Fertigstellung des Werkes

Der Unternehmer kann vor Fertigstellung des Werkes die Bezahlung des Werklohns verlangen, wenn der Besteller die Erfüllung des Vertrags grundlos und endgültig ablehnt.

Anmerkung: Die Beklagte hatte bei der Klägerin eine Abrechnungsanlage bestellt. Dazu musste sie einige Daten erarbeiten und der Klägerin mitteilen. Die Klägerin hatte das Gerät im wesentlichen fertiggestellt, konnte aber die Arbeit nicht beenden, weil ihr die Beklagte die zugesagten Daten nicht übermittelte, angeblich weil ihr die hierfür erforderlichen Fachkräfte zur Zeit fehlten.

Der Klage auf Zahlung des Kaufpreises setzte die Beklagte entgegen, dass die Klägerin vorleistungspflichtig sei.

Der BGH ist dem nicht gefolgt. Sein Leitgedanke ist, dass sich der Auftragnehmer in solchen Fällen nicht auf die Rechte nach den §§ 642, 643, 645 BGB verweisen zu lassen braucht. Die Beklagte kann ihn nicht willkürlich durch Nichterfüllung ihrer Gläubigerpflichten zur Kündigung des Vertrages zwingen. Die Verletzung der Gläubigerobliegenheiten gewährt dem Unternehmer alle Rechtsbehelfe, die ihm bei Zuwiderhandlungen des Vertragspartners gegen sonstige Verbindlichkeiten zustehen; daneben (also nicht ausschließlich) hat er noch die Rechte aus den §§ 642 ff. BGB (vgl. BGHZ 11, 80, 83 = Nr. 2 zu § 326 [H] BGB).

Daraus folgert der BGH, dass in einem solchen Fall die Vorleistungspflicht der Klägerin entfällt und ihr der Kaufpreis schon vor Vollendung des Werks zusteht.

Die Klägerin wird auf diese Weise allerdings eine Erfüllung der Gläubigerobliegenheit durch die Beklagte nicht erzwingen können; doch ist deren Zahlungspflicht ein geeignetes Mittel, sie hierzu anzuhalten, zumal ihr bei weiterem Verzug auch noch weitere Nachteile (Gefahrenübergang, Lagerkosten usw.) entstehen können.