Ferienhaus

Die Klägerin erwarben ein mit einem Ferienhaus bebautes Grundstück, das zu einem von der beklagten Gemeinde geförderten Erholungspark gehört. Die Ferienwohnungen waren als steuerbegünstigt ausgewiesen. Es sollte u. a. Befreiung von der Grunderwerbsteuer erteilt werden. Die Gemeinde erbot sich, das für alle Ferienhauserwerber zu erledigen und die erforderlichen Anträge zu stellen. Für 83 Erwerber tat die Gemeinde das auch; sie wurden nicht zur Grunderwerbsteuer herangezogen. Bei 36 Erwerbern - darunter die Klägerin - versäumte die Gemeinde aus unerklärlichen Gründen, die Anträge weiterzuleiten. Als die Betroffenen dann selbst den Antrag stellten, wurde er abgelehnt. Inzwischen hatte nämlich das BVerwG entschieden, dass Ferienhäuser und -wohnungen grundsätzlich überhaupt nicht als steuerbegünstigt anerkannt werden können. Auch die Anerkennungsbescheide in den 83 von der Gemeinde pflichtgemäß erledigten Fällen hätten nicht ergehen dürfen. Gleichwohl brauchten die 83 Ferienhauseigentümer keine Grunderwerbsteuer zu entrichten. Die Klägerin - und ihre 35 anderen Leidensgenossen - wurden dagegen zur Grunderwerbsteuer in Höhe von 7091 DM herangezogen. Diesen Betrag verlangten sie von der Beklagten Gemeinde als Schadensersatz aus schuldhafter Verletzung ihrer Auftragspflichten. Der BGH hat ihnen den Betrag zuerkannt. Die entscheidende Frage war, welche Bedeutung dem Umstand beizumessen ist, dass das Ferienhaus der Klägerin zwar auch bei rechtzeitiger Weiterleitung ihrer Anträge durch die Gemeinde nicht als steuerbegünstigt hätte anerkannt werden dürfen, die Klägerin aber trotzdem - wie die 83 anderen Erwerber von Ferienhäuser in dem Erholungspark - die Anerkennung erlangt hätten und deshalb endgültig keine Grunderwerbsteuer hätten zahlen müssen.

Eine ähnliche Fragestellung tritt bei Schadensersatzklagen gegen Rechtsanwälte und Notare auf, wenn Rechtsmittel- bzw. Rechtsbehelfsfristen versäumt worden sind, oder bei Amtshaftungsklagen wegen pflichtwidrigen Verhaltens von Richtern. Nach st. Rspr. des BGH, die auf die Rspr. des RG zurückgeht, ist in diesen Fällen nicht darauf abzustellen, wie die infolge der Pflichtverletzung nicht angerufenen Gerichte und Aufsichtsbehörden wirklich entschieden hätten, sondern darauf, wie sie nach Auffassung des über den Schadensersatzanspruch erkennenden Gerichts richtig hätten entscheiden müssen. Anders ist es, wenn von der seinerzeit zuständigen Verwaltungsbehörde eine Ermessensentscheidung zu treffen war. Dann kommt es darauf an, wie die Verwaltungsbehörde ihr Ermessen tatsächlich ausgeübt hätte; das ist gegebenenfalls gemäß § 287 ZPO festzustellen. Ausdrücklich offen gelassen hat der BGH, ob Ähnliches gilt, wenn sich seinerzeit eine konstante Rechtsprechung mit der Folge von unanfechtbaren gegenteiligen Ergebnissen gebildet hatte.

