Gastwirtschaft

Auch die beschränkte persönliche Dienstbarkeit sei wegen der übermäßig langen Dauer der Bindung - insgesamt 36 Jahre - sittenwidrig und damit gemäß § 138 BGB von Anfang an nichtig gewesen, vermag der Senat nicht zu folgen. Richtig ist allerdings, dass nach ständiger Rechtsprechung des Senats bei einer Bierbezugsverpflichtung eine Bindung von 20 Jahren an die äußerste Grenze des in einem Ausnahmefall noch Zulässigen geht und eine längere Bindung auch dann unwirksam ist, wenn die Bezugsbindung im übrigen nicht zu beanstanden ist. Diese Rechtsprechung trägt dem Umstand Rechnung, dass eine derart langfristige Bindung typischerweise die Gefahr in sich birgt, dass der Gastwirt - darauf angewiesen, in seinem Bierbezug und in der Ausgestaltung seiner Gaststätte sich dem wechselnden Publikumsgeschmack anzupassen und überdies die Eingehung einer Bierbezugsverpflichtung als Kreditunterlage verwerten zu können - in eine mit den guten Sitten nicht mehr zu vereinbarende wirtschaftliche Abhängigkeit zu einer Brauerei gerät. Davon kann aber dann nicht die Rede sein, wenn der Brauerei - wie hier mit der Dienstbarkeit - lediglich das Recht eingeräumt wird, auf einem Grundstück gegen ein angemessenes Entgelt eine Gastwirtschaft zu betreiben und für diesen Fall durch eine Konkurrenzklausel den Grundeigentümer, der vorliegend die Gastwirtschaft ohnehin nur als Nebenerwerb betrieb, insoweit von einer gewerblichen Tätigkeit auszuschließen

Soweit die Revision schließlich meint, die Beklagte habe unter sittenwidriger Ausnutzung einer bei den Klägern bestehenden Zwangslage - der Notwendigkeit, durch einen Rangrücktritt mit der Höchstbetragshypothek die für die Finanzierung der Bauvorhaben erforderliche Beleihung an rang- erster Stelle zu ermöglichen - die Bewilligung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit erzwungen, verkennt sie, dass im Zeitpunkt des Rangrücktritts die werterhöhenden Arbeiten auf dem Grundstück noch nicht so weit durchgeführt waren, dass die Hypothek hinter einer Vorbelastung von mehr als 500000 DM eine ausreichende Sicherheit bot, der Rangrücktritt daher zunächst nicht ohne Risiko für die Beklagte war,

War somit die Dienstbarkeit rechtswirksam entstanden, so hätte die Beklagte mit einer Einwilligung zu ihrer Löschung unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung nur dann in Verzug geraten können, wenn die in § 5 des Kaufvertrages enthaltene schuldrechtliche Bierbezugsverpflichtung, deren nachträglicher Absicherung die Dienstbarkeit dienen sollte, von vornherein nichtig war oder doch jedenfalls im Jahre 1969 nicht mehr bestand. Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler verneint.

Die Würdigung, ob eine Bierbezugsverpflichtung - unbeschadet ihrer Dauer - sittenwidrig und damit von Anfang nichtig ist, obliegt weitgehend dem Tatrichter und ist daher im Revisionsrechtszug nur beschränkt nachprüfbar. Maßgebend ist, ob durch die Ausschließlichkeitsbindung und ihre Ausgestaltung im einzelnen die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit und Selbständigkeit das Gastwirts in unvertretbarer Weise eingeengt wird und er dadurch in eine mit den Anschauungen des redlichen Verkehrs nicht mehr zu vereinbarende Abhängigkeit zur Brauerei gerät. Dabei kommt es für die nach objektiven Maßstäben zu beurteilende Frage der Sittenwidrigkeit gemäß § 138 I BGB nicht entscheidend darauf an, ob der Gastwirt die Verbindlichkeit von sich aus und ohne Beeinflussung durch die Brauerei eingegangen ist. Es ist daher für die Rechtswirksamkeit der Bindung auch ohne wesentliche Bedeutung, dass die Kläger im vorliegenden Fall die Bierbezugspflicht gleichzeitig mit dem Erwerb des Gaststättengrundstücks von der Brauerei eingegangen sind; eine Brauerei kann nicht dadurch, dass sie das Gaststättengrundstück zunächst zu Eigentum erwirbt und dann an den Gastwirt veräußert, die diesem auferlegten Bedingungen für die Bierbezugspflicht über das sonst vertretbare Maß hinaus verschärfen. Dagegen hat das Berufungsgericht zu Recht berücksichtigt, dass der Kläger in erster Linie Fabrikant war, das Grundstück auch zunächst zu dem Zweck erworben hatte, auf ihm neben der weiter fortzuführenden Gaststätte Fabrikationsräume für seinen Betrieb zu errichten, und dass daher die Bierbezugspflicht seine wirtschaftliche Bewegungsfreiheit nicht in gleichem Maße einzuschränken geeignet war wie bei einem Gastwirt, der für die Bestreitung seines Lebensunterhalts allein auf den Betrieb der Gaststätte angewiesen ist.

