Gelenkkrankheiten

Zur Frage der fristlosen Kündigung eines auf längere Dauer angelegten Werkvertrages mit Sukzessivcharakter.

Zum Sachverhalt: Der Kläger, ein Professor für Medizin, macht gegen die Beklagte, ein pharmazeutisches Unternehmen, ein Resthonorar aus einem vorzeitig beendeten Autorenvertrag geltend. Die Beklagte plante die Herausgabe einer Gesamtdarstellung der rheumatischen Gelenkkrankheiten in Form von Basistexten zu den einzelnen Krankheitsbildern und einigen Sonderthemen, die in einer Sammlung lehrbuchähnlicher Ordner erscheinen sollten. Das Werk war vor allem für niedergelassene Ärzte und Klinikärzte bestimmt, also für Praktiker, denen eine schnelle und zugleich umfassende Information geboten werden sollte. Die Beklagte gewann den Kläger als verantwortlichen Verfasser des Werks. Die Parteien schlossen am 19. 9./ 21. 10. 1977 eine schriftliche Vereinbarung. Danach sollte der Kläger die Gesamtdarstellung der rheumatischen Gelenkkrankheiten in Form von 16 Basistexten, deren Themen in einer Anlage zum Vertrag im Einzelnen aufgeführt waren, entwickeln. Die Parteien vereinbarten hierzu u. a.:

Die Basistexte sollen so verfasst werden, dass sie den Stoff enthalten, der gegebenenfalls im Sinne von Grundlagenprogrammen die Basis für Aufbauprogramme auch für hochspezialisierte Fachleute auf diesem Gebiet bildet

Bei der Darstellung des Stoffes, besonders der Therapie, soll das wissenschaftliche Anliegen gegenüber der Werbung im Vordergrund stehen.

Als Inhalt je eines Basistextes werden die in der Anl. 1 aufgeführten Themen vereinbart.

Die Basistexte sollen in der genannten Reihenfolge erstellt werden. verpflichtet sich, pro Jahr zwei Texte fertig zu stellen und wird versuchen, dieses Maß zu überschreiten. verpflichtet sich, pro erstelltem Basistext einen Betrag von DM 25000 an die Gesellschaft für Umwelt- und Verhaltensforschung eV. zu bezahlen, wobei 12500 DM bei Beginn, die restlichen 12500 DM bei Ablieferung des Basistextes fällig werden.

Am 2. 1. 1978 teilte der Kläger der Beklagte mit, man habe es vorgezogen, die Themen 8 und 9 an den Anfang zu stellen, womit die Beklagte einverstanden war. Am 15. 11. 1978 bat die Beklagte den Kläger, die beiden Texte zu den Themen 8 und 9 im Dezember 1978 zu übersenden. Der Kläger erwiderte mit Schreiben vom 23. 11. 1978, eine allgemeine Behandlung des Themas Arthrosen in einem einzigen Basistext sei unzweckmäßig. Man habe deshalb zunächst mit den Bandscheibenerkrankungen begonnen und zwei Texte zum Thema Akutes und Chronisches discogenes Lumbalsyndrom sowie Lumbalwurzelsyndrom erstellt. Er übersandte die beiden Texte mit Schreiben vom 26. 1. 1979. Sie decken das Thema 9 und einen Teil des Themas 11 ab. Mit Schreiben vom 21. 2. 1979 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie halte es für notwendig, sich noch einmal grundsätzlich Gedanken zu machen, weil dies für die richtige Konzeption weiterer Texte eine unabdingbare Voraussetzung sei. Es müsse auch der Themenkatalog neu überarbeitet und dabei berücksichtigt werden, ob sich Änderungen bei einzelnen Punkten des Vertrags ergeben. Sie lud den Kläger zu einem Gespräch ein, das am 7. 3. 1979 stattfand. Der Inhalt dieses Gesprächs ist im Einzelnen streitig. Noch auf dem Rückflug machte der Kläger mit Schreiben vom 7. 3. 1979 Vorschläge zur Neuordnung des Themenkatalogs. Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom B. 3. 1979 den Vertrag mit sofortiger Wirkung, weil sie zur Überzeugung gelangt sei, dass es dem Kläger nicht möglich sein werde, den vereinbarten Themenkatalog einzuhalten. Die Beklagte hat auf das Honorar des Klägers 37500,- DM bezahlt.

Mit der Klage begehrt der Kläger die Bezahlung des restlichen Honorars von 362500,- DM. Er hat zwar die Kündigung nach § 649 S. 1 BGB gelten lassen, ist jedoch der Auffassung, dass die Beklagte weder Gründe zum Rücktritt noch zu einer Kündigung aus wichtigem Grund gehabt habe und deshalb verpflichtet sei, ihm das restliche Honorar zu bezahlen. Die Beklagte könne ihm die Abweichung von Themenkatalog nicht anlasten. Der Themenkatalog sei im übrigen lediglich eine Grobplanung gewesen, die von einer gewissen Vorläufigkeit gekennzeichnet gewesen sei. Bei der Bearbeitung habe sich gezeigt, dass die Gliederung und Benennung der Texte aus wissenschaftlichen Gründen nicht sinnvoll gewesen sei. Wichtige Krankheiten hätten überhaupt gefehlt; andere würden von der heutigen Wissenschaft unter anderem Blickwinkel gesehen und beurteilt. Er habe mit den vorgenommenen und erstrebten Änderungen dem Vertragszweck genügen wollen; auch die Beklagte habe den Themenkatalog für korrekturbedürftig gehalten. Im übrigen habe er aber nie endgültig verweigert, den Themenkatalog einzuhalten, sondern im Gegenteil noch mit seinem Schreiben vom 7. 3. 1979 die Diskussion über eine zweckentsprechende Neugestaltung fortgesetzt, wie dies auch bei Abschluss der mündlichen Besprechung vorgesehen gewesen sei. Keinesfalls habe er die Gesamtzahl der 16 Basistexte und damit das ihm zustehende Honorar erhöhen wollen. Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat die Ansicht vertreten, dass dem Kläger kein Resthonoraranspruch zustehe, weil sie - die Beklagte - zur Kündigung des Vertragsverhältnisses aus wichtigem Grund berechtigt gewesen sei. Sie hat gemeint, dass der Vertrag nach dienstvertraglichen Grundsätzen zu beurteilen sei und nach freiem Ermessen ohne weitere Vergütungspflicht habe gekündigt werden können. Der Kläger habe sich schon mit der Ablieferung der ersten beiden Texte in Verzug befunden, insbesondere den Text zum Thema 8 überhaupt nicht geliefert. Er sei überdies einseitig und ohne zwingenden Grund von dem verbindlich vereinbarten Themenkatalog nach Inhalt, Umfang und Reihenfolge abgewichen. In der Besprechung vom 7. 3. 1979 habe er darauf beharrt, er könne das vereinbarte Konzept aus didaktischen und medizinisch-wissenschaftlichen Gründen nicht durchführen; er müsse nach seinem Gutdünken die Themen ändern und untergliedern können. Daraus habe sich für die Beklagte ergeben, dass eine weitere Zusammenarbeit auf der Grundlage des bisherigen Vertrags nicht mehr möglich gewesen sei und sie mit einer unkontrollierbaren Ausweitung der Texte mit entsprechenden Kostenfolgen habe rechnen müssen. Der Kläger habe somit durch sein vertragswidriges Verhalten die Erfüllung des Vertragszwecks erheblich gefährdet.

Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsen stattgegeben. Die Berufung der Beklagte hat zur Klagabweisung geführt. Die dagegen gerichtete Revision des Klägers führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: I. Das Berufungsgericht hat die Vereinbarung der Parteien vom 19. 9./21. 10. 1977 als Werkvertrag beurteilt.

Der nach § 649 S. 2 BGB grundsätzlich weiter bestehende Vergütungsanspruch sei jedoch entfallen, da die Beklagte einen wichtigen Grund zur Kündigung gehabt habe; dabei komme es nicht darauf an, ob der Kläger den Grund verschuldet habe, es sei vielmehr ausreichend, dass der maßgebliche Grund für die Kündigung in seinem Verhalten oder jedenfalls in seiner Sphäre zu suchen sei. Für die Annahme eines wichtigen Grundes reiche es zwar nicht aus, dass der Kläger die im Vertrag vorgesehene Reihenfolge der Basistexte nicht eingehalten und auch die Vorlagefrist fur die ersten beiden Texte geringfügig überzogen habe. Dem Kläger sei jedoch anzulasten, dass er von dem vereinbarten Themenkatalog abgewichen sei und mit den vorgelegten Basistexten nicht zwei der vorgelegten Themen erschöpfend behandelt habe. Der Themenkatalog sei zwischen den Parteien verbindlich abgesprochen worden. Davon sei der Kläger - wie er erstmals mit Schreiben vom 23. 11. 1978 mitgeteilt habe - einseitig abgewichen, indem er von den Themen 8 und 9, die absprachegemäß vorgezogen werden sollten, nur den Stoff des Themas 9 und einen Teil des Themas 11 behandelt habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei es in der Folgezeit auch zu keiner Einigung über die Neugestaltung des Themenkatalogs gekommen. Anlässlich der Besprechung vom 7. 3. 1979 habe der Kläger zum Ausdruck gebracht, dass er den Themenkatalog nicht einhalten könne, wenn auch das Gespräch wegen der Rückreise des Klägers ohne sachliche Beendigung habe abgebrochen werden müssen. Die Beklagte hätte daher entweder eine Vermehrung der Zahl der Basistexte oder die Weglassung weniger bedeutender Krankheitsbilder in Kauf nehmen müssen. Der Beklagte sei es im Übrigen nicht zumutbar gewesen, den Kläger definitiv zu einer Vertragserfüllung aufzufordern und diese notfalls auch durchzusetzen. Denn die Beklagte habe anlässlich der letzten Besprechung die Überzeugung gewinnen müssen, dass der Kläger es aus ernsthaften sachlichen, wissenschaftlichen und didaktischen Überlegungen nicht glaubte verantworten zu können, das bisherige Konzept weiter mitzutragen.

Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand.