Finanzkapital

Finanzkapital - das miteinander verschmolzene Kapital der Großindustrie und der Großbanken, das aus der Konzentration und Zentralisation des Kapitals und den hierauf beruhenden Monopolen hervorgeht; i. w. S. auch die Verschmelzung des Großindustrie- und Großbankenkapitals einerseits mit großen Kapitalen in anderen Wirtschaftszweigen (Transport, Handel, Versicherungen usw.) andererseits. Das Finanzkapital ist ein wesentliches ökonomisches Merkmal des Imperialismus. - Die Entstehungsgeschichte des Finanzkapital zeigt, dass oftmals führende Industriefirmen bereits an der Gründung von Großbanken maßgeblich beteiligt waren, z. B. Siemens an der Gründung der Deutschen Bank, und z. T. auch nachträglich von Monopolfirmen der Industrie Anteile am Kapital führender Banken erworben wurden. Die Ursache hierfür war u. a., dass die Industriekonzerne an der raschen Beschaffung hoher Geldkapitale möglichst von einer Stelle aus interessiert waren. Umgekehrt waren die Banken, die solche Riesenmittel beschafften, an ihrer Sicherung und Profit bringenden Verwertung im Rahmen dieser Konzerne interessiert. Sie nahmen daher ihrerseits in steigendem Maße Einfluss auf die Geschäftspolitik der Großindustrie, z. B. durch Aktienerwerb, Kreditbedingungen usw. Juristisch ist der gesamte Umfang der Verflechtung zwischen Großbanken und Großindustrie meist nur schwer nachweisbar. Sie tritt aber bes. offen in der wechselseitigen Besetzung von Aufsichtsratposten in Erscheinung. Im Ergebnis der Verschmelzung von Großindustrie und Großbanken wird anschließend eine Trennung zwischen dem großen Industrie- und dem großen Bankkapital praktisch unmöglich. Manchmal scheint eine bestimmte Grossbank das Finanzzentrum einer oder mehrerer Monopolgruppen zu sein. Doch gilt das nicht generell. Die drei Hauptnachfolger der IG-Farbenindustrie z. B. tätigen heute in der BRD laufend große Geschäfte mit sämtlichen Großbanken und deren Tochterfirmen. Die Frage, ob innerhalb des Finanzkapitals das Industrie- oder das Bankkapital größeren Einfluss habe, ist daher sekundärer Natur. Sie muss bei einzelnen Gruppen des Finanzkapitals von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden. Generell handelt es sich beim Finanzkapital weder um die Vorherrschaft der Banken über die Industrie noch umgekehrt. Die Entwicklung des Finanzkapital führt zur Herausbildung der Finanzoligarchie, einer mächtigen, ökonomisch und politisch herrschenden kleinen Gruppe von Wirtschaftsmagnaten aus Großindustrie und Großbanken, die praktisch auch über das Kapital der übrigen Kapitalisten mehr und mehr verfügen. - Vor. 1900 wurde der Ausdruck Finanzkapital in der Regel im Sinne von Bankkapital, Versicherungskapital u. a. gebraucht; in der bürgerlichen Wirtschaftsliteratur wird er vielfach auch heute noch in diesem Sinne benutzt.