Der Revision ist einzuräumen, dass - lässt man auch hier die Dauer der Bezugsbindung unberücksichtigt = die mit der Führung der Gaststätte verbundene Abhängigkeit der Kläger von der beklagten Brauerei erheblich war. Die Kläger hatten ihrem gesamten Bierbedarf - auch für weitere, auf diesem Grundstück zu errichtende Gaststätten - ununterbrochen bei der Beklagten zu decken, durften die Gaststätte weder aufgeben noch vorübergehend schließen, hatten die Bezugsbindung mit einem etwaigen Verkauf des Grundstücks - unter Fortbestehen der eigenen Haftung - auf den Rechtsnachfolger zu übertragen und waren bei einem Vertragsverstoß durch Fremdbierbezug zu der verhältnismäßig hohen Entschädigung von einem Drittel des jeweiligen Hektoliterpreises verpflichtet.

Andererseits darf nicht übersehen werden, dass die Kläger hinsichtlich des Bezuges von anderen alkoholischen und von alkoholfreien Getränken frei und zudem an keine monatliche Mindestbezugsmenge gebunden waren, ihre Gaststätte also ohne Zustimmung der Beklagten in ihrem Charakter verändern, etwa von einer Bierwirtschaft in ein Speiselokal oder eine Weinstube umwandeln und damit einem veränderten Publikumsgeschmack weitgehend Rechnung tragen konnten. Vor allem aber hat das Berufungsgericht zu Recht berücksichtigt, dass die Beklagte den Klägern beim Erwerb des Grundstücks mit einem Preisnachlass von 26900 DM ausdrücklich als Gegenleistung für die Bierbezugsverpflichtung bezeichnet - erheblich entgegengekommen waren und ihnen unstreitig während der Laufzeit der Bezugsbindung Leihinventar im Werte von 14145,20 DM zur Verfügung gestellt und Zuschüsse für die Fassade und die Außenwerbung in Höhe von 7 500 DM gewährt hatten, mögen letztere auch weitgehend der Beklagten selbst Zugute gekommen sein -. Wenn bei dieser Sachlage und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Kläger die Gaststätte nur im Nebenberuf betrieben bzw. durch Pächter betreiben ließen, das Berufungsgericht eine Sittenwidrigkeit der schuldrechtlichen Bierbezugsverpflichtung verneint hat, so lässt das jedenfalls im Ergebnis einen Rechtsfehler nicht erkennen

Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Bierbezugsverpflichtung auch hinsichtlich der ursprünglich vereinbarten Dauer von 30 Jahren nicht zu beanstanden. Ob dieser Ansicht gefolgt werden kann und die Besonderheiten des vorliegenden Falles ausnahmsweise eine Überschreitung der Höchstdauer von 20 Jahren rechtfertigen, mag hier dahinstehen. Denn jedenfalls wäre die Bezugsbindung angesichts der erheblichen Gegenleistungen der Beklagten in entsprechender Anwendung des § 139 BGB mit einer von 20 Jahren aufrechtzuerhalten. Dass eine solche Aufrechterhaltung mit einer kürzeren, nicht zu beanstandenden Laufzeit dem zu vermutenden Parteiwillen - und zwar insbesondere dem der Kläger, die andernfalls keine Möglichkeit zum Erwerb des von ihnen benötigten Grundstücks gehabt hätten - entsprach, bedarf angesichts der Interessenlage keine näheren Darlegung. War aber die Bierbezugsverpflichtung jedenfalls für eine Dauer von 20 Jahren rechtswirksam, so war die Beklagte auch unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung im Jahre 1969/1970 - also nach einer Laufzeit von etwa 13 Jahren - zu einer Aufgabe der Dienstbarkeit noch nicht verpflichtet.