Geltungsdauer

Auf die Geltungsdauer eines förmlichen Zurückstellungsbescheides i. S. des § 15 ist die Zeit, in der ein Baugesuch durch verzögerte Bearbeitung bereits eine faktische Zurückstellung erfahren hat, anzurechnen, weil eine solche Behandlung eine der Anwendung des § 15 durchaus gleichwertige Wirkung erreicht. Der Beginn der Wirkung der Zurückstellung ist deshalb auf den Zeitpunkt zurückzubeziehen, in dem über das Baugesuch bei angemessener und zügiger Bearbeitung hätte entschieden werden können. Hierfür kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. Der BGH knüpft damit an die Urteile des BVerwG, wonach der Zeitraum, der dadurch vergeht, dass ein Genehmigungsantrag nicht hinreichend zügig bearbeitet, sonst wie vergeht oder rechtswidrig abgelehnt wird, nicht anders behandelt werden kann, als es §17 Abs. 1 Satz 2 für eine förmliche Zurückstellung anordnet. Denn derart faktische Zurückstellungen erreichen - so das BVerwG - eine der Anwendung des § 15 durchaus gleichartige Wirkung. Eine faktische Zurückstellung ist darum auch nur für höchstens ein Jahr entschädigungslos zulässig. Bleibt die Entscheidung über ein Baugesuch nach Ablauf der Zurückstellungsfrist von einem Jahr weiter ausgesetzt, so hat diese faktische Zurückstellung die Bedeutung einer aus Planungsgründen verhängten faktischen Veränderungssperre, die so lange entschädigungslos hinzunehmen ist, als zur Sicherung der Planung eine förmliche Veränderungssperre angeordnet werden durfte und die Voraussetzungen erfüllt waren, unter denen bei dem betroffenen Grundstück angesichts seiner Sozialgebundenheit eine aus Planungsgründen ausgesprochene förmliche Sperre sich für einen gewissen Zeitraum lediglich als Bestimmung des Inhalts des Eigentums dargestellt hätte. Das ist zu bejahen, wenn nach dem von der Gemeinde gefassten Aufstellungsbeschluss ein Planungsstand erreicht war, mit dem das Vorhaben der Klägerin nicht übereinstimmt, so dass zur Sicherung dieser Planung eine Veränderungssperre erforderlich war. Die Zeitspanne, innerhalb derer die Klägerin die faktische Veränderungssperre entschädigungslos hinzunehmen hätte, wäre - so der BGH - auf zwei Jahre zu beschränken. Unterlässt es eine Gemeinde, eine zweijährige förmliche Sperre gemäß §17 Abs.1 Satz 3 zu verlängern, so liegt darin ein sachlicher Mangel, der grundsätzlich zur Entschädigungspflicht führt. Die zunächst rechtmäßige faktische Veränderungssperre verwandelt sich nach mehr als zweijähriger Dauer grundsätzlich in eine rechtswