fiktives Kapital

Fiktives Kapital, - vorwiegend in Gestalt von Wertpapieren (Aktien, Staatsanleihescheinen, sonstigen zinstragenden Schuldverschreibungen) auftretende Ansprüche auf Teile des Profits. Staatsanleihescheine beziehen sich auf Geldsummen (und auf die durch sie repräsentierten materiellen Werte), die der Staat längst ausgegeben (verbraucht) hat. Sie gewähren aber einen Anspruch auf regelmäßig zu zahlende Zinsen, die vor allem aus Steuermitteln aufgebracht werden. Hier ist der Ausdruck fiktives Kapital, d. h. nicht wirklich existierendes Kapital, auf den ersten Blick verständlich. Zinsansprüche auf eine bestimmte Geldsumme werden ferner durch Industrieobligationen, Grundschuldverschreibungen (wie Hypothekenbriefe, Pfandbriefe u. ä.), Kommunalschuldscheine usw. repräsentiert. Zum fiktives Kapital gehört auch das Aktienkapital. Im Unterschied zu dem in der Form von Maschinen und Anlagen, Waren- und Geldkapital existierenden realen Kapital einer Aktiengesellschaft ist das in Form von Aktien repräsentierte Aktienkapital lediglich fiktives Kapital. Der Besitz von Aktien verleiht dem Inhaber derselben nur einen Anspruch auf Dividende, d. h. auf einen Teil des Profits der Gesellschaft. Aber weil die Aktie von ihrem Besitzer auch wieder verkauft werden kann, scheint das Kapital der Aktiengesellschaft verdoppelt zu sein; einmal als Maschinen, Lagerbestände, Bankkonten usw. auftretend, zum andern als Preis der Aktie erscheinend. Im Preis der Aktie wird aber nur der kapitalisierte Anspruch auf Dividende sichtbar. Der Fall oder der Anstieg der Aktienkurse an den Börsen fügt dem wirklichen Reichtum der kapitalistischen Gesellschaft nicht ein Jota zu, noch mindert er ihn. Die Kapitalisierung der Ansprüche auf Zinsen oder Dividenden erfolgt auf der Grundlage des jeweils bestehenden Zinsfußes; d. h. ein Anspruch auf 100 Mark jährlich wird bei einem Zinsfuß von 5 % (im Durchschnitt) zu 2000 Mark verkäuflich. Solange Wertpapiere verkauft werden können, spielen sie für ihren Inhaber eine ähnliche Rolle wie wirkliches Geld. Daher kann ein erheblicher und im Laufe der Zeit steigender Teil des Geldkapitals der kapitalistischen Gesellschaft in Gestalt des fiktiven Kapitals existieren. Das fiktive Kapital bildet ein besonderes Feld für Betrügereien und alle möglichen Spekulationsgeschäfte.