gegenseitigen Vertrag

Ist bei einem gegenseitigen Vertrag der eine Teil mit der ihm obliegenden Leistung im Verzug und hat die Erfüllung de Vertrags infolge des Verzugs für den anderen Teil kein Interesse, so ist nach 326 Abs. 2 BGB die Bestimmung einer Frist zur Bewirkung der Leistung entbehrlich ohne Rücksicht darauf, ob der säumige Teil voraussehen konnte, dass infolge seines Verzugs die Erfüllung des Vertrags für den anderen Teil kein Interesse haben werde (Bestätigung von RGZ 94, 326).

Aus den Gründen: . . . 2. Der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach als Rechtsgrundlage für die von der Beklagte geltend gemachten Ansprüche allein die Bestimmung des § 326 BGB in Betracht kommt, ist nicht zu beanstanden. Unstreitig hat die Beklagte es unterlassen, 0. die in § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB an sich vorgeschriebene Nachfrist zu setzen.

Nach gefestigter Rechtsprechung ist von der in § 326 BGB grundsätzlich vorgesehenen Fristbestimmung aber nur dann abzusehen, wenn der Schuldner nicht nur ernstlich, sondern auch endgültig die vom Gläubiger geforderte Leistung verweigert und damit, die Zwecklosigkeit der Nachfrist außer Zweifel steht. Dabei muss ein strenger Maßstab angelegt werden. Bloße Meinungsverschiedenheiten über den Vertragsinhalt oder den Umfang eines Vertrags genügen nicht, insbesondere, wenn der Schuldner seine Bereitschaft erklärt hat, zu anderen Bedingungen zu leisten. Denn die Fristsetzung soll gerade den Schuldner vor die Frage stellen, ob er die Folgen des § 326 BGB auf sich nehmen oder durch nachträgliche Erfüllung diese Folgen von sich abwenden soll (BGH, LM Nr. 2 zu § 326 [De] BGB; NJ W 68, 103; RG, WarnRspr. 1920 Nr. 193).

Selbst wenn 0. zunächst die Übernahme des Auftrags F. geleugnet haben sollte, so hat er doch in seinem Schreiben vom 10. 11. 1966 ausdrücklich die Ausführung der Arbeiten angeboten, wenn ihm vernünftige Fristen gewährt werden. Dieses Verhalten O.s durfte das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Rev. ohne Rechtsverstoß dahin werten, dass er sich nicht endgültig von seinen möglicherweise bestehenden Vertrags- pflichten lossagen wollte, womit jede Fristsetzung zu einer leeren Förmlichkeit geworden wäre.

3. Doch sind die Ausführungen des Berufungsgerichts, wonach die Voraussetzungen des § 326 Abs. 2 BGB für die Entbehrlichkeit einer weiteren Nachfristsetzung nicht gegeben sind, von Rechtsirrtum beeinflusst.

Es ist in Rechtsprechung und Schrifttum seit langem anerkannt, dass der Fortfall des Interesses an der Vertragserfüllung für den Gläubiger nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen und es für die Anwendbarkeit des § 326 Abs. 2 BGB unerheblich ist, ob der Schuldner auch voraussehen konnte, dass der Gläubiger infolge des Verzugs kein Interesse mehr an der Vertragserfüllung haben wird. Dieser Umstand kann allenfalls im Rahmen des § 254 Abs. 2 BGB eine Rolle spielen, wenn der Schuldner einwendet, er hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass bei nicht, rechtzeitiger Vertragserfüllung ein ungewöhnlich hoher Schaden auf dem Spiele stehe.

Dem Berufungsgericht kann deshalb nicht zugestimmt werden, wenn es der Beklagte versagt, sich auf den Wegfall ihres Interesses an der Vertragserfüllung zu berufen, weil ihre Vertragsbedingungen mit der X für 0. nicht verbindlich gewesen und diesem auch nicht bekannt gegeben worden seien. Darauf kommt es für die Anwendung des § 326 Abs. 2 BGB nicht an.