Fehlleistungen

Auch der Chefarzt einer organisatortisch nicht selbständigen Klinik ist, wenn er im medizinischen Bereich weisungsfrei ist, hinsichtlich der Haftung für von ihm begangene Behandlungsfehler als verfassungsmäßig berufener Vertreter der das Krankenhaus tragenden Körperschaft zu betrachten

Anmerkung: I. Mit der Frage der deliktischen Haftung einer juristischen Person als Krankenhausträger für einen von ihr beschäftigten Chefarzt, soweit es sich um ärztliche Fehlleistungen handelt, hatte sich der VI. Zivilsenat schon vor 9 Jahren befasst . Damals wurde, in teilweiser Abweichung von der Rechtsprechung früherer Jahre, ausgesprochen, dass jedenfalls der Chefarzt des einzigen Städt. Krankenhauses, für den eine ärztliche Oberinstanz schon an sich nicht denkbar ist, haftungsrechtlich wie ein verfassungsgemäß bestellter Vertreter behandelt werden muss, so dass es auf den bezüglich eines Chefarztes meist aussichtsreichen Entlastungsbeweis nicht ankommt.

Die vorliegende Entscheidung dehnt diesen Grundsatz in bewusster Aufgabe der älteren Rechtsprechung auch auf den Chefarzt einer organisatorisch nicht selbständigen Klinik aus, wenn und soweit er bei seinem ärztlichen Tun völlig weisungsfrei ist. Ob dies auch im gegebenen Falle zutraf, konnte das Urteil deshalb dahinstellen, weil angesichts der besonderen Umstände auch von einem genügenden Entlastungsbeweis nicht ausgegangen werden konnte.

Die praktische Bedeutung dieser Rechtsprechung sollte freilich nicht überschätzt werden. Es geht eigentlich nur um das Schmerzensgeld, für das im Regelfall die Versicherungsdeckung und finanzielle Potenz eines Chefarztes ausreicht. Im vorliegenden Fall hatte freilich die Kläger, verleitet durch eine falsche Entscheidung des Landgerichts, voreilig ihre Ansprüche gegen den Chefarzt nicht weiterverfolgt, so dass ihr eine besondere Härte drohte.

Die Änderung der Rechtsprechung findet ihre Rechtfertigung aber vor allem auch aus grundsätzlichen Erwägungen. Die Regelung des § 831 BGB beruht auf der Vorstellung, dass den Geschäftsherrn eine irgendwie geartete Aufsichts- und Weisungspflicht trifft. Für ihre Verletzung soll er - in schematisierter Form - haften. Wird auf eine solche Einflussmöglichkeit verzichtet, weil sie entweder nicht möglich oder nun einmal in der ärztlichen Hierarchie nicht üblich ist, dann darf daraus nicht zu Lasten des Patienten ein Haftungsfreiraum erwachsen, weil der unabhängig handelnde Arzt rein organisatorisch nicht freigestellt ist. Die Problematik bleibt freilich, wo eine nichtärztliche natürliche Person Krankenhausträger ist, was immerhin bei Sanatorien mitunter vorkommt. Sie zeigt sich in allgemeiner Form bei allen Großbetrieben, die ausnahmsweise noch einer natürlichen Person gehören.