Die Besonderheit des vorliegenden Falles bestand darin, dass die Steuervergünstigungen von den zuständigen Behörden seinerzeit nach allgemeinen, einheitlichen, auf einer Verwaltungsanordnung der Bundesregierung beruhenden Übung gewährt wurden, die Klägerin bei pflichtgemäßem Verhalten der Gemeinde auch einen Anerkennungsbescheid erhalten hätten und endgültig von der Entrichtung der Grunderwerbsteuer befreit worden wären. Denn die Verwaltungsbehörden haben in den 83 rechtlich gleich liegenden Fällen, in denen Anerkennungsbescheide ergangen sind, diese Bescheide nicht etwa zurückgenommen. Sie haben sich daran vielmehr aus Gründen des Vertrauensschutzes nach § 48 des Baden-Württembergischen Landesverfahrensgesetzes gehindert gesehen. Gemäß Abs. 2 S. 1 dieser Vorschrift darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Wenn die Verwaltungsbehörde diese Bestimmung auf die 83 Ferienhausbewerber angewendet hat, die Anerkennungsbescheide erhalten hatten, so hätte sie das auch zugunsten der Klägerin getan und tun müssen, falls die Gemeinde für sie rechtzeitig die Anträge gestellt hätte.

Dann aber ist die Belastung der Klägerin mit der Grunderwerbsteuer auch ein Vermögensnachteil, der nach § 249 BGB von dem Schadensersatzpflichtigen zu ersetzen ist. Dem steht nicht entgegen, dass ein Schaden regelmäßig nicht ersetzt verlangt werden kann, der im Entgang eines durch eine unrichtige Gerichts- oder Verwaltungsentscheidung erlangten Vorteils besteht. Das gilt jedenfalls insoweit nicht, als der durch einen rechtwidrigen Verwaltungsakt Begünstigte eine rechtlich geschützte Position erlangt, wie sie in der Rechtsprechung seit langem anerkannt ist So kann nach dem bereits erwähnten § 48 II VwVfG unter bestimmten Voraussetzungen ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auf den der von ihm Begünstigte vertraut hat, nicht zurückgenommen werden. Soweit ein unter diese Vorschrift fallender Verwaltungsakt zurückgenommen werden kann und auch zurückgenommen wird, ist nach § 48II1 VwVfG unter den gleichen Voraussetzungen wie nach II dem Betroffenen der Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat. Ähnlich ist der Vertrauensschutz bei Steuerbescheiden geregelt. Ist aber nach öffentlichem Recht eine durch rechtswidrigen Verwaltungsakt erlangte Position unantastbar oder kann ihre Beseitigung dazu führen, dass die öffentliche Hand dem Betroffenen den dadurch erlittenen Vermögensnachteil auszugleichen hat, so muss auch zivil rechtlich im Entgang einer derart geschützten Rechtsposition ein Schaden gesehen werden, der nach § 249 BGB zu ersetzen ist.

Das gilt jedenfalls dann, wenn es der Schädiger - wie hier - vertraglich übernommen hat, dafür zu sorgen, dass die förmlichen Voraussetzungen für den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes erfüllt werden. Nach dem Willen der Vertragspartner soll in solchen Fällen der Beauftragte den Auftraggeber in den Genuss der Vorteile bringen, die sich für ihn nach der jeweiligen Verwaltungsübung bieten, von der die Vertragspartner zunächst als selbstverständlich annehmen, dass sie rechtlich nicht zu beanstanden ist. Ob diese Verwaltungsübung später geläuterter Rechtsauffassung standhält, ist für die Vertragsschließenden von untergeordneter Bedeutung, wenn dem Auftraggeber gleichwohl die Vorteile verbleiben, die ihm der Beauftragte auf der Grundlage der bis dahin unbeanstandeten Verwaltungsübung verschaffen sollte. Dann gebieten es Sinn und Zweck eines solchen Auftrags, den Beauftragten für die Nachteile einstehen zu lassen, die der Auftraggeber erleidet, weil er sich durch schuldhaft schlechte Ausführung des Auftrags die damalige Behördenpraxis nicht hat zunutze machen können. Die vorliegende BGH-Entscheidung wird sich deshalb auf andere Auftragsverhältnisse nur insoweit übertragen lassen, als ähnlich geschützte Rechtspositionen eine Rolle spielen.