Fremdverschuldete Ausfälle

Nutzungsausfall für ein beschädigtes Kraftfahrzeug kann nicht fordern, wer über mindestens ein zweites derzeit ungenutztes Fahrzeug verfügt, dessen ersatzweiser Einsatz ihm zuzumuten ist.

Zur Erstattungsfähigkeit von Vorhaltekosten für Ersatzfahrzeuge.

Die Klägerin befasst sich mit dem Vertrieb von Möbeln und unterhält zu diesem Zweck einen größeren Fuhrpark an Möbelwagen. Eines dieser Fahrzeuge wurde am 10. 8. 1970 durch Verschulden des Erstbekl., der hinsichtlich seines am Unfall beteiligten Kfz, bei der Zweitbeklagte haftpflichtversichert war, bei einem Zusammenstoßbeschädigt. Über die Haftung der Beklagten für die Schäden am Möbelwagen besteht kein Streit mehr: Bis zur Behebung dieser Schäden war der Möbelwagen jedoch ferner an 30 Arbeitstagen nicht betriebsbereit. Für diesen Nutzungsausfall verlangt die Klägerin eine Entschädigung von 30 X 100 3000 DM.

Die Klage wurde von beiden Vorinstanzen abgewiesen. Die zugelassene Revision hatte keinen Erfolg.

Aus den Granden: Das Berufsgericht stellt fest, dass der Fuhrpark der Klägerin in den umsatzstärksten Monaten etwa 50% mehr ausgelastet war als zur Zeit der Reparatur.

Daher habe die Klägerin den Ausfall des Unfallwagens durch Einsatz anderer Fahrzeuge überbrücken können, ohne dass dadurch ihre Kapazitätsreserve fühlbar geschmälert oder die Fahrbereitschaft des Fuhrparks merklich beeinträchtigt gewesen wäre. Ihre jeweils in Reserve stehenden Fahrzeuge habe sie nach eigener Darstellung auch bei anderen als fremdverschuldeten Ausfällen eingesetzt. Auch habe die Kläger nicht, wie erforderlich, dargetan, wie hoch der Anteil von Einsätzen für fremdverschuldete Unfälle im Verhältnis zu solchen aus anderem Anlass sei. Als richtig unterstellt das Berufsgericht zugunsten der Klägerin, dass sie wegen der Schwierigkeit, ihrem Betriebszweck angepasste Fahrzeuge mietweise zu erhalten, für fremdverschuldete Ausfälle Fahrzeuge in Reserve halte. Gegen diese tatsächliche Grundlage der angefochtenen Entscheidung hat die Revision nichts erinnert

Bei diesem Sachverhalt hält das Berufsgericht die Klage für nicht begründet. Es anerkennt zwar unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH grundsätzlich die Ersatzfähigkeit von Vorhaltekosten zur Abwehr von fremdverschuldeten Fahrzeugausfällen; hält aber hier die besonderen. Voraussetzungen nicht für gegeben. Auch für eine pauschal zu bemessende Entschädigung für die vorübergehende Gebrauchsentbehrung sieht es nach der Sachlage keinen Rechtsgrund.

Diese Ausführungen des Berufsgerichts halten der rechtlichen Prüfung stand.

Der Klage wäre der Erfolg nicht zu versagen, wenn - wie die Revision wohl meint - die unfallbedingte zeitweise Gebrauchsunfähigkeit eines Kfz schlechthin einen Entschädigungsanspruch auslösen musste. Das trifft aber nicht zu.

