Erwerbsverpflichtung

Zur Frage, ob ein auf die Beschaffung eines Grundstücks von einem Dritten gerichteter Auftrag, bei dessen Ausführung der Beauftragte im eigenen Namen, aber für Rechnung des Auftraggebers handeln soll, unter dem Gesichtspunkt der Begründung einer Erwerbsverpflichtung - des Beauftragten oder des Auftraggebers oder beider - nach 313 S. 1 BGB n.F. der notariellen Beurkundung bedarf.

Zum Sachverhalt: Die Kläger sind Erben der im Februar 1978 verstorbenen K (im Folgenden als Erblasserin bezeichnet). Diese hatte aufgrund eines im Jahre 1971 abgeschlossenen Kaufvertrags von dem Architekten S -ein Hausgrundstück erworben. Durch Urteil des erkennenden Senats vom 10. 6. 1977 war sie verpflichtet worden, Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises darin einzuwilligen, dass S wieder als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen werde. Diese Eintragung ist erfolgt. Am 29. 6. 1977 gab S gegenüber der Beklagte zu 1 ein notarielles Angebot zum Kauf des Grundstücks ab, das diese durch notarielle Urkunde vom 9. 7. 1977 annahm. Die Mittel zur Zahlung des Kaufpreises hat die Beklagte zu 1 von der Erblasserin erhalten. Seit dem 1. 11. 1977 ist die Beklagte zu 1 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Die Kläger haben vorgetragen, die Erblasserin habe das Grundstück unbedingt behalten wollen; sie habe jedoch befürchtet, dass der mit ihr verfeindete Architekt S es nicht erneut an sie veräußern werde und habe deshalb die Beklagte als Strohmänner eingeschaltet. Es sei vereinbart worden, dass die Beklagte zu 1 nach dem Erwerb des Grundstücks das Eigentum auf die Erblasserin weiterübertragen solle. Nach dem Tod der Erblasserin hätten sich jedoch beide Beklagten zu Unrecht in den Besitz des Grundstücks gesetzt; Herausgabe und Eigentumsübertragung werde von ihnen verweigert. Die Kläger haben beantragt, die Beklagte zu 1 zur Übereignung des Grundstücks an die Kläger in ungeteilter Erbengemeinschaft zu verurteilen, sowie beide Beklagten zu verurteilen, den Kläger den unmittelbaren Besitz einzuräumen. Die Beklagte haben demgegenüber geltend gemacht, von Anfang an sei zwischen ihnen und der Erblasserin eine Schenkung des Grundstücks oder der zum Ankauf erforderlichen Geldmittel vereinbart worden. Es sei lediglich Wunsch der Erblasserin gewesen, bis zu ihrem Tod in dem Haus wohnen zu können. Die Schenkung erkläre sich aus dem zwischen ihnen und der Erblasserin seit vielen Jahren bestehenden engen freundschaftlichen Verhältnis.

Beide Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagte hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Beklagte zu 1 aufgrund eines zwischen der Erblasserin und ihr zustande gekommenen Auftragsverhältnisses zur Übertragung des Eigentums an dem Grundstück auf die Kläger verpflichtet und haben aus diesem Grunde auch beide Beklagten den Kläger den Besitz einzuräumen.

Das Berufungsgericht hält - aufgrund der Aussagen der in erster Instanz vernommenen Zeugen und in Übereinstimmung mit der Würdigung durch das Landgericht - für erwiesen, dass nach den seinerzeitigen Absprachen die Beklagte zu 1 beauftragt war, das Grundstück als Treuhänderin für Rechnung der Erblasserin zu erwerben. Der Beweis, dass die Erblasserin etwa in der Folgezeit auf den ihr aus diesem Auftragsverhältnis zustehenden Anspruch auf Übertragung des Eigentums (§ 667 BGB) verzichtet hätte, sei von den Beklagten nicht geführt worden. Zur Begründung der Verpflichtung der Beklagte zu 1, das Eigentum an dem Grundstück auf die Erblasserin zu übertragen, habe es auch nicht der notariellen Beurkundung nach § 313 BGB bedurft, da die Übereignungspflicht nicht Inhalt des Auftrags, sondern nur gesetzliche Folge sei.

II. Hiergegen wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.

1. Zu Unrecht meint sie, das Berufungsgericht habe die Beweislast verkannt. Ihre Rüge, im Hinblick auf die für die Beklagte zu 1 streitende Vermutung des § 891 BGB seien die Kläger in vollem Umfang beweispflichtig dafür, dass die Beklagte zu 1 nicht berechtigte Eigentümerin des streitigen Grundstücks geworden sei, geht schon deshalb ins Leere, weil das Eigentum der Beklagte zu 1 unstreitig ist und die Kläger nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Eigentumsübertragung geltend machen; hiervon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Hinsichtlich des Klagegrundes - nämlich des Auftragsverhältnisses zwischen der Erblasserin und der Beklagte zu 1- sieht das Berufungsgericht den Beweis als geführt an. Zutreffend hält es auf dieser Grundlage dann die Beklagte als beweispflichtig dafür, dass die Erblasserin auf den ihr aus diesem Auftragsverhältnis nach § 667 BGB erwachsenen Anspruch auf Eigentumsübertragung verzichtet habe.

2. Richtig ist dagegen die Ansicht der Revision, das Berufungsgericht hätte bei Prüfung der Frage, ob ein wirksames Auftragsverhältnis zwischen der Erblasserin und der Beklagte zu 1 formlos zustande kommen konnte, sich auch mit der durch Gesetz vom 30. 5. 1973 (BGBl I, 501) mit Wirkung vom 1. 7. 1973 eingeführten Erstreckung der Beurkundungspflicht nach § 313 BGB auf vertragliche Verpflichtungen zum Erwerb eines Grundstücks befassen müssen. Im Ergebnis führt dies jedoch zu keiner anderen Beurteilung des Klaganspruchs:

a) Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass bei einem auf die Beschaffung eines Grundstücks von einem Dritten gerichteten Auftrag, bei dem der Beauftragte im eigenen Namen, aber für Rechnung des Auftraggebers handeln soll (Treuhand), die Verpflichtung des Beauftragten zur Weiterübereignung des Grundstücks an den Auftraggeber keine Beurkundungspflicht nach § 313 BGB auslöst, weil sich diese Verpflichtung nicht erst aus einer etwa unmittelbar hierauf gerichteten vertraglichen Abrede ergibt, sondern bereits aus der Vorschrift des § 667 BGB, wonach der Beauftragte das aus der Geschäftsbesorgung Erlangte an den Auftraggeber herauszugeben hat (u. a. Senat, WM 1969, 917; LM vorstehend Nrn. 40, 48). Dieser Grundsatz als solcher wird auch durch die Neufassung des § 313 BGB nicht berührt. Aufgrund der Ausdehnung der Beurkundungspflicht auf Grundstückserwerbsverpflichtungen stellt sich aber nunmehr jeweils die weitere Frage, ob durch einen derartigen Auftrag auch eine Erwerbsverpflichtung - des Beauftragten oder des Auftraggebers oder beider - begründet werden soll. Eine solche Erwerbsverpflichtung bedürfte, da sie sich nicht schon unmittelbar aus dem Gesetz herleiten lässt, gemäß § 313 BGB n. F. zu ihrem wirksamen Zustandekommen der notariellen Beurkundung. Der Umstand, dass auch bei einem Auftrag, der eine Erwerbsverpflichtung enthält, nicht der jeweilige Grundstückserwerbsvertrag als solcher Vertragsinhalt ist, sondern nur die Verpflichtung zum Abschluss eines solchen Vertrages, steht dem nicht entgegen; in gleicher Weise, wie schon unter der Geltung des § 313 BGB a. F. eine Beurkundungspflicht auch für den Abschluss eines Vertrages bejaht worden ist, der seinerseits erst eine Verpflichtung zum Abschluss eines Grundstücksveräußerungsvertrages begründet (s. dazu bereits Senat, LM vorstehend Nr. 48), muss dies auch für einen Vertrag gelten, der zum Abschluss eines Grundstückserwerbsvertrages verpflichtet (zur mittelbaren Verpflichtung zum Grundstückserwerb vgl. auch BGH, NJW 1978, 2505 = LM vorstehend Nr. 76). Desgleichen geben Sinn und Zweck des § 313 BGB, nämlich seine ihm zukommende Warn- und Beweisfunktion (statt vieler BGHZ 69, 266 [269] = LM vorstehend Nr. 74 = NJW 1978, 102), keinen Anlass zu Zweifeln, dass auch vertragliche Grundstückserwerbsverpflichtungen der zur Erörterung stehenden Art der Beurkundungspflicht unterliegen: Selbst wenn man der Ansicht sein sollte, dass bei einer den Beauftragten treffenden Erwerbsverpflichtung dieser nicht vor Übereilung und mangelnder Beratung geschützt zu werden brauche, weil er wirtschaftlich gesehen von vornherein nur Durchgangsstelle sein soll, so ist jedenfalls das Bedürfnis nach einwandfreier Beweisbarkeit aller sich auf Grundstücksgeschäfte beziehender Rechtsgeschäfte auch insoweit gegeben. Hinsichtlich einer Erwerbsverpflichtung des Auftraggebers, den die wirtschaftlichen Folgen des Geschäfts voll treffen, ergeben sich ohnehin keine Besonderheiten.

