Finanzierungskosten
Zum Herstellungsaufwand i. S. von § 249 Satz 2 BGB gehören auch Kosten für die Inanspruchnahme von Fremdmitteln durch den Geschädigten zwecks Finanzierung der Instandsetzung seines beschädigten Kraftfahrzeugs und zur Anmietung eines Ersatzfahrzeugs, soweit ihm die Herstellung nur durch Aufnahme von Fremdmitteln möglich oder zuzumuten ist.
Zur Frage, ob und inwieweit Finanzierungskosten erforderlich waren.
Anmerkung: Der Leitsatz lässt nicht erkennen, dass es sich bei diesem Urteil um ein Folge-Urteil der Entscheidung desselben Senats vom selben Tage Unfallhelfer-Ring handelt. In jenem Urteil hat der BGH die zwischen Abschlepp-, Mietwagenunternehmer und Finanzierungsbank organisierte Unfallhilfe als erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung nach dem Rechtsberatungsgesetz bezeichnet; dort handelte es sich um einen durch einen Frankfurter Kfz-Schnelldienst vermittelten Unfallkredit einer Frankfurter Finanzierungsbank, zu dessen Sicherung die Schadensersatzforderungen abgetreten worden waren. Der BGH hat dort diese Zession für nichtig erklärt. Im hier zu besprechenden Fall hatte jener Kfz-Schnelldienst einem Ge- schädigten ebenso einen Kredit jener Bank vermittelt. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte dessen Klage auf Ersatz seiner Kreditkosten abgewiesen, weil der Kreditvertrag wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei, der Kläger daher mit den Kreditkosten nicht rechtsgültig belastet worden sei. Diesen Abweisungsgrund hat der BGH nicht gebilligt.
Der BGH verweist auf sein Urteil BGHZ 61, 317 Nr. 22 zu § 1 RechtsberatG, nach dessen Grundsätzen es sich in der Tat um eine nicht erlaubte Rechtsberatung gehandelt habe, weshalb der vom Kläger abgeschlossene Kreditvertrag rechtsunwirksam sein würde. Doch entscheidet der BGH diese Frage nicht abschließend; denn die Nichtigkeit des Kreditvertrages würde nicht schon dazu führen, dass der Ersatzanspruch wegen der Finanzierungskosten deshalb ohne weiteres entfallen würde. Das hier zu besprechende Urteil zeigt, dass der BGH trotz seines Verdikts einer Unfallhilfe, das sich auch gegen eine im Ring eingeschaltete Finanzierungsbank richtet, nicht so weit geht, darunter auch den Geschädigten leiden zu lassen. Grundsätzlich erkennt ihm der BGH, mag auch sein Darlehns- vertrag mit der Bank nichtig sein, den Anspruch auf Erstattung der von ihm aufzuwendenden Kreditkosten zu. Denn maßgebend ist auch hier die den Umfang der Ersatzpflicht bestimmende Norm des § 249 Satz,2 BGB: zu ersetzen ist, was zur Beseitigung des Schadens erforderlich war. Das aber ist, wie der Senat schon in BGHZ 54, 82 erklärt hat, der objektiv zu bemessende. Betrag, d. h. der Betrag, den ein verständiger Fahrzeugeigentümer - in der besonderen Lage dieses Geschädigten, insofern also durchaus subjektbezogen - machen würde. Das, was gerade dieser Kläger seiner Bank gezahlt hat, kann zwar, muss aber nicht erforderlich gewesen sein. Allerdings ist es oft ein Anhalt dafür, was objektiv erforderlich gewesen war.
Mit dieser konsequenten Anwendung der in BGHZ 54, 82 aufgestellten Grundsätze zu § 249 Satz 2 BGB kommt der BGH um den an sich nahe liegenden Satz herum, dass die vom Geschädigten aufgewandten Finanzierungskosten doch nichts anderes als ein ihm vom Schädiger zu ersetzender Verzugsschaden sei. Diesen Satz schiebt das neue Urteil keineswegs beiseite; der Geschädigte kann daher, wenn er Verzug dartun kann, die von ihm konkret aufgewandten Finanzierungskosten in voller Höhe ersetzt verlangen. Er ist jedoch - und das ist das Entscheidende des neuen Urteils - auf diese Anspruchsgrundlage nicht angewiesen, sondern kann sich auch auf Satz 2 des § 249 BGB stützen. Dies muss ihm trotz § 286 BGB offen stehen, wie das Urteil überzeugend an dem Fall demonstriert, in welchem der Schädiger deshalb zunächst nicht in Verzug ist, weil er den Unfall gar nicht bemerkt hat und vom Geschädigten erst nach längerer Zeit ermittelt werden konnte. Weder kann ihm in diesen Fällen zugemutet werden, mit der Reperatur usw. zu warten, bis der Schädiger ermittelt ist, noch liegt es in dessen Interesse, weil häufig mit jedem Zuwarten der Schaden sich vergrößert.
Wenn der BGH auf diese Weise die Rechtsstellung des Geschädigten verbessert, so schränkt er sie jedoch in einer für die Praxis bedeutsamen Weise sogleich wieder ein. Nicht ohne weiteres darf der Geschädigte, will er wie ein wirtschaftlich denkender Halter verständig vorgehen, sich der ihm von den Unfallhelfern so bereitwillig, angebotenen Finanzierungshilfe bedienen. Vielmehr verlangt der BGH von ihm den Nachweis, dass die Inanspruchnahme eines Kredits in Anbetracht von Art und Ausmaß der Fahrzeugschäden sowie der Umstände, in denen er von dem Schaden betroffen worden war, wirklich erforderlich war. Stehen ihm etwa eigene Mittel zur Verfügung, so muss er sie angreifen - unbeschadet seines Rechts, vom Schädiger demnächst etwaigen Zinsverlust ersetzt zu verlangen. Er muss also vorübergehend in Vorlage treten, Auch darf er, wenn er finanzieren lassen muss, nur diejenige. Finanzierungsart wählen, die am wirtschaftlichsten ist. Hat er z. B. die Möglichkeit, bei seiner Bank, Sparkasse usw. einen billigeren Kontokorrentkredit zu bekommen, so muss er zunächst diesen in Anspruch nehmen, darf er etwa sein Gehaltskonto zu einem verhältnismäßig niedrigen Zinssatz überziehen, so muss er dies tun. All diese Umstände hat er zu beweisen - nicht etwa ist es Sache des Schädigers, dem Geschädigten nachzuweisen, dass er bei Inanspruchnahme des Kredits seine Schadenminderungspflicht verletzt habe.
Diese Grundsätze hat der BGH in vier weiteren Urteilen vom selben Tage, in denen der jeweilige Kläger ebenfalls über einen Unfallhelfer seine Schäden bei jener Frankfurter Bank hatte finanzieren lassen, ebenso angewandt. In all diesen Urteilen hat er dem Berufungsgericht aufgegeben, zu prüfen, inwieweit der jeweilige Kläger auf die Inanspruchnahme des Kredits wirklich angewiesen war oder sich lediglich dazu durch den Unfallhelfer hat überreden lassen und ob ihm, falls er finanzieren musste, nicht günstigere Kreditquellen zur Verfügung gestanden haben.