Gasleitung

Die Klägerin verlangt von der Beklagten als Betreiberin der Gaswerke Ersatz für den Schaden, der ihr aus einer 1968 erfolgten, auf eine Explosion im Kellergeschoß zurückzuführenden Zerstörung ihres Hauses entstanden ist. 1968 wurden in der Straße auf Veranlassung der Bundesbahn als Auftraggeberin Arbeiten für die im Bau befindliche S-Bahn ausgeführt. Mit der Herstellung des Tunnels war eine aus mehreren Baufirmen bestehende Arbeitsgemeinschaft beauftragt. Sie war damit beschäftigt, die der seitlichen Begrenzung und Abstützung dienenden sog. Schlitzwände zu errichten. Diese waren bis zu einer Entfernung von etwa 50 m vom Hause der Kläger auf der gegenüberliegenden, südlichen Straßenseite fertig gestellt. Da die Abwasserleitung innerhalb des künftigen Tunnels lag, wurde sie durch eine nahe dem Haus der Kläger verlaufende provisorische Kanalisationsleitung ersetzt. Die dafür notwendigen Arbeiten waren einer Unterarbeitsgemeinschaft übertragen. Diese hatte vor den Häusern einen etwa 5 m tiefen und 1,5 m breiten Arbeitsschacht ausgehoben, von dem aus Querstollen vorgetrieben waren, um die Häuser an die provisorische Abwasserleitung anzuschließen. Durch den Arbeitsschacht war die von der Hauptgasleitung abzweigende, auf das Haus der Kläger zulaufende, seit dem Jahre 1932 vorhandene und etwa 38 mm starke Gasleitung teilweise freigelegt worden. Sie stieg in diesem Teil von etwa 2 m auf 1,5 m unterhalb der Straßenoberfläche an. Im nicht freigelegten, etwa 3 m langen Bereich zwischen Schacht und Hauswand bestand sie aus zwei Teilen, die - etwa 1,3 m von der Schachtwand entfernt - ursprünglich durch eine aufgeschraubte, vor dem Explosionsunfall jedoch in ihren Schraubwindungen bereits abgerüstete Muffe verbunden gewesen waren. Zur Koordinierung der verschiedenartigen Arbeiten hatten Besprechungen stattgefunden, in deren Verlauf u. a. die städtischen Dienststellen der Versorgungseinrichtungen den Bestand ihrer Leitungen in sog. Spartenpläne eingetragen hatten. Zeitweilig war dabei eine provisorische Verlegung auch der innerhalb des künftigen Tunnels liegenden Hauptgasleitungen und ihrer Hausanschlüsse erörtert worden.

Eine sofortige Umlegung der Gasleitung unterblieb ebenso wie die von der Beklagten geplante Auswechslung der Gas- und Hausanschlussleitungen durch neue Rohre. Nachdem der Arbeitsschacht mit Kies verfüllt, bis zur Höhe der Gasleitung festgestampft und darüber eingeschlämmt worden war, ereignete sich am 20. 11. 1968 im Haus der Kläger eine Explosion, durch die dieses Haus nahezu zerstört wurde.

Die Kläger hält aus der schadhaften Muffe ausgetretenes Gas für die Explosionsursache und meint, die Beklagte sei wegen mangelnder Überwachung der Gasleitungen und der Bauarbeiten für den Schaden verantwortlich. Mit ihrer Klage hat sie Mietausfall, Wiederherstellungskosten und Ersatz für zerstörte Einrichtungsgegenstände gefordert, ferner die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten für weiteren Schaden. Das Landgericht hat Grundurteil zugunsten der Kläger erlassen. Das Oberlandesgericht hat bestätigt. Auch die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Zutreffend lässt das Berufsgericht dahingestellt, ob das zur Unfallzeit durch die Gaswerkssatzung der Stadt geregelte Leistungs- und Versorgungsverhältnis zwischen den Parteien öffentlich- rechtlicher oder privatrechtlicher Natur war. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH beurteilen sich im Bereich kommunaler Leistungen der Daseinsvorsorge (Gas, Elektrizität, Wasser, Abwasserbeseitigung) die Ansprüche der Benutzer auf Schadensersatz wegen einer Verletzung des Gasversorgungsverhältnisses auch dann nach sinngemäß anzuwendenden privatrechtlichen Normen, wenn dieses Verhältnis öffentlichrechtlich geregelt ist.

Dem Berufsgericht ist weiter darin zu folgen, dass die Haftung der Beklagten für die hier geltend gemachten Schäden weder durch die Freizeichnungsklausel in der Gaswerkssatzung noch durch die Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Gas aus dem Versorgungsnetz ausgeschlossen ist, weil sich beide Regelungen nicht auf die - vom Berufsgericht angenommene - schuldhafte Verletzung der Pflicht zur Überwachung und Instandhaltung des Rohrnetzes beziehen.