b) Ob die Annahme eines Auftrags des Inhalts, dem Auftraggeber ein Grundstück zu verschaffen und zu diesem Zweck das Grundstück (zunächst) für Rechnung des Auftraggebers im eigenen Namen zu erwerben, eine Erwerbsverpflichtung des Beauftragten begründet, wird nun allerdings im Schrifttum unterschiedlich beurteilt: Bejahend äußern sich Ballhaus, in: RGRK, 12. Aufl., § 313 Rdnr. 30, und - jedenfalls für den Regelfall - Kanzleiter, in: MünchKomm, § 313 Rdnr. 22 (Annahme einer bedingten Erwerbspflicht); verneinend dagegen Steffen, in: RGRK, 12. Aufl., Vorb. § 662 Rdnr. 30; wohl auch StaudingerWufka, BGB, 12. Aufl., § 313 Rdnrn. 72 und 85, sowie StaudingerWittmann, § 662 Rdnr. 22; jedenfalls nicht ausdrücklich angesprochen wird diese Frage von Palandt-Heinrichs, BGB, 39. Aufl., § 313 Anm. 5a, sowie von Erman-Battes, BGB, 6. Aufl., § 313 Rdnr. 23. Maßgebender Gesichtspunkt ist insoweit, ob (unabhängig von einer vom Beauftragten etwa eingegangenen Verpflichtung, für den Erfolg des übernommenen Auftrags einzustehen) bereits die durch die Annahme des Auftrags gemäß § 662 BGB für den Beauftragten entstehende Verpflichtung zur Ausführung des Auftrags, hier also zum rechtsgeschäftlichen Erwerb eines bestimmten Grundstücks, jedenfalls eine bedingte Verpflichtung zum Erwerb des Grundstücks umfaßt, nämlich bedingt dadurch, dass es dem Beauftragten bei Beachtung der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht gelingt, den Grundstückserwerbsvertrag abzuschließen. Denn auch bedingte Verpflichtungen fallen unter die Formvorschrift des § 313 BGB (BGHZ 57, 394 = LM vorstehend Nr. 51 = NJW 1972, 715).

Im vorliegenden Fall kann indes diese Frage dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn sich aus dem Auftrag eine Erwerbsverpflichtung der Beklagte zu 1 ergeben und der Auftragsvertrag somit der notariellen Beurkundung bedurft hätte, so wäre doch die Nichtbeachtung der Form hier insoweit deshalb unschädlich, weil die Beklagte zu 1 den Grundstückserwerb auch bereits ausgeführt hat und als Eigentümerin des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen worden ist. Damit wäre nach § 313 S. 2 BGB Heilung jedenfalls in dem Umfang eingetreten, als es sich um eine die Beklagte zu 1 treffende Erwerbsverpflichtung handelt; dies gilt unabhängig von der nachfolgend unter c erörterten Frage, ob etwa eine beurkundungsbedürftige Erwerbsverpflichtung der Erblasserin bestand (vgl. auch BGHZ 59, 269 [271] = LM vorstehend Nr. 56 = NJW 1972, 2265).

c) Eine Erwerbspflicht auch des Auftraggebers kann aus dem Wesen des auf den Erwerb eines Grundstücks gerichteten Auftrags nicht allgemein hergeleitet werden (generell verneinend Steffen, in: RGRK, Vorb. § 662 Rdnr. 30; Staudinger-Wufka, § 313 Rdnrn. 90, 93; Staudinger-Wittmann, § 667 Rdnr. 13 b).

Der Annahme einer solchen Erwerbspflicht dürfte allerdings nicht schon der Umstand entgegenstehen, dass der Auftraggeber durch den Auftrags- vertrag grundsätzlich nicht verpflichtet wird, den Auftrag ausführen zu lassen (so Ballhaus, in: RGRK, § 313 Rdnr. 30); denn (worauf auch Ballhaus selbst bei der Erörterung einer Erwerbspflicht des Beauftragten hinweist) die Beurkundungsbedürftigkeit nach § 313 BGB wird - ebenso wenig wie bei einem unter Rücktrittsvorbehalt geschlossenen Kaufvertrag - nicht dadurch berührt, dass sich der Auftraggeber von der übernommenen vertraglichen Verpflichtung wieder befreien kann. Auch ohne nähere vertragliche Abrede wird eine Formpflicht jedenfalls unter dem Gesichtspunkt in Betracht kommen können, ob die Entscheidungsfreiheit des Auftraggebers hinsichtlich des Erwerbs oder Nichterwerbs des Grundstücks nach dem Gesamtbild des Vertrags oder den sonstigen Umständen des Falles praktisch aufgehoben ist (so Palandt-Heinrichs, § 313 Anm. 5 a; Erman-Battes, § 313 Rdnr. 23; Kanzleiter, in: MünchKomm. § 313 Rdnr. 22, insb. Fußn. 5). Ein in diese Richtung gehender Sachvortrag der Beklagte - die vielmehr geltend machen, die Erblasserin habe auf ihren nach § 667 BGB entstandenen Anspruch auf Eigentumsübertragung verzichtet, also von einer Entschließungsfreiheit der Erblasserin hinsichtlich des Grundstückserwerbs ausgehen - wird indes von der Revision nicht dargetan und ist auch nicht ersichtlich. Somit steht auch insoweit der Wirksamkeit des von der Erblasserin erteilten Auftrags kein Formerfordernis entgegen, das nicht eingehalten worden wäre.