Gaststättennutzungsvertrag

Ob in dem Wegfall des Gaststättennutzungsvertrages ausnahmsweise ein außergewöhnlicher, außerhalb des Verantwortungsbereichs des Gastwirts liegender Umstand gesehen werden kann und ob unter diesem Gesichtspunkt gegen die formularmäßige Festlegung einer langfristigen Vertragsdauer ohne Rücksicht auf die Dauer des Nutzungsverhältnisses Bedenken bestehen können. In der Vereinbarung vom 24. 11. 1975 wird die bei Dauerschuldverhältnissen ohnehin stets zulässige Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund nicht ausgeschlossen. Der Beklagte hat jedoch nichts dazu vorgetragen, aus welchem Grund seine Mutter das Nutzungsverhältnis gekündigt hat. Seinem Vorbringen ist weder zu entnehmen, auf welche Zeit dieser Vertrag geschlossen war, noch ergibt sich aus ihm, ob seine Mutter eine ordentliche oder fristlose Kündigung ausgesprochen hat, ob er die Kündigung zu vertreten hatte oder gegen sie hätte vorgehen können. Den Beklagten traf die Darlegungspflicht hinsichtlich der Tatsachen, aus denen ein Wegfall der Geschäftsgrundlage oder ein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund abzuleiten ist. Entgegen der zu den §§ 275, 282 BGB angestellten Erwägung des Berufungsgerichts ist der Beklagte dieser Darlegungslast nicht schon dadurch nachgekommen, dass er auf die Kündigung des Nutzungsverhältnisses hingewiesen hat. Denn dessen Bestand gehört - wie dargelegt - regelmäßig zum Risikobereich des Gastwirts.

Gleichwohl bleibt die Revision erfolglos, soweit die auf Zahlung eines Ablösungsbetrages für das Gaststätteninventar gerichtete Klage abgewiesen worden ist.

Ein derartiger Anspruch kann nicht auf Nr. 5 I des Vertrages gestützt werden. Dabei kommt es auf die Auslegung, die das Berufungsgericht dieser Regelung gegeben hat, nicht an. Denn die Formularbestimmung des Absatzes 1 in Nr. 5 hält der Inhaltskontrolle gemäß § 9 AGB- Gesetz, der nach § 28 II AGB-Gesetz auf den vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes geschlossenen, aber noch nicht abgewickelten Vertrag anzuwenden ist, nicht stand. Nr. 5 I benachteiligt den Beklagten dadurch in unangemessener Weise, dass der Kläger bei verschiedenen Vertragsverstößen des Beklagten das Recht eingeräumt wird, das leihweise überlassene Inventar zurückzuverlangen und ihren Vertragspartner dennoch an seiner langfristigen Bezugsverpflichtung festzuhalten. Zu Unrecht weist die Revision darauf hin, dass die Kläger bei fristloser Kündigung des Vertrages - deren Voraussetzungen im übrigen bei den in Nr. 5 I genannten Vertragsverletzungen keineswegs immer gegeben sein müssen - ohnehin das Recht hätte, die Herausgabe des in ihrem Eigentum stehenden Inventars geltend zu machen. Die Klausel enthält keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die Kläger von dem Rückforderungsrecht nur im Falle der Auflösung des Vertrages Gebrauch machen darf. Sie ermöglicht es ihr vielmehr, auch ohne Kündigung wegen einer Vertragsverletzung des Beklagten die von ihr erbrachte Gegenleistung für dessen langjährige Bezugsbindung zurückzuverlangen und ihn weiterhin auf Erfüllung der Bezugsverpflichtung in Anspruch zu nehmen. Ein anerkennenswertes Interesse der Kläger an einer solchen Rechtsfolge ist nicht ersichtlich. Für den Beklagten führt sie andererseits dazu, dass er nicht nur die Vorteile des mit der Kläger geschlossenen Geschäfts verliert, ohne von dessen Nachteilen befreit zu werden, sondern dass ihm auch die Grundlage für den weiteren Betrieb der Gaststätte sowie die Abnahme und den Weiterverkauf der Getränke entzogen sein kann. Das weicht von dem Ziel eines auch nur annähernd angemessenen Interessenausgleichs der Vertragsparteien in einer den Geboten von Treu und Glauben widersprechenden Weise ab und hat die Unwirksamkeit der Klausel zur Folge.

Die vom Berufungsgericht offen gelassene Frage, ob es sich bei dem in den vorformulierten Vertragstext maschinenschriftlich eingefügten Zusatz, nach dem die Kläger statt der Rückgabe auch die Ablösung des Inventars verlangen kann, um eine Formularklausel oder eine Individualabrede handelt, bedarf keiner Entscheidung. Da die - unzweifelhaft in Gestalt einer AGB geregelten - Voraussetzungen des Ablösungsanspruchs wegfallen, bliebe für seine Rechtsfolge kein Anwendungsbereich.

Eine gesetzliche Grundlage für einen Anspruch auf Zahlung eines Ablösungsbetrages besteht nicht. Dabei kann auf sich beruhen, ob die von den Parteien nach der Störung des Vertrages abgegebenen Erklärungen zu einer Auflösung des Vertragsverhältnisses geführt haben. Ein sich daraus möglicherweise ergebendes Recht der Kläger auf Herausgabe des Inventars hat sie nicht geltend gemacht.

Der Schadensersatzanspruch wegen Minderbezuges folgt dagegen dem Grunde nach aus Nr. 5 II 1 des Bierlieferungsvertrages. Sein Umfang hängt davon ab, welche Biermengen der Beklagte nach Nr. 2 Abs. 1 des Vertrages abzunehmen verpflichtet war.

Im Ergebnis zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass dem Vertrag eine Verpflichtung des Beklagten zur Abnahme einer jährlichen Mindestabnahmemenge nicht zu entnehmen ist. Es mag dahinstehen, ob dies allein aus dem Verhalten der Parteien in den ersten Jahren nach Vertragsschluss gefolgert werden kann. Die Formulierung vorausgesetzt jährlich 250 hl Bier ist nämlich mehrdeutig und kann beispielsweise auch so verstanden werden, dass nur die rechnerische Grundlage für die Ermittlung der Gesamtabnahmemenge angegeben werden soll. Jedenfalls kommt in ihr eine bindende Verpflichtung des Beklagten nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck.

Daraus folgt jedoch nicht, dass die Kläger Schadensersatz wegen des vom Beklagten zu wenig bezogenen Bieres überhaupt nicht verlangen kann. Nach der Rechtsprechung des Senats errechnet sich der Schadensersatz jedenfalls dann, wenn eine jährliche Mindestabnahme nicht vorgesehen war, allerdings auch nicht nach der Gesamtabnahmemenge von - hier - 5000 hl, sondern nach derjenigen Biermenge, die der Beklagte bei reibungsloser Vertragsdurchführung zur Deckung seines Bedarfs abgenommen hätte; sie ist in der Regel auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen durchschnittlichen Jahresabnahme für die noch offene Dauer des Vertrages vom Tatrichter zu schätzen.

Die vom Berufungsgericht dargelegte Gründe gegen den Schadensersatzanspruch wegen Minderbezuges greifen somit nicht durch. Indessen ist der Senat an einer eigenen Sachentscheidung aus folgendem Grund gehindert: Das Berufungsgericht hat eine abschließende Beurteilung des Bierlieferungsvertrages dahin, ob mit ihm die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Gastwirts in einer mit den Anschauungen eines redlichen rechtsgeschäftlichen Verkehrs nicht zu vereinbarenden Weise eingeschränkt wird, bisher nicht vorgenommen. Sie erfordert eine Würdigung des Einzelfalles unter Berücksichtigung von Inhalt, Motiv und Zweck des Vertrages sowie der Umstände seines Zustandekommens und ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters.

Bei der nachzuholenden Beurteilung wird das Berufungsgericht zu beachten haben, dass ein Bezugszeitraum von 20 Jahren nach der ständigen Rechtsprechung des Senats an die äußerste Grenze des in einem Ausnahmefall gerade noch Zulässigen reicht.

Neben dem Umfang der Bezugsbindung wird es das Gewicht der Gegenleistungen der Kläger berücksichtigen müssen, die hier - abgesehen von der auch der Kläger zugute kommende Außenreklame - allein in der leihweisen Inventargestellung im Wert von 55 000 DM ohne Verpflichtung zur Instandhaltung oder Erneuerung bestanden. Dabei dürfte dem von der Revision hervorgehobenen Gesichtspunkt, dass das Inventar nach regulärem Ablauf der Vereinbarung in das Eigentum des Beklagten übergehen sollte, kaum Bedeutung zukommen, weil die dem Beklagten überlassenen Gegenstände nach 20 Jahren, soweit sie nicht ohnehin auf seine Kosten instandzuhalten oder zu ersetzen waren, weitgehend wertlos sein mussten.

Kommt das Berufungsgericht bei dieser Prüfung zu dem Ergebnis, dass ein eine 20-jährige Laufzeit rechtfertigender Ausnahmefall nicht gegeben ist, so stehen die von dem Landgericht und dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erhobenen Bedenken einer Aufrechterhaltung des Vertrages mit eingeschränkter Laufzeit nicht entgegen. In seinem Urteil vom 14. 6. 1972 und seitdem ständig vertritt der erkennende Senat unter rechtsähnlicher Heranziehung der Vorschrift des § 139 BGB die Auffassung, dass eine derartige Aufrechterhaltung des Vertrages mit kürzerer Laufzeit dem Gastwirt das gewährt, was er redlicherweise verlangen kann, den schutzwürdigen Interessen der Brauereien Rechnung trägt und eine unbefriedigende und nur schwer durchzuführende Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht vermeidet.