Erschließungsvertrages

Zur Frage der Haftung einer Gemeinde, die nach erfolgter Teilungsgenehmigung die Verhandlungen mit dem Eigentümer über den Abschluss eines Erschließungsvertrages aus sachfremden Gründen abbricht.

Anmerkung: Die Entscheidung stellt einen weiteren Beitrag zur Haftung von Gemeinden aus dem Gesichtspunkt der öffentlich-rechtlichen culpa in contrahendo bei angestrebten Kooperationsverträgen dar. Der Kläger hatte mit bauordnungsrechtlicher Genehmigung der beklagten Stadt vorhandene Fabrikgebäude abreißen lassen, um auf dem Grundstück ein Einkaufszentrum zu errichten. Zur Vorbereitung dieser Nutzung waren ihm Teilungsgenehmigungen erteilt worden. Die beabsichtigte Nutzung entsprach einem in der Aufstellung begriffenen Bebauungsplan. Zugleich verhandelten die Parteien über den Abschluss eines Erschließungsvertrages. Die vom Kläger beantragte Baugenehmigung wurde jedoch versagt, nachdem sich bei der Beklagten ein anderes Planungskonzept durchgesetzt hatte. Zur Begründung führte die Bauordnungsbehörde aus, das Vorhaben sei nach der vorhandenen Bebauung nicht unbedenklich und auch die Erschließung sei nicht gesichert. Das letztere bezog sich darauf, dass die Beklagten inzwischen den Abschluss eines Erschließungsvertrages abgelehnt hatte. Die gegen die Versagung der Baugenehmigung gerichtete Klage war vor den Verwaltungsgerichten erfolglos geblieben. Im Zivilrechtsweg begehrt der Kläger Ersatz des Schadens, den er erlitten habe, weil er auf die Erteilung der Baugenehmigung vertraut habe. Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen; der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

Wie in BGHZ 71, 386 [396] ausgeführt ist, kann in Fällen dieser Art ein Verschulden der Gemeinde grundsätzlich nur ein Verhalten betreffen, das außerhalb der eigentlichen Bauleitplanung liegt; denn angesichts der Planungsfreiheit des Ortsgesetzgebers stellt sich die Aufgabe einer zunächst verfolgten Planungskonzeption nicht als eine dem bürgerlichen Recht vergleichbare grundlose Weigerung des Vertragsabschlusses dar. Das gilt auch für Verhandlungen über Erschließungsverträge, die schließlich deshalb scheitern, weil die Gemeinde aus städtebaulichen Gründen nicht bereit ist, das zu erschließende Objekt an dem vorgesehenen Standort zuzulassen. Insoweit beschränkt sich der Vertrauensschutz des Bauwerbers grundsätzlich darauf, von der Gemeinde über alle Risiken der Planverwirklichung, die in ihrem Verantwortungsbereich liegen, umfassend aufgeklärt zu werden. Ein gewisser Schutz besteht noch darin, dass Zusagen der Gemeinde für eine bestimmte künftige Grundstücksnutzung, auf die der Eigentümer sich erkennbar eingerichtet hat, als privater Belang in der Abwägung bedeutsam werden können. Stärker ist indes die Position des Eigentümers, wenn die Gemeinde in planungsrechtlicher Hinsicht bestimmten Bindungen wegen erteilter Teilungsgenehmigungen unterliegt, wie der vorliegende Fall zeigt.

Für die revisionsrechtliche Würdigung war davon auszugehen, dass der Antrag auf Baugenehmigung innerhalb von 3 Jahren nach Teilungsgenehmigung eingereicht worden war. Wegen mangelnder Vereinbarkeit des Vorhabens mit der vorhandenen Bebauung im unbeplanten Innenbereich durfte danach die Baugenehmigung nur versagt werden, wenn sich die für die Erteilung maßgebenden rechtlichen oder tatsächlichen Voraussetzungen nach Einreichung des Baugenehmigungsantrags geändert hatten. Dazu reicht die Absicht der Gemeinde, die dem bisherigen Aufstellungsverfahren zugrunde liegende Planung zu ändern, nicht aus. Auch ein Rückgriff auf § 33 BBauG scheidet insoweit aus, weil diese Vorschrift nur die Zulässigkeit eines Vorhabens regelt.

Wegen dieser Bindung der Gemeinde an die der Teilungsgenehmigung zugrunde liegende städtebauliche Beurteilung durfte die Baugenehmigung nur abgelehnt werden, wenn das Vorhaben nach der vorhandenen Erschließung nicht unbedenklich war. Dieser Versagungsgrund bestand hier, weil die tatsächlich vorhandenen Erschließungseinrichtungen zur Versorgung und Entsorgung des Baugrundstücks nicht ausreichten und weil die Stadt den Abschluss eines Erschließungsvertrages abgelehnt hatte. In einem solchen Falle kann die Erschließung nur dann als gesichert angesehen werden, wenn die allgemeine Erschließungspflicht der Gemeinde sich unter besonderen Umständen zu einer aktuellen Erschließungspflicht zugunsten bestimmter Vorhaben verdichtet und voraussehbar ist, dass die Erschließungsanlagen im Zeitpunkt der Fertigstellung des Bauvorhabens vorhanden sein werden. Eine solche Pflichtverdichtung hat der BGH indes im vorliegenden Fall verneint und u. a. ausgeführt, dass auch die positive Stellungnahme der Gemeinde zu dem Antrag auf Teilungsgenehmigung einen Anspruch auf Erschließung grundsätzlich nicht auslöse.

Bei dieser Rechtslage kam jedoch in Betracht, dass die Gemeinde nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo zum Ersatz des Vertrauensschadens verpflichtet ist, weil sie - was für die revisionsrechtliche Würdigung zu unterstellen war - die Verhandlungen über den Abschluss des Erschließungsvertrages ohne triftigen Grund, aus sachfremden Erwägungen, schuldhaft abgebrochen hatte. Der Kläger hatte vorgetragen, die Beklagten habe von ihm schließlich einen sachlich nicht gerechtfertigten, stark überhöhten Erschließungskostenbeitrag gefordert, den er nicht habe leisten können und wollen, zumal er schon in einem frühen Stadium der Verhandlungen deutlich gemacht habe, bei einer so hohen Forderung müsse das ganze Projekt scheitern.

Das Berufsgericht hatte in diesem Punkt ohne Beweisaufnahme unterstellt, der zuletzt geforderte hohe Erschließungskostenbeitrag sei sachlich nicht begründet gewesen und sogar nur vorgeschoben worden, um den Erschließungsvertrag zu verhindern. Wenn es sich so verhielte, kommt nach den Ausführungen des BGH auch eine Haftung der Gemeinde nach Amtshaftungsgrundsätzen in Betracht: Im Hinblick auf die Teilungsgenehmigungen, die gemäß § 21 BBauG zu einer Bindung in planungsrechtlicher Hinsicht geführt hatten, bestand eine Amtspflicht der Beklagten, diese gesetzliche Bindung nicht durch grundlose Ablehnung des dem Kläger in Aussicht gestellten Erschließungsvertrages im Ergebnis zu unterlaufen. Ein daraus herzuleitender Ersatzanspruch wäre nicht auf den Ersatz des Vertrauensschadens beschränkt; er ginge vielmehr auf Herstellung der Vermögenslage, die bei Erfüllung der Amtspflicht eingetreten wäre.

Zur Klärung der danach erheblichen Frage, ob die Beklagten die Verhandlungen über den Abschluss eines Erschließungsvertrages ohne triftigen Grund, aus sachfremden Erwägungen, schuldhaft abgebrochen hat, ist die Sache an das Berufsgericht zurückverwiesen worden.