Ersatzmieterklausel

Zur Frage der Auslegung einer Ersatzmieterklausel.

Zum Sachverhalt: Der Kläger, ein Röntgenfacharzt, hatte von einer Frau M in deren Anwesen Praxisräume gemietet. Die Beklagte, ein Bauunternehmen, hatte nach dem Werkvertrag mit Frau M vom 21. 7. 1955 das damals im Rohbau befindliche Anwesen fertig zu stellen sowie für die Vermietung der Räumlichkeiten zu sorgen.

Nachdem der Kläger sich im Frühjahr 1956 mit dem Prokuristen A der Beklagte auf einen Mietzins von 2 DM/qm und auf eine Mietzeit bis 31. 3. 1980 geeinigt hatte, unterzeichnete Frau M den von A vorbereiteten Mietvertrag. Nach Erhalt dieses Vertrages, aber vor dessen Unterzeichnung, schrieb der Kläger am 28. 3. 1956 an A: Angesichts des Beitrages von 20000,- DM und der 24jährigen Vertragsdauer bitte ich noch die übliche Vereinbarung einzufügen dass ich bei vorzeitiger Beendigung des Mietverhältnisses aus einem wichtigen Grund einen Nachfolger benennen darf, der an meiner Stelle in das Mietverhältnis eintritt. Der Vermieterin soll dabei das Recht vorbehalten bleiben, den von mir vorgeschlagenen Nachfolger dann abzulehnen, wenn in seiner Person dafür ein wichtiger Grund gegeben ist. Ich habe dieses Schreiben an Sie gerichtet, da ich mit Ihnen die Verhandlungen im einzelnen geführt habe und bitte, eine entsprechende Stellungnahme von Frau M herbeizuführen.....

A übersandte daraufhin dem Kläger einen von ihm im Auftrag des Bauherrn unterzeichneten und mit dem Stempel der Beklagte versehenen und auf 29. 3. 1956 datierten Zusatzvertrag, in dem es heißt: Gibt der Mieter aus irgendeinem Grund die Mietsache innerhalb des Vertragszeitraums auf, so räumt der Vermieter, beziehungsweise dessen Nachfolger den Mietern, beziehungsweise deren Erben das Recht ein, einen Ersatzmieter zu bestimmen, mit welchem ein neuer Vertrag abzuschließen ist. Der Vermieter kann diesen Ersatzmieter nur ablehnen, wenn in der Person desselben einwichtiger Grund vorliegt oder andere Umstande den Ersatzmieter für den Vermieter unzumutbar machen, insbesondere, wenn sich die Interessenlage des Vermieters gegenüber dem vorherigen Zustand verschlechtern würde.

Der Kläger unterzeichnete nunmehr den Mietvertrag und den Zusatzvertrag. Diesen Zusatzvertrag kannte Frau M seit dem 27. 10. 1958..

Im Frühjahr 1970 beabsichtigte der Kläger, seine Praxis aufzugeben, und suchte daher einen Mietnachfolger, der seine Röntgeneinrichtung gegen entsprechende Vergütung übernähme. Der Kläger fand indessen keinen Mietnachfolger, weil Frau M nicht bereit war, einen Mietvertrag auf eine längere Zeit als drei Jahre abzuschließen, und weil keiner der Interessenten sich mit einer Vertragsdauer von drei Jahren zufrieden gab. Am 18. 2. 1971 kündigte der Kläger den Mietvertrag zum 30. 6. 1971, womit die Beklagte einverstanden war, und zog im Juni 1971 aus.

Der Kläger nahm zunächst erfolglos Frau M auf Schadensersatz in Anspruch, weil sie durch ihre Weigerung, mit einem von ihm benannten Mietinteressenten einen Mietvertrag für die restliche Mietdauer, also bis 31. 3. 1980, abzuschließen, den Zusatzvertrag vom 29. 3. 1956 verletzt habe und weil er infolgedessen seine Röntgeneinrichtung zum größten Teil habe verschleudern müssen. Seine Klage wurde abgewiesen, weil der Zusatzvertrag mangels Vollmacht oder Genehmigung der Frau M unwirksam sei.

Nunmehr begehrt der Kläger von der Beklagte Schadensersatz in Höhe von 68277,64 DM nebst Zinsen.

Diese Klage hatte in allen drei Instanzen Erfolg.

Aus den Gründen: II. 1. Die Revision macht in erster Linie geltend, Frau M habe, selbst wenn der Zusatzvertrag vom 29. 3. 1956 wirksam gewesen wäre, nicht die Verpflichtung, gehabt, einen Mietvertrag bis 31. 3. 1980 mit einem vom Kläger benannten Ersatzmieter oder Mietnachfolger abzuschließen. Denn mit diesem sei ein neuer Vertrag zu vereinbaren gewesen, über dessen Dauer in dem Zusatzvertrag nichts bestimmt gewesen sei. Dem Kläger wäre daher der mit der Klage geltend gemachte Schaden auch dann entstanden, wenn der Zusatzvertrag mit Vollmacht der Frau M abgeschlossen oder von ihr genehmigt worden wäre.