Zwar hat die Rechtsprechung des BGH seit der Grundsatzentscheidung BGHZ 40, 345 = NJW 1964, 542 = vorstehend Nr. 17a anerkannt, dass für den vorübergehenden Nutzungsausfall eines Kfz Ersatz auch dann gefordert werden kann, wenn der Geschädigte keinen Mietwagen in Anspruch genommen, sich vielmehr mit der durch die Schädigung bedingten Einschränkung bzw. Erschwerung seiner Bewegungsfreiheit für den entsprechenden Zeitraum abgefunden hat. Aber auch hier hat der erkennende Senat immer daran festgehalten, dass der Ausfall des Fahrzeugs zu einer fühlbaren vermögenserheblichen Entbehrung geführt hat. Eine Entbehrung und damit ein wenn auch betragsmäßig nicht ohne Schwierigkeiten zu erfassender Vermögensschaden entsteht aber nicht, wenn der Geschädigte das Fahrzeug ohnedies nicht nutzen wollte oder konnte. Auch dort hat der BGH am Grundsatz der Subjektbezogenheit des Schadens festgehalten. Ihn betont auch das von der Revision zu Unrecht für ihren Standpunkt herangezogen Senatsurteil vom 16. 10. 1973.

In gleicher Weise kann es unter Umständen dem Schädiger zugute kommen, dass der Geschädigte sonst ein zweites Fahrzeug ungenutzt gelassen hätte und ihm dessen ersatzweise Benutzung in der Zwischenzeit auch im Übrigen zuzumuten war. Dann nämlich hat er ebenfalls keinen füllbaren Ausfall erlitten. Dabei bedarf es hier keiner Entscheidung darüber, ob dieses Ergebnis dogmatisch aus einer saldierenden Betrachtungsweise herzuleiten ist, nach der der Geschädigte insoweit schon deshalb keinen Ausfall erlitten hat, weil der Verlust der Nutzung an dem beschädigten Fahrzeug durch den nunmehr sinnvoll gewordenen Gebrauch des bisher brachliegenden Ersatzfahrzeugs ausgeglichen wird oder aus dem Grundsatz des § 254 II 1, 2. Var. BGB: wer eine zumutbare Schadensabwendung unterlassen hat, darf den nur deshalb fortbestehenden Schaden nicht geltend machen. Beide Betrachtungsweisen führen nicht durch Zufall zum gleichen Ergebnis.

Diese Erwägungen betreffen zunächst die Fälle der Beschädigung eines privat genutzten Pkw, an denen die erwähnte Rechtsprechung zur pauschalen Entschädigung von Nutzungsausfall entwickelt worden ist. Ob und inwieweit sie auf gewerbliche Nutzfahrzeuge entsprechend angewandt werden können, ist im vorliegenden Rechtsstreit erörtert worden, bedarf aber keiner Entscheidung. Auch eine pauschal berechnete Entschädigung für Nutzungsausfall könnte bei einem gewerblichen Nutzfahrzeug jedenfalls dann nicht zugebilligt werden, wenn sie nach den Umständen schon dem Eigentümer eines privaten Pkw versagt werden müsste. Solche Umstände liegen hier vor. Denn nach den unangefochtenen Feststellungen des Berufsgerichts konnte die Klägerin zur Reparaturzeit ohne Schwierigkeit aus dem Rest ihres fast zur Hälfte unausgenutzten Fuhrparks Ersatz beschaffen.

Das angefochten Urteil hat erwogen, ob sich dagegen aus dem Urteil des BGH, NJW 1966, 589 vorstehend Nr. 17 Bedenken ergeben könnten, hält aber dafür, dass diese Entscheidung auf den Besonderheiten des damals zu entscheidenden Falles beruht. Das trifft zu, denn die erwähnte Entscheidung wird wesentlich durch die Lage des Unternehmers eines Linienverkehrs mit Autobussen getragen, der schon vermöge der an ihn gestellten besonderen Anforderungen zur Erhaltung einer belastbaren Betriebskapazität gehalten ist.

Damit könnte die Klage nur unter: dem Gesichtspunkt der Erstattung von so genannten Vorhaltekosten begründet sein. Auch das hat das Berufsgericht - insoweit ohne Angriff der Revision - abgelehnt. Auch der von Amts wegen vorzunehmenden sachlichrechtlichen Prüfung hält dies im Ergebnis stand.

In der Rechtsprechung begegnen seit langem Entscheidungen dahin, dass der Geschädigte auch solche Aufwendungen erstattet verlangen kann, die er in Voraussicht künftiger unerlaubter Handlungen zur Abwendung oder Minderung von deren Schadensfolgen gemacht hat, wenn sich im Einzelfall solche Vorsorge ausgewirkt hat. Der erkennende Senat hat das gerade auch in Bezug auf die Reservehaltung von Fahrzeugen schon in einem Urteil mit eingehender Begründung ausgesprochen. Demnach sind solche vorsorglichen Aufwendungen zwar nicht eigentlich durch das Schadensereignis verursacht. Sie stellen aber pflicht- und zweckmäßige Maßnahmen der Schadensminderung dar, für die der Schädiger grundsätzlich aufzukommen hat; es verstieße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn er sich darauf berufen dürfte, dass die eben durch seine Verfehlung als berechtigt erwiesene Vorsorge aus früherer Sicht noch nicht zwingend geboten gewesen war.

Dieser Rechtsprechung will das Berufsgericht folgen, hat aber trotzdem die Abweisung der Klage bestätigt. Dies beruht auf seiner Feststellung, dass die eingesetzten Reservefahrzeuge nicht ausschließlich für fremdverschuldete Ausfälle vorgehalten worden sind, dass die Klägerin nicht dargetan hat, in welchem Umfang ihre Reservehaltung für den Ausgleich fremdverschuldeter Ausfälle bestimmt ist, und schließlich auch nicht vorgetragen hat, dass im gegebenen Fall der Rückgriff auf für fremdverschuldete Ausfälle gehaltene Fahrzeugreserven notwendig geworden sei. Die Klägerin dürfe nämlich nicht auch ihr allgemeines Betriebsrisiko auf die Beklagten abwälzen. Auch hier ist kein Rechtsfehler zu erkennen.

Dabei kann dahinstehen, ob an der bisherigen Rechtsprechung des Senats in vollem Umfange festzuhalten ist, wonach das eingesetzte Reservefahrzeug gerade für das Auffangen fremdverschuldeter Ausfälle bestimmt gewesen sein muss. Eine getrennte Haltung von für fremdverschuldete und für aus anderen Gründen zu gewärtigende Ausfälle bestimmten Reservebeständen und sonstigen Vorkehrungen mag wirtschaftlich eher femliegen. Es könnte daher wohl genügen, dass der Umfang der Reservehaltung mit Rücksicht auf fremdverschuldete Ausfälle messbar erhöht ist, und dass diese zusätzliche Reserve im, gegebenen Fall zum Tragen gekommen ist, wobei die Vorschrift des § 287 ZPO der richterlichen Schätzung angemessenen Spielraum bieten kann.

Aber auch bei dieser Betrachtungsweise hat das Berufungsurteil Bestand. Dies ergibt sich schon aus der Feststellung, dass die Klägerin über den Umfang der fremdverschuldeten Fahrzeugausfälle und eine damit Erhöhung des Fuhrparks keinerlei Angaben gemacht hat. Darüber hinaus, ist nach der Lebenserfahrung mit Sicherheit auszuschließen, dass der Fuhrpark auch nur annähernd in dem Umfange, in dem er während der Reparaturzeit ungenutzt war, der Vorsorge gegen fremd- verschuldete Ausfälle von Möbelwagen zu dienen bestimmt war. Sollte also überhaupt eine solche zusätzliche Reserve gehalten worden sein, dann wäre sie nicht für die Gefahr von fremdverschuldeten Unfällen in der ohnehin geschäftsarmen Saison bestimmt gewesen und damit im vorliegenden Falle auch nicht zum Tragen gekommen. Es wäre nämlich der Klägerin auch ohne eine zusätzliche Reservehaltung durch den Nutzungsausfall nach den eingangs dargelegten Grundsätzen kein ersatz- fähiger Schaden entstanden, und deshalb kann es auch nicht gerechtfertigt sein, die Vorhaltekosten nachträglich ganz oder teilweise auf den Schädiger abzuwälzen.