass er den Belastungen vor Ablauf von sechs Wochen widerspricht, wenn das Darlehen nicht inzwischen zurückbezahlt worden ist. Die erste Inkassostelle würde - ohne dass sie es wüsste - die Funktion eines Bürgen für ihren Kunden, den Darlehensnehmer, übernehmen. Dass dies nicht gewollt ist, ist offensichtlich. Deshalb missbraucht ein Darlehensgeber den Widerspruch in sittenwidriger Weise, wenn dieser dazu führt, dass sich das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Darlehensnehmers anstatt beim Darlehensgeber bei der ersten Inkassostelle verwirklicht. Dies aber hat der Klägervon Anfang an einkalkuliert. Die Möglichkeit der Risikoverlagerung war nach seinem eigenen Vorbringen ausschlaggebend dafür, dass er die Lastschriftabbuchungen geduldet, d. h. K die Darlehen in dieser Form gewährt hat. Demgegenüber kann der Kläger sich nicht darauf berufen, er habe K keine Einzugsermächtigung erteilt und habe deswegen einen anerkennenswerten Grund zum Widerspruch gehabt. Da der Kläger den Lastschrifteinzug monatelang geduldet und für jede Lastschrift einen vordatierten Scheck entgegengenommen hat, hat er die Einzugsermächtigung durch schlüssiges Verhalten gegeben.

2. Der Kläger kannte somit alle Tatumstände und nahm die Schädigung der Beklagte zumindest in Kauf. Der Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB hängt daher nur noch davon ab, ob die Beklagte durch den Widerspruch des Klägers Schaden erlitten hat. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob das vom Kläger und K geübte Verfahren rechtlich der Wechsel- und Scheckreiterei gleichzusetzen ist. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand kann nicht festgestellt werden, ob die Beklagte geschädigt worden ist. Der Widerspruch des Klägers löste gemäß Abschnitt III Nr. 1 des Lastschriftabkommens die Verpflichtung der Beklagte aus, die Lastschriften von der D-Bank zurückzunehmen und dieser den Betrag von 1138000 DM wiederzuvergüten. Gleichzeitig erlangte die Beklagte einen Anspruch gegen ihren Kunden K auf Rückbelastung der bei Einreichung der Lastschriften auf dessen Konto gutgeschriebenen Beträge. Dass diese Forderung infolge des Konkurses von K uneinbringlich ist, führt allein noch keinen Schaden herbei. Die Gläubigerbank hat durch die bloße Gutschrift des Lastschriftbetrages auf dem Konto des Gläubigers noch nichts aus ihrem Vermögen weggegeben. Da die Gutschrift unter dem Vorbehalt des Widerspruchs des Schuldners steht, kann sie die Gläubigerbank bei Eintritt dieser Bedingung ohne weiteres rückgängig machen. Die Wiedervergütung an die Schuldnerbank wäre in diesem Falle nur das Gegenstück zur vorläufigen Gutschrift des Lastschriftbetrages durch die Schuldnerbank zugunsten der Gläubigerbank. Diese würde nur einen Betrag zurückzahlen, der ihr noch nicht endgültig zustand. Anders ist es, wenn der Gläubiger über den gutgeschriebenen Betrag vor Einlegung des Widerspruchs verfügt und alsdann zur Rückzahlung nicht mehr in der Lage ist. In diesem Falle hat die Gläubigerbank den Betrag, über den der Gläubiger verfliegt hat, effektiv aus ihrem Vermögen weggegeben. Wenn sie nun aufgrund des Widerspruchs einerseits den Lastschriftbetrag der Schuldnerbank zurückzahlen muss und andererseits beim Gläubiger mit ihrer Rückzahlungsforderung ausfällt, erleidet sie in dieser Höhe einen Schaden, der durch den Widerspruch des Schuldners verursacht worden ist. Ein solcher Sachverhalt, wo der Gläubiger über den gutgeschriebenen Betrag verfügt hatte, lag der Entscheidung des Senats vom 28. 5. 1979 (NJW 1979, 1652 = WM 1979, 689) zugrunde, so dass dort ohne weiteres der Schaden der Gläubigerbank zu bejahen war. Ob im vorliegenden Fall K über die vom Widerspruch erfassten Lastschriftbeträge bereits verfügt hatte, als der Kläger den Belastungen widersprach, hat das Berufungsgericht nicht zweifelsfrei festgestellt. Einerseits führt es aus, es sei üblich, Lastschriften bei Einreichung unter Vorbehalt des Eingangs gutzuschreiben und dem Ein- reicher die Verfügung über den Betrag zu gestatten. Das habe auch die Beklagte in dem vorliegenden Fall getan und auf diese Weise K in den Genuss des Kredits gebracht. Danach könnte angenommen werden, K habe über die gutgeschriebenen Beträge anders als durch Verrechnung mit dem Debet bei der Beklagte verfügt. Danach hätten die gutgeschriebenen Beträge lediglich zur Verringerung der Schuld des K bei der Beklagte gedient. In diesem Falle wäre nach den vorstehenden Ausführungen der Beklagte kein Schaden entstanden. Die Möglichkeit, dass die Beklagte K nicht mehr hat verfügen lassen, ist deshalb nicht von der Hand zu weisen, da sie selbst vorgetragen hat, sie sei nicht verpflichtet, es deswegen bei der Rückbelastung des Kontos des K bewenden zu lassen, weil die Lastschriften nur zur Reduzierung des Kreditsaldos des K bei der Beklagte geführt hätten.

Diesen Darlegungen lässt sich allerdings nicht zweifelsfrei entnehmen, ob die Beklagte damit behaupten wollte, K habe über die gutgeschriebenen Beträge nicht verfügt, oder ob sie nur ihre - unzutreffende - Rechtsansicht dargelegt hat, auch wenn K nicht verfügt habe, sei ihr durch den Widerspruch des Klägers Schaden entstanden. Der von der Beklagte geltend gemachte Schadensersatzanspruch kann also nicht als unschlüssig zurückgewiesen werden. Der Rechtsstreit bedarf vielmehr weiterer Aufklärung. Zu diesem Zwecke muss das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

III. Einem eventuellen Schadensersatzanspruch der Beklagte könnte der Kläger keinen eigenen Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung entgegensetzen ... In Betracht käme allenfalls ein Mitverschulden der Beklagte Es ist nicht auszuschließen, dass bei Vorliegen gewisser Umstände die Zulassung eines Kunden durch die Gläubigerbank zum Einzugsermächtigungsverfahren bzw. dessen Fortsetzung gegen das Eigeninteresse der Bank verstoßen kann. Dies wird das Berufungsgericht gegebenenfalls nach weiterem Vortrag der Parteien zu prüfen haben.