Der Revision ist zuzugeben, dass das Berufungsgericht den Inhalt des Zusatzvertrages nicht erörtert und nicht ausdrücklich festgestellt hat, Frau M habe nach dieser Vereinbarung dem vom Kläger benannten Ersatzmieter die Räumlichkeiten bis zum Ablauf der Mietzeit des Klägers, also bis 31. 3. 1980, überlassen müssen. Das Berufungsgericht hat den Zusatzvertrag indessen ersichtlich so verstanden. Da es den Zusatzvertrag nicht ausgelegt hat, kann das RevGer. die Auslegung selbst vornehmen. Danach ist die Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden.

Wenn Vermieter und Mieter aus unterschiedlichen Gründen der Vermieter, weil er einen Mieterwechsel zu vermeiden wünscht, und der Mieter, weil er sich die Mieträume für längere Zeit sichern will - einen langfristigen Mietvertrag vereinbaren, wird häufig der Mieter, der mit einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse rechnet, auf eine Ersatzmieterklausel Wert legen, um gegebenenfalls vorzeitig von dem langfristigen Vertrag loszukommen. Meist wird eine Ersatzmieterklausel auch dann vereinbart, wenn der Mieter einen Baukostenzuschuss leisten muss oder erhebliche Aufwendungen für die Herrichtung der Mieträume für seine Zwecke hat. Im ersten Fall soll die Ersatzmieterklausel vor allem der Vereinfachung der wirtschaftlichen Abwicklung bei einem vorzeitigen Mieterwechsel dienen. Im anderen Fall soll die Ersatzmieterklausel dem Mieter die Möglichkeit geben, einen Ersatzmieter zu finden, der bereit ist, seine Investitionen abzugehen.

Im vorliegenden Fall sollte die Ersatzmieterklausel in der Zusatzvereinbarung es dem Kläger ermöglichen, sich vorzeitig von dem langfristigen Mietvertrag zu lösen und seine Aufwendungen für die Praxis eines Röntgenfacharztes ersetzt zu behalten. Das ergibt sich aus seinem Schreiben vom 28. 3. 1956, worin er auf die 24jährige Mietdauer hinwies und geltend machte, dass er einen Beitrag von 20000 DM gezahlt hatte, wobei hier dahingestellt bleiben kann, ob dieser Betrag an Frau M oder im Hinblick auf Sonderwünsche des Klägers an die Beklagte geleistet worden war. Überdies hatte der Kläger unstreitig erhebliche Aufwendungen für seine Röntgeneinrichtung in den gemieteten Räumen gehabt. Deshalb wünschte er die übliche Vereinbarung, dass er bei vorzeitiger Beendigung des Mietverhältnisses einen Nachfolger benennen dürfe, der an Stelle in das Mietverhältnis eintritt. Der Prokurist A der Beklagte wollte diesen Wunsch des Klägers mit dem Zusatzvertrag erfüllen. Dass er nicht die übliche Formulierung, der Ersatzmieter oder Nachfolgemieter trete in die Rechte und Pflichten des Mieters ein, verwandte, dass er vielmehr dem Kläger das Recht einräumte seinen Ersatzmieter zu bestimmen, mit welchem ein neuer Mietvertrag abzuschließen ist, ist unerheblich. Denn nach dem dargelegten Sinn und Zweck der Ersatzmieterklausel sollte der neue Mieter jedenfalls hinsichtlich der Mietdauer an die Stelle des Klägers treten. Andernfalls wäre nämlich mit dem Zusatzvertrag dem Anliegen des Klägers nicht Rechnung getragen worden, weil sich naturgemäß bei einer Mietdauer von nur 3 Jahren, wie sie Frau M zugestehen wollte, kein Mieter bereit fand, die Investitionen des Klägers abzugelten. Dass der neue Mieter nicht formell in den Mietvertrag des Klägers eintreten, sondern einen neuen Mietvertrag abschließen sollte, rechtfertigt daher keine andere Beurteilung. Entscheidend ist, dass der Mieterwechsel sich in Ausführung und Erfüllung der Ersatzmieterklausel in dem Zusatzvertrag vollziehen sollte und dass der mit der Ersatzmieterklausel verfolgte und von beiden Parteien gewollte Zweck nur dann erreicht werden konnte, wenn dem Ersatzmieter die mit dem Kläger vereinbarte Mietzeit zugestanden wurde.