Erfindung

Beim Kauf einer noch ungeschützten Erfindung, die erst zum Patent angemeldet ist, ist für eine Berücksichtigung des Wegfalls oder einer wesentlichen Veränderung der Geschäftsgrundlage infolge Zurückweisung der Schutzrechtsanmeldung oder infolge nachträglichen Fortfalls des Schutzrechts in der Regel kein Raum; mangels anderweitiger Abreden liegt das Risiko einer Enttäuschung der Erwartungen hinsichtlich der Erteilung und des Bestandes des nachgesuchten Schutzrechts grundsätzlich beim Käufer.

Anmerkung: Das Urteil behandelt eine Kaufpreisklage und eine Widerklage auf Rückzahlung einer bereits bezahlten Kaufpreisrate. Die Kläger hatte der Beklagte mehrere Patent- und Gebrauchsmusteranmeldungen und Auslandspatente der Substanz nach gegen einen Kaufpreis von 1O0000.- DM, zahlbar in vier Jahrresraten zu 25 000.- DM - also mit Kaufpreisstundung - veräußert. Die Beklagte hatte die Anfechtung des Kaufvertrages wegen Irrtums und arglistiger Täuschung erklärt. Das Berufsgericht hatte die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben, weil die übertragenen Schutzrechte offensichtlich nicht schutzfähig seien und die Erteilung der nachgesuchten Patente nicht zu erwarten sei und die Beklagte nicht die ihr eingeräumte Vorzugsstellung im Wettbewerb genieße und auch niemals innegehabt habe. Es hatte den Vertrag als ex tunt unwirksam behandelt.

Der BGH hat diesen Fall zum Anlass genommen, beiläufige Äußerungen in einem Urteil vom 17. 3. 1961 klarzustellen, die Grundsätze der Haftung des Verkäufers von Schutzrechtsanmeldungen zu präzisieren und sich zu den Voraussetzungen der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung zu äußern.

In seinem Urteil Gewinderollkopf hatte der BGH über Ansprüche aus einem Lizenzvertrag zu entscheiden. Er beschränkte sich in den Entscheidungsgründen nicht auf Ausführungen zum Lizenzvertragsrecht, sondern bezog auch Ausführungen über den Kaufvertrag und die Veräußerung ungeschützter Konstruktionen in seine Gründe ein. So führte er darin beispielsweise aus, dass bei nachträglicher Vernichtung des Schutzrechts keine rückwirkende Unwirksamkeit, sondern allenfalls eine Auflösung des Kauf- oder Lizenzvertrages für die Zukunft in Betracht komme und dass bei einer Veräußerung einer ungeschützten Konstruktion ein nachträglicher Wegfall der Geschäftsgrundlage gegeben sein könne, wenn der ins Auge gefasste Patentschutz endgültig scheitere. Der BGH hat jetzt die Gleichsetzung der Rechtsfolgen bei einem Kaufvertrag und bei einem Lizenzvertrag über eine noch ungeschützte, erst zum Patent angemeldete Erfindung beim Ausbleiben des erwarteten Patentschutzes ausdrücklich aufgegeben. Er hat das damit begründet, dass beim Lizenzvertrag ein auf Dauer angelegtes Dauerschuldverhältnis vorliege, bei dem im Zweifel der Geschäftswille der Vertragspartner auf den gemeinsamen Vorstellungen vom Fortbestehen derjenigen Umstände aufbaue, die den Lizenznehmer in die Lage versetzen, den wirtschaftlichen Vorteil wahrzunehmen, den ihm die Lizenz in Form einer Vorzugsstellung gegenüber Mitbewerbern während der Vertragsdauer verschaffe. Der Kaufvertrag werde demgegenüber als Austauschverhältnis in der Regel mit dem Erbringen der beiderseitigen Leistungen abgewickelt und erfüllt. Der Käufer rücke mit dem Erwerb der Rechte endgültig in die mit dem Risiko der Schutzrechtsversagung oder -vernichtung behaftete Rechtsposition des Veräußerers ein, ohne dass das weitere Schicksal der erworbenen Rechte mangels anderweiter Abreden noch irgendwelche Rückwirkungen auf den einmal abgeschlossenen Kaufvertrag ausübe.

