Erörterung

Soweit den Bürgern nach Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben ist, unterscheiden sich beide da- durch, dass nach dem Sprachgebrauch eine Erörterung nicht nur die einseitige Darlegung gegenüber den Bürgern und seitens der Bürger, sondern den Dialog mit ihnen umfasst. Gelegenheit zu beiden wird dadurch gegeben, dass auf diese Möglichkeiten in geeigneter Weise hingewiesen wird und beide Mal seitens der Gemeinde sachkundige Bedienstete bereitstehen. Ein rechtliches oder sonstiges Interesse an der Bauleitplan braucht seitens der Bürger nicht vorzuliegen bzw. nicht nachgewiesen zu werden. Im Gegensatz zur öffentlichen Unterrichtung ist eine öffentliche Äußerung und Erörterung nicht zwingend geboten. Der Bürger mag vielfach eine persönliche, nicht öffentliche Anhörung durch einen qualifizierten Sachbearbeiter vorziehen. Ein ihm ev. durch die Planung entstandener oder entstehender Nachteil braucht nicht nachgewiesen zu werden. Anstelle einer gewünschten mündlichen Erörterung darf keine Verweisung auf eine lediglich schriftlich erfolgende Stellungnahme der Gemeinde erfolgen.

Auf eine Vorschrift analog zu Abs. 2 Satz 6, wonach bei Vorlage der Bauleitpläne nach § 6 oder § 11 die nicht berücksichtigten Bedenken und Anregungen mit einer Stellungnahme der Gemeinde beizufügen sind und zuvor das Prüfungsergebnis mitzuteilen ist, etwa in der Weise, dass die Vorlage der Bauleitpläne an die Rechtsaufsichtsbehörde auch einen Bericht über das Ergebnis der Erörterung enthalten sollte, hat der Gesetzgeber verzichtet. Hiervon unberührt bleibt jedoch das Recht der nach Landesrecht zuständigen Organe der Gemeinde auf jederzeitige Unterrichtung. Es sollte auch, da nach § 216 die Verpflichtung der für das Genehmigungs- und Anzeigeverfahren zuständigen Behörde unberührt bleibt, die Einhaltung der Vorschriften zu prüfen, deren Verletzung sich nach §§ 214 und 215 auf die Rechtswirksamkeit eines Flächennutzungs- und Bebauungsplans nicht auswirkt und damit auch die Beachtung, des § 3 Abs. 1 zu prüfen ist, die Vorlage an die Rechtsaufsichtsbehörde eine solche Prüfung ermöglichen. Ratsam ist darum die Darlegung, dass eine vorzeitige Bürgerbeteiligung durchgeführt bzw. warum von ihr abgesehen worden ist. Dagegen erübrigt sich im Hinblick darauf, dass sich an die vorzeitige Bürgerbeteiligung das Auslegungsverfahren anschließt, eine zuvorige Mitteilung über das Ergebnis.

Von Unterrichtung und Erörterung kann abgesehen werden 40 Satz 2 der Vorschrift enthält in Übereinstimmung mit dem bisherigen Recht Ausnahmetatbestände, die es der Gemeinde erlauben, von der vorgezogenen Bürgerbeteiligung abzusehen. Im Gegensatz zum bisherigen Recht spricht das Gesetz nicht mehr von einem Beschluss der Gemeinde. Damit ist klargestellt, dass, wie auch an anderen Stellen, die Einzelheiten des Verfahrens der Gemeinde überlassen sind und das Bundesrecht keine Regelung insoweit hat treffen wollen.

Was die Ausnahmetatbestände im einzelnen betrifft, ist bei der Aufstellung oder der Aufhebung des Flächennutzungsplans die Unterrichtung und Erörterung in jedem Fall erforderlich. Eine ersatzlose Aufhebung des Flächennutzungsplans ist weder eine Änderung noch Ergänzung. Von der Unterrichtung und Erörterung kann darum nicht abgesehen werden. Bei der Änderung oder Ergänzung können sie - wie bisher nach § 2 a Abs. 4 Nr. 1 - nur entfallen, soweit dadurch die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Damit ist an die gleichen auch in Abs. 3 Satz 2 und in § 31 Abs. Nr. 2 - freilich in anderem Zusammenhang - verwandten Begriffe angeknüpft sowie § 31 Rn. 34. Die Grundzüge der Planung werden berührt, wenn die planerischen Leitgedanken in ihrer Grundkonzeption geändert werden oder m. a. W. wenn eine Planänderung zum Verlust des planerischen Leitgedankens führt also zum Beispiel: wenn und soweit im Flächennutzungsplan bisher ein Wohngebiet dargestellt war und nunmehr statt dessen ein Industriegebiet vorgesehen wird; nicht dagegen, wenn unter Beibehaltung der Grundkonzeption nur Einzelheiten der Planung geändert werden.

Bei der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung- zu den Begriffen im einzelnen s. § 2 Rn. 64 und 65 - eines Bebauungsplans kann von einer an sich vorgeschriebenen Unterrichtung und Erörterung - wie bisher in § 2 a Abs. 4 Nr. 2 - abgesehen werden, wenn sie sich auf das Plangebiet und die Nachbargebiete nur unwesentlich auswirkt, d. h. vor allem, wenn sie den Bewohnern des Plangebiets und der Nachbargebiete keine wesentlichen Nachteile bringt. Bei der Beurteilung dessen ist der Plan in seiner Gesamtheit der bisherigen Rechtslage gegenüberzustellen. Es kommt also nicht nur darauf an, ob sich die jeweilige Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung für sich allein gesehen, nur unwesentlich auswirkt. Beispiel: Kann ein Plan für den Betroffenen eine Enteignung oder Entschädigungspflicht zur Folge haben, so wirkt er sich für diesen erheblich aus. Die Zustimmung der Eigentümer der betroffenen oder benachbarten Gebiete ist zwar allein kein Maßstab dafür, dass es sich nur um eine unwesentliche Auswirkung handelt; doch kann sie immerhin ein Indiz sein. Bei der Gegenüberstellung wird die nur unwesentliche Auswirkung weitgehend bestimmt von dem sich als übergreifende Leitregel allen staatlichen Handelns aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem hieraus abzuleitenden Gebot der weitgehenden Schonung des Vorhandenen, das sich seinerseits im wesentlichen mit dem auch im Plangebiet geltenden Gebot der Rücksichtnahme deckt. Was den Begriff Nachbargebiete betrifft, sind diese nicht allein auf die räumlich angrenzenden Gebiete beschränkt. Ein Bebauungsplan kann im Einzelfall Auswirkungen - wenn in der Regel auch nur unwesentlich - über die räumlich angrenzenden Gebiete hinaus haben. Dies wird insbesondere bei der Planung emissionsträchtiger gewerblicher Anlagen oder von sonstigen Großprojekten der Fall sein. Unerheblich ist auch, ob die Nachbargebiete in dem Verwaltungsbereich verschiedener höherer Verwaltungsbehörden oder gar in verschiedenen Ländern liegen.