Gegenseitigkeit

Gegenseitigkeit - Begriff des internationalen Privatrechts und des internationalen Zivilprozess rechts, der zum Ausdruck bringt, dass die zivilrechtliche und zivilprozessuale Behandlung von Bürgern oder Sachverhalten in einem Staat derjenigen in einem anderen Staat entspricht. Die formelle Gegenseitigkeit besteht darin, dass zwei oder mehr Staaten wechselseitig den Bürgern des oder der anderen Staaten die gleichen zivilrechtlichen und zivilprozessualen Rechte gewähren wie den eigenen Bürgern (régime national). Die materielle Gegenseitigkeit ist gegeben, wenn Ausländern im Inland die gleichen Rechte gewährt werden, die man den eigenen Staatsbürgern im Ausland zuerkennt. In der Praxis wird Ausländern grundsätzlich die formelle Gegenseitigkeit gewährt. Das entspricht der Konvention der Vereinten Nationen über zivile und politische Rechte vom 16. Dezember. 1966. Von diesen Grundsätzen gehen auch die Rechtsordnungen der sozialistischen und zahlreicher anderer Länder aus. Nach dem Recht der ist in gesetzlich festgelegten Fällen die Gegenseitigkeit Voraussetzung für die Inanspruchnahme bestimmter zivilrechtlicher oder zivilprozessualer Rechte durch Ausländer, so z. B. beim Schutz von Verbandszeichen (Warenzeichenverband), bei der Befreiung des ausländischen Klägers von der Sicherheitsleistung für die Verfahrenskosten und bei der Vollstreckung ausländischer Gerichtsurteile. Die Gewährung von Rechtshilfe kann von der Gegenseitigkeit abhängig gemacht werden. Im Kollisionsrecht spielt die Gegenseitigkeit eine weniger bedeutsame Rolle. Grundsätzlich ist das ausländische Recht, auf das die Kollisionsnorm verweist, auch ohne Nachweis der Gegenseitigkeit anzuwenden. Das Fehlen oder die Verletzung der Gegenseitigkeit kann in diesem Bereich nur als Grundlage für die Retorsion dienen.