Für die Frage, ob der Verkäufer einer noch ungeschützten Erfindung, die erst zum Patent angemeldet ist, für die Patenterteilung einzustehen hat, hat der BGH auf den Wagnischarakter des Geschäfts abgestellt. Weder die Erlangung noch der zukünftige Bestand des Schutzrechts könne mit Sicherheit abgeschätzt werden. Den Verkäufer trifft in der Regel keine Haftung für die Erteilung des Schutzrechts auf die Anmeldung. Im Falle der nachträglichen Versagung tritt keine rückwirkende Unwirksamkeit des Kaufvertrages ein. Die gegenteilige Ansicht, die wegen der Rückwirkung der Schutzrechtsversagung oder -vernichtung annehmen, der Kaufvertrag sei nach Bereicherungsgrundsätzen unter Berücksichtigung der Saldo-Theorie rückabzuwickeln, hat der BGH wegen des einem solchen Kaufvertrag innewohnenden Wagnischarakters nicht gebilligt. Der Käufer einer Schutzrechtsanmeldung erwirbt diese, wie sie ist, mit der Chance auf die künftige Erteilung des nachgesuchten Schutzrechts. Der Kauf der ungeschützten Anmeldung schließt seinem Wesen nach von vornherein die Ungewissheit ein, ob es zu einer Erteilung des Schutzrechts kommt und ob dieses, falls es erteilt wird, von Bestand ist. Wegen dieses Wagnischarakters hat der BGH für den Regelfall auch die Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage abgelehnt. Nach der regelmäßigen Interessenbewertung beim Kauf einer Schutzrechtsanmeldung liegt das Risiko einer Enttäuschung der Erwartungen hinsichtlich der Erteilung und des Bestandes des nachgesuchten Schutzrechts beim Käufer. Will er dieses Risiko nicht übernehmen, dann muss er es durch eine entsprechende Abrede auf den Verkäufer abwälzen. Das kann beispielsweise durch Vereinbarung eines Rücktrittrechts für den Fall der Schutzrechtsversagung oder -vernichtung oder durch die Zusicherung der Schutzfähigkeit des Erfindungsgegenstandes erfolgen. Geschieht das nicht, dann trägt der Käufer das Risiko der Patentversagung oder -vernichtung.

Die unter 2 beschriebene Risikoverteilung erheischt es, den Käufer ungeschützter erst angemeldeter Schutzrechte wirksam vor Übervorteilung durch den Verkäufer zu schützen. Letzterem obliegt deshalb eine weitgehendste Offenbarungspflicht hinsichtlich solcher Umstände, die die Einschätzung des Patentversagungsrisikos verbessern können. Er muss deshalb dem Käufer einen die Erteilung des Schutzrechts in Frage stellenden Zwischenbescheid des Patentamts mitteilen. Verletzt er diese Pflicht bewusst und erregt er dadurch beim Käufer einen Irrtum über das Patentversagungsrisiko, der den Käufer zum Kauf veranlasst - zumindest mitveranlasst-, dann kann der Käufer den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten, wenn der Verkäufer sich dieser Wirkung seiner unterlassenen Mitteilung dieser Umstände bewusst gewesen ist oder doch mit der Möglichkeit gerechnet hat, der Käufer werde bei Kenntnis der ihm vorenthaltenen Umstände den Kaufvertrag nicht oder nicht zu den vereinbarten Bedingungen abschließen. Diese Grundsätze können zwar das vom Käufer zu tragende Risiko der Patentversagung nicht vollständig beseitigen, wohl aber können sie es in tragbaren Grenzen halten.