Die Auslegung der Satzungsklausel ist vom RevGer. unbeschränkt nachprüfbar, weil Regelungen gleichen Inhalts in vergleichbaren Satzungen anderer Kommunen verwendet werden und auch Bestandteil der oben genannten Allgemeinen Bedingungen.. sind. Klauseln dieser Art begrenzen die vom Gesetz an sich beschränkt vorgesehene Haftung und sind deshalb grundsätzlich eng auszulegen. Die gegenteilige Auffassung der Revision beruht ersichtlich auf einem Missverständnis der von ihr zitierten Entscheidungen in BGHZ 64. Auch dort wird die Notwendigkeit enger Auslegung nicht in Zweifel gezogen, sondern nur ausgeführt, dass im Rahmen des Geltungsbereichs der Klausel die Freizeichnung alle für den Schaden verantwortlichen Ursachen und Handlungen einschließlich deliktischer erfasse,

Der Wortlaut der hier verwendeten Klausel mit dem beispielhaften Hinweis auf Lieferungsmängel, die Stellung der Regelung der Satzung und die Abwägung der beiderseitigen Interessen lassen nur eine Auslegung zu, die den Haftungsausschluss auf die aus der Unterbrechung oder aus Unregelmäßigkeiten der Gaszufuhr typischerweise entstehenden Schäden begrenzt. Darum handelt es sich hier aber nicht. Der Bell. wird vorgeworfen, durch mangelnde Überprüfung oder nicht rechtzeitige Auswechslung einer schadhaft gewordenen Gasleitung eine Explosion verschuldet zu haben. Eine sich hieraus ergebende Haftung wird durch die Freizeichnungsklausel nicht erfasst. Ob die Haftungseinschränkung darüber hinaus auch wegen grob fahrlässigen Verhaltens der Beklagten entfiele, bedarf unter diesen Umständen keiner Entscheidung mehr..

Das Berufsgericht hält es für bewiesen, dass die Explosion nicht durch die im Keller des Hauses gelagerten Farben und Lösungsmittel verursacht worden sei. Nach dem Gutachten des Sachverständigen wären dazu mindestens 501 Leichtbenzin erforderlich gewesen, die vier Stunden vor dem Unglück im Keller hätten auslaufen müssen. Dort hätten sich aber nur fünf bis sechs Dosen Farbe oder Sprühlack sowie 21 Nitroverdünnung befunden. Im Übrigen gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Flüssigkeiten nachts ausgelaufen wären.

Die Revision rügt zu Unrecht, das Berufsgericht habe bei dieser Beweiswürdigung den auf eine gutachtliche Stellungnahme des zweiten Sachverständigen gestützten Vortrag der Beklagten übergangen, nach welchem schon eine geringe Menge an Lösungsmitteldämpfen oder Lösungsmitteln gewaltige Explosionen hervorrufen könne. Die ausdrückliche Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen war nicht erforderlich, weil das Berufsgericht sich dem ersten Gutachten angeschlossen hat. Dieses hat auf Grund eingehender Berechnungen und an Hand der Feststellungen über die vorgefundenen Flüssigkeiten eine Lösungsmittelexplosion gerade ausgeschlossen und damit die Ansicht des zweiten Gutachtens zurückgewiesen, die sich nicht auf die tatsächlichen Verhältnisse am Unfallort stützte, sondern nur eine angeblich allgemeine Erfahrung über die Sprengkraft von Lösungsmitteln wiedergab.

Unbegründet ist auch die weitere Rüge der Revision, das Berufsgericht habe sich nicht mit den Stellungnahmen des Gaswärmeinstituts und des TÜV auseinandergesetzt, die die Beklagten in erster Instanz vorgelegt und in zweiter Instanz in Bezug genommen habe. Dasselbe gelte für eine Zeitungsmeldung über eine durch ausgelaufenes Benzin verursachte Explosion in einer Garage. Das Berufsgericht hat alle Einwendungen gegen den eine Lösungsmittelexplosion behandelnden Teil des ersten Gutachtens mit der Begründung zurückgewiesen, sie gingen hinsichtlich der im Keller gelagerten Lösungsmittel von einer größeren als der in der Beweisaufnahme festgestellten Menge aus. Dass die Beklagten nur derartige Einwendungen geltend gemacht hat, ist eine tatbestandliche Feststellung des Tatrichters, die nur durch eine hier nicht beantragte Tatbestandsberichtigung hätte geändert werden können.

Unter diesen Umständen bestand für das Berufsgericht kein Anlass, zur Frage der Lösungsmittelexplosion ein weiteres Gutachten eines anderen Sachverständigen einzuholen. Die Beklagten hat nicht dargetan, welche besseren, überlegenen Erkenntnismittel einem anderen Gutachter zur Verfügung gestanden hätten.