Geldforderung

Nimmt der Gläubiger einer Geldforderung den Schuldner, welchem er zuvor die Abtretung der Forderung angezeigt hatte, auf Zahlung in Anspruch, weil die Abtretung unwirksam ist, und macht der Schuldner geltend, er habe mit einer Forderung gegen den Scheinzessionar aufgerechnet, so muss, auch wenn die Zustimmung des Scheinzessionars zur Rücknahme der Abtretungsanzeige fehlt, die Wirksamkeit der Aufrechnung geprüft werden; sie darf nicht dahingestellt bleiben und die Klage - mangels Sachbefugnis - als zur Zeit unbegründet abgewiesen werden (Ergänzung zu BGHZ 64, 117 LM vorstehend Nr. 4).

Zum Sachverhalt: Die Kläger vermietete der Beklagte im August 1974 einen Autokran und andere Spezialfahrzeuge zum Verladen und Transportieren von Betonteilen. Dafür stellte sie ihr am 26. 8. 1974 8971,18 DM in Rechnung, erhielt den geforderten Betrag jedoch nicht. Mit Schreiben vom 21. 10. 1974 teilte die Kläger der Beklagte sodann mit, sie habe die Mietzinsforderung von 8971,18 DM an die Firma R abgetreten. Von der Firma R hatte die Beklagte am 9. 10. 1974 einen Auftrag zur Montage von Fassadenplatten erhalten. Als Vergütung waren 10500 DM vorgesehen; für restliche im Frühjahr 1975 anstehende Arbeiten sollte die Beklagte weitere 4000 DM erhalten. Die Kosten für den zur Montage erforderlichen Kran sollten nach dem Bestätigungsschreiben der Firma R vom 9. 10. 1974 im Preis enthalten sein. Tatsächlich hat dann jedoch die Firma R den Kran gemietet und dafür 13 393,75 DM an die Kläger gezahlt. Wegen angeblicher Mängel und Verzögerungen bei Ausführung der Montagearbeiten geriet die Firma R mit der Beklagte in Streit und kündigte den Vertrag mit Schreiben vom 28. 10. 1974 fristlos. Für geleistete Arbeiten stellte die Beklagte der Firma R daraufhin am 30. 10. 1974 eine Vergütung von insgesamt 14 340,09 DM in Rechnung. Unter demselben Datum erklärte sie mit dieser Forderung die Aufrechnung gegenüber der von der Kläger an die Firma R abgetretenen Mietzinsforderung von 8971,18 DM. Die Firma R errechnete demgegenüber eine Forderung von 1993,75 DM zu ihren Gunsten und erhob mit einem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 23. 1. 1975 Anspruch auf Zahlung dieses Betrages.

Die Kläger hat die Mietzinsforderung von 8971,18 DM eingeklagt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Die - zugelassene - Revision der Kläger führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: A. Das Berufungsgericht hat die Klageabweisung damit begründet, dass es der Kläger zurzeit an der Sachbefugnis fehle, Zahlung der Kranmiete an sich zu verlangen. Zwar sei, wie die Beweisaufnahme ergeben habe, eine Abtretung der Forderung an die Firma R nicht erfolgt, so dass die Kläger Inhaberin des Anspruchs geblieben sei, sie müsse jedoch die Schutzwirkungen der Abtretungsanzeige zugunsten der Beklagte gemäß § 409 I BGB entgegenhalten lassen. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung sei die Abtretungsanzeige nicht wirksam zurückgenommen gewesen. Selbst wenn die Kläger mit Schriftsatz vom 28. 5. 1976 schlüssig die Rücknahme der Abtretungsanzeige ausgesprochen haben sollte, habe sie jedenfalls mit Hilfe der Aussagen der Zeugen B und M nicht den Nachweis erbracht, dass die Firma R ihr zugestimmt habe. Daraus folge, so hat das Berufungsgericht unter Hinweis auf RG Rechtsprechung und Literatur weiter ausgeführt, dass die Kläger von der Beklagte zur Zeit keine Zahlung verlangen könne, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die Beklagte gegen die Firma R wirksam aufgerechnet habe. Eine Verurteilung Zug um Zug gegen Vorlage der Zustimmungserklärung der Firma R komme nicht in Betracht, weil sonst - im Hinblick auf die sich aus § 322 II ZPO ergebende Rechtskraftwirkung bedenklich - gewissermaßen bedingt über die Gegenforderung (der Beklagte) entschieden würde.

B. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.

I. Das Berufungsgericht stellt fest, eine Abtretung der Klageforderung an die Firma R habe nicht stattgefunden. Einwendungen hiergegen sind im Revisionsrechtszuge nicht erhoben worden.

II. 1. Die Revision rügt als Verfahrensfehler, die Vorinstanz habe bei der Beweiswürdigung den Teil der Aussage des Zeugen B nicht berücksichtigt, in welchem dieser erklärt habe, er habe dem Angestellten F der Klägereinige Tage nach Erhalt des schriftlichen Abtretungsangebots telefonisch mitgeteilt, seine Firma könne es nicht annehmen, weil die Beklagte von der Firma R ohnehin nichts zu bekommen habe. Diese Äußerung des Zeugen könne, meint die Revision, nur bedeuten, die Firma R sei selbstverständlich mit der Rücknahme der Abtretungsanzeige einverstanden.

2. Die Revisionsrüge ist unbegründet. (Wird dargelegt.)

III. Ist danach aber davon auszugehen, dass eine Zustimmung der Firma R zur Rücknahme bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Berufsrechtszuge nicht vorlag, so bestand die durch die Abtretungsanzeige vom 21. 10. 1974 ausgelöste Rechtsfolge des § 409 I 1 BGB jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt fort, d. h. die Kläger muss die Anzeige der Abtretung nach wie vor gegen sich gelten lassen, obwohl sie keinen Übergang der Mietzinsforderung von der Kläger auf die Firma R bewirkt hat. Die Frage ist, wie sich der von der IG. mit der inhaltlich unrichtigen Anzeige hervorgerufene Rechtsschein einer Zession auswirkt, wenn sich der Schuldner, wie hier die Beklagte gegenüber der Leistungsklage des Scheinzedenten auf den Schutz des § 409 I 1 BGB beruft und darauf das Klageabweisungsbegehren stützt.

1. Das RG hat in den vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen, denen Fälle einer angezeigten, in Wirklichkeit aber angeblich nicht durchgeführten bzw. wieder aufgehobenen Abtretung zugrundelagen, die Klageabweisung mangels Sachberechtigung bestätigt (Warn 1922, Nr. 52) bzw. selbst ausgesprochen (JW 1926, 2529 [2531]). Unter Bezugnahme auf beide Ur- teile wird auch in der Literatur die Ansicht vertreten, der Gläubiger (Scheinzedent) könne vom Schuldner keine Leistung verlangen, bevor die Abtretungsanzeige nicht wirksam widerrufen ist (vgl. RGRK, 12. Aufl., § 409 Rdnr. 15 Soergel-Schmidt, BGB, 10. Aufl., § 409 Rdnr. 2).

2. In der Konsequenz, die Klage mangels Sachbefugnis abzuweisen, sofern der auf Leistung klagende Scheinzedent bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung die Zustimmung des Scheinzessionars zur Rücknahme der Abtretungsanzeige nicht nachweist, wäre dem RG zu folgen, wenn die Abtretungsanzeige zugunsten des Schuldners die Abtretung ersetzte und als Abtretung wirkte. Der BGH hat in dem vom Berufungsgericht ebenfalls zitierten Urteil vom 13. 3. 1975 (BGHZ 64, 117 = LM vorstehend Nr. 4 = NJW 1975, 1160) indessen bereits ausgeführt, dass das nicht der Fall ist und auch die Entscheidung des RG vom 24. 2. 1926 (JW 1926, 2529 [2531]), entgegen ihrer zum Teil missverständlichen Formulierung, so nicht verstanden werden dürfe. Diese Ansicht teilt der erkennende Senat.

3. Fraglich bleibt, ob die Abtretungsanzeige aufgrund der Regelung des § 409 I 1 BGB dem Scheinzedenten zwar nicht die Forderung selbst, wohl aber die Verfügungsbefugnis über sie mit der Folge entzieht, dass er auch die Berechtigung zur Klageerhebung verliert. Diese Frage hat der BGH in dem Urteil vom 13. 3. 1975 (BGHZ 64, 117 = Nr3(7 1975, 1160) ebenfalls verneint. Die darin angeführten Gründe beanspruchen Gültigkeit über den entschiedenen konkreten Fall hin- aus, in dem es im Hinblick auf die Unterbrechung der Verjährung darum ging, ob die Kläger (Scheinzedentin) trotz fehlender Zustimmung des Scheinzessionars zu der Rücknahme der Abtretungsanzeige berechtigt war, Leistungsklage zu erheben.

Der VII. Zivilsenat des BGH hat sich auf den Standpunkt gestellt, der Anspruch des Scheinzedenten auf die - im damals entschiedenen Fall unstreitig vom Schuldner noch nicht erbrachte - Leistung sei lediglich mit einer Einrede behaftet gewesen, welche auf die Berechtigung zur gerichtlichen Durchsetzung keinen Einfluss gehabt habe. Solange der Scheinzedent die Zustimmung des Scheinzessionars zur Rücknahme der Anzeige nicht nachweise, könne der Schuldner die Leistung verweigern. Daraus folge aber nur, dass er bis dahin zur Zahlung Zug um Zug gegen Vorlage der Zustimmungserklärung verurteilt werden müsse. Dass der Scheinzedent in der materiellen Verfügungsbefugnis über die Forderung nicht beeinträchtigt sei, ergebe sich daraus, dass der Schuldner auch bei nicht erfolgter oder aus anderen Gründen unwirksamen Abtretung mit befreiender Wirkung an ihn, den Scheinzedenten, als den Berechtigten leisten könne, auch wenn die Zustimmung des Scheinzessionars zur Rücknahme der Abtretungsanzeige nicht vorgelegt werde (BGHZ 64, 117 [120] = NJW 1975, 1160).

4. Das Berufungsgericht hat erkannt, dass nach dieser Ansicht im vorliegen- den Falle eine Klageabweisung wegen fehlender Aktivlegitimation der Kläger nicht in Betracht kommen konnte. Es hat aber gemeint, darin dem BGH jedenfalls dann nicht folgen zu können, wenn der Schuldner, solange die Zustimmung des Scheinzessionars zur Rücknahme der Abtretungsanzeige noch ausstehe, gegenüber dem Scheinzessionar auf- rechne. Die Bedenken der Vorinstanz gegenüber der Auffassung des VII. Zivilsenats des BGH greifen nicht durch.

a) Der Sinn der gesetzlichen Regelung des § 409 BGB besteht darin, dem Zedenten die Haftung für den von ihm durch die Anzeige hervor- gerufenen Rechtsschein aufzuerlegen. Der Schuldner soll bei der Leistung an den in der Anzeige bezeichneten Zessionar der Notwendigkeit enthoben sein, dessen materielle Berechtigung zu prüfen (RG, JW 1926, 2529 [2530]; BGHZ 64, 117 [120] = LM vorstehend Nr. 4 = NJW 1975, 1160). Dagegen soll § 409 BGB dem Schuldner nicht er- möglichen oder auch nur erleichtern, weder an den Zedenten noch an den Zessionar zu leisten (vgl. Raape, 1926, 2530, zu RG, NW 1926, 2529). Auf den Schutz des § 409 BGB hat der Schuldner nur insoweit Anspruch, als es ihm um die Erfüllung seiner Verbindlichkeit zu tun ist.

Hat er noch nicht gezahlt und möchte er an den Dritten leisten, so wird der Schuldner, solange die Zustimmung des Dritten zur Rücknahme der Abtretungsanzeige aussteht, auch bei unwirksamer Abtretung mit Wirkung gegenüber dem Scheinzedenten von der Schuld frei. Hat er noch nicht gezahlt und wird er, wie in dem vom VII. Zivilsenat entschiedenen Falle, von dem Scheinzedenten auf Zahlung in Anspruch genommen, ist er auch dann in vollem Umfang geschützt, wenn er bei fehlendem Nachweis der Zustimmung des Scheinzessionars zur Rücknahme der Abtretungsanzeige zur Zahlung Zug um Zug gegen Vorlage der Zustimmungserklärung verurteilt wird. Der Gläubiger erhält die Leistung in diesem Falle erst, wenn durch Vorlage der Zustimmungserklärung des Scheinzessionars feststeht, dass dieser Rechte aus der Scheinzession für sich nicht herleitet. Steht das aber fest, so hat der Schuldner kein Recht mehr, die Leistung aus den Grün- den des § 409 BGB zu verweigern.

Abgesehen davon, dass der Schuldnerschutz des § 409 BGB bei einer Zug um Zug-Verurteilung uneingeschränkt gewährt wird, ist der vom Berufungsgericht beschrittene Weg der Abweisung der Klage als zur Zeit unbe- gründet aus prozeßökonomischen Gründen nicht zu vertreten. Der Schuldner entgeht auf diese Weise jedenfalls auf Zeit der Leistungspflicht. Der Gläubiger (Scheinzedent) wird gezwungen, erneut Klage zu erheben, sobald es ihm gelungen ist, den Scheinzessionar zur Abgabe der Zustimmung zu bewegen oder gegen ihn ein die Zustimmung ersetzendes Urteil gemäß § 894 ZPO zu erwirken. Durch die Zug um Zug-Verurteilung wird dies in einem einzigen Prozess einfacher und kostensparender erreicht.

b) Die von der Vorinstanz vertretene Ansicht, dass die Leistungsklage bei zwischenzeitlich vom Schuldner gegenüber dem Scheinzessionar erklärter Aufrechnung ohne sachliche Prüfung dieses Einwandes als derzeit unbegründet abzuweisen sei, lässt sich nicht halten. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass der Beklagte im vorliegenden Falle Anspruch auf den Schutz des § 409 BGB nicht deshalb zusteht, weil sie noch nicht geleistet hat, sondern, weil sie durch die mit Schreiben vom 30. 10. 1974 der Firma R gegenüber erklärte Aufrechnung mit ihrer angeblichen Werklohnforderung von 14340,09 DM den Mietzinsanspruch von 8971,18 DM mit Wirkung gegen die Kläger zum Erlöschen gebracht haben will. Da der Schutz des § 409 BGB nicht abstrakt, sondern stets nur wegen einer Rechtshandlung des Schuldners in bezug auf die ihm als abgetreten angezeigte Forderung verwirklicht werden kann, kommt der unstreitig vor Klageerhebung erklärten Aufrechnung hier nicht etwa die Bedeutung einer lediglich geltend gemachten Einwendung zu. Sie bildet vielmehr den Anknüpfungspunkt für den Schuldnerschutz des § 409 I 1 BGB.

c) Das Berufungsgericht hätte deshalb prüfen müssen, ob der Beklagte die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung zugestanden hat. Das muss nachgeholt werden. Ergibt die erneute Verhandlung, dass die Beklagte wirksam aufgerechnet hat, was die Kläger bestreitet, so ist die Klage allerdings unbegründet. Erweist sich dagegen, dass die Aufrechnung mangels aufrechenbarer Gegenforderung nicht zum Erlöschen der Mietzinsforderung geführt, die Beklagte also noch nicht geleistet hat, so kommt, sofern bis dahin die Zustimmung der Firma R zur Rücknahme der Abtretungsanzeige immer noch ausstehen sollte, nicht eine Klageabweisung, sondern eine Verurteilung der Beklagte zur Zahlung von 8971,18 DM zuzüglich Zinsen Zug um Zug gegen Vorlage der Zustimmungserklärung der Firma R in Betracht. Die dagegen vom Berufungsgericht unter Hinweis auf § 322 II ZPO erhobenen Bedenken sind nicht begründet.