Fremdenverkehr

Eine Beeinträchtigung der Zweckbestimmung des Gebiets für den Fremdenverkehr ist nicht nur dann gegeben, wenn das Gebiet für den Fremdenverkehr überhaupt nicht mehr zur Verfügung steht. Von einer Beeinträchtigung ist auch dann zu sprechen, wenn die Belange des Fremdenverkehrs durch die Umwandlung von Wohnungen und Beherbergungsbetrieben in Zweitwohnungen negativ berührt werden, weil etwa das Angebot an Fremdenbetten zurückgeht. Dabei verlangt § 22 Abs. 2 Satz 2 für den Erlass der Satzung bzw. einer entsprechenden Festsetzung im Bebauungsplan nicht, dass eine solche Beeinträchtigung bereits eingetreten ist; es reicht vielmehr aus, dass die Möglichkeit einer Beeinträchtigung besteht. Diese Möglichkeit ist freilich theoretisch fast überall gegeben. Im Hinblick auf die schwerwiegenden Eingriffe in die Verfügungsbefugnisse des Eigentümers muss man verlangen, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass ohne eine derartige Satzung der Fremdenverkehr einen Nachteil durch die Schaffung von Wohnungseigentum, insbesondere zum Zweck der Nutzung als Zweitwohnungen, erfahren würde. § 22 Abs. 2 Satz 2 stellt nicht nur auf die vorhandene, sondern auch auf die vorgesehene Zweckbestimmung des Gebiets für den Fremdenverkehr ab. Die vorgesehene Zweckbestimmung kann zunächst durch einen Bebauungsplan oder auch durch den Flächennutzungsplan erfolgen. Ferner ist es möglich, dass die Bestimmung auch auf andere Weise erfolgt, etwa durch einen Stadtentwicklungsplan oder eine ähnliche Planungsmaßnahme. Es muss sich jedenfalls um eine bereits konkretisierte Planung handeln, die die Grundlage für weitere städtebauliche Maßnahmen darstellen soll. Planentwürfe oder ähnliche unverbindliche Gestaltungsvorstellungen reichen nicht aus, um eine Zweckbestimmung im Sinne des § 22 Abs. 2 zu begründen. § 22 Abs. 2 Satz 2 verlangt weiter, dass die geordnete städtebauliche 1 Entwicklung beeinträchtigt wird. Dies ist nach den Gesetzesmaterialien der Fall, wenn in Kur- und Erholungsgemeinden keine gleichwertigen Gebiete für den Fremdenverkehr vorhanden sind oder, z. B. durch Neuausweisung, bereitgestellt werden können. Diese Beispiele erschöpfen aber die mögliche Beeinträchtigung der geordneten städtebaulichen Entwicklung nicht. Eine derartige Beeinträchtigung ist immer dann anzunehmen, wenn ein durch den Fremdenverkehr geprägtes Baugebiet dadurch seiner städtebaulichen Funktion beraubt wird, dass in größerem Umfang Wohngebäude und Beherbergungsbetriebe in Appartementhäuser umgewandelt werden; dies gilt auch dann, wenn in der Gemeinde noch genügend Baugelände vorhanden ist, sa dass theoretisch an anderer Stelle noch neue Baugebiete für Zwecke des Fremdenverkehrs ausgewiesen werden könnten. Denn die geordnete städtebauliche Entwicklung wird auch dadurch beeinträchtigt, dass ein Baugebiet faktisch umgewandelt wird, ohne dass ein entsprechender Planungswille der Gemeinde gegeben ist und außerdem noch zusätzlich ein vermeidbarer Verbrauch an Landschaft eintreten kann, wenn wegen der Strukturveränderungen in den Fremdenverkehrsgebieten neues Baugelände für Zwecke des Fremdenverkehrs zur Verfügung gestellt werden muss. Die Beeinträchtigung der städtebaulichen Entwicklung braucht sich nicht auf die Gemeinde insgesamt zu beziehen, es reicht aus, wenn sie für einen Teilbereich der Gemeinde droht.

§ 22 Abs. 2 Satz 3 definiert, wann eine Zweckbestimmung für den Fremdenverkehr gegeben ist. Dies ist im Geltungsbereich eines Bebauungsplans nach der ersten Alternative dieser Vorschrift der Fall, wenn das Gebiet als Kurgebiet, Gebiet für die Fremdenbeherbergung, Wochenend- oder Ferienhausgebiet festgesetzt ist. Diese Zusammenstellung der Gebiete, die als Gebiet mit Fremdenverkehrsfunktion angesehen werden, ist zumindest teilweise zweifelhaft. Ein Baugebiet Gebiet für Fremdenbeherbergung ist in der BauNVO nicht vorgesehen, könnte aber nach § 10 Abs. 1 BauNVO festgesetzt werden, da der dortige Katalog nicht abschließend ist. Bei Wochenendhausgebieten ist eine Nutzung zu Fremdenverkehrszwecken, d. h. zur Vermietung an Dritte, zwar möglich, aber keinesfalls die Regel. Der größte Teil der Eigentümer von Wochenendhäusern nutzt diese selbst und stellt sie nicht für die Beherbergung von Fremden zur Verfügung, so dass durch eine Umwandlung solcher Gebäude in Eigentumswohnungen die Belange des Fremdenverkehrs gar nicht beeinträchtigt werden. Demgegenüber sind Kurgebiete vollständig und Ferienhausgebiete gemäß § 10 Abs. 4 BauNVO zumindest überwiegend die Unterbringung von Fremden bestimmt, so dass bezüglich dieser Baugebiete eine Möglichkeit zur Verhinderung von Zweitwohnungen durchaus sinnvoll ist. Im nicht beplanten Innenbereich gemäß § 34 ist die Zweckbestimmung für den Fremdenverkehr anzunehmen, wenn der Bereich, der von der Satzung erfasst wird, nach seiner tatsächlichen Bebauung einem Kurgebiet, Gebiet für die Fremdenbeherbergung, Wochenend- oder Ferienhausgebiet entspricht; es gelten insoweit dieselben Grundsätze wie im beplanten Bereich. Außerdem wird in § 22 Abs. 2 Satz 3 dritte Alternative eine Zweckbestimmung für den Fremdenverkehr angenommen bei Baugebieten, die durch Beherbergungsbetriebe und Wohngebäude mit gewerblicher Zimmervermietung geprägt werden. Eine gewerbliche Zimmervermietung im Sinne des §22 Abs. 2 Satz 3 verlangt nicht, dass es sich um eine gewerbsmäßig ausgeübte Tätigkeit handelt; maßgeblich ist allein, dass eine Gewinnerzielung beabsichtigt wird. Auch die Vermietung von einzelnen Fremdenzimmern in Privathäusern ist in diesem Sinne daher gewerblich, auch wenn sie nicht von § 1 GewO erfasst wird. Die dritte Alternative des § 22 Abs. 2 Satz 3 gilt gleichermaßen im beplanten wie auch im nicht beplanten Innenbereich, also auch in durch Bebauungsplan ausgewiesenen Wohn-, Dorf- oder Mischgebieten, soweit die Fremdenbeherbergung maßgeblichen Einfluss auf den Gebietscharakter hat. § 22 enthält nur in Absatz 3 einige Verfahrensvorschriften, die das Rechtssetzungsverfahren regeln. Auffallend ist, dass keinerlei Bürgerbeteiligung oder Bürgeranhörung vorgesehen ist, obwohl eine Satzung nach § 22 Abs. 1 und 2 zu einer beträchtlichen Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten eines Gebäudes in einem Ort mit Fremdenverkehrsfunktion führen kann. Die formellen Anforderungen an das Verfahren zur Aufstellung einer Satzung nach § 22 Abs. 2 ergeben sich ausschließlich aus dem jeweiligen Kommunalrecht. Die Satzung ist - ebenso wie ein Bebauungsplan - der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen. Diese kann innerhalb einer Frist von 3 Monaten Rechtsfehler, die das Verfahren oder den Inhalt der Satzung betreffen, rügen. Vor Ablauf dieser 3-Monats-Frist darf die Satzung nur bekannt gemacht und damit in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde erklärt, dass sie keine Verletzung von Rechtsvorschriften geltend macht. Für die Bekanntmachung der Satzung stehen nach § 22 Abs. 3 Satz 2 und 3 zwei Alternativen zur Verfügung. Die Gemeinde kann entweder gemäß § 22 Abs. 3 Satz 2 die Satzung als solche und das Anzeigeverfahren ortsüblich bekannt machen. Sie kann stattdessen auch gemäß § 22 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 12 nur die Durchführung des Anzeigeverfahrens bekannt machen und die Satzung zur Einsicht bereithalten; in der Bekanntmachung ist anzugeben, wo die Satzung eingesehen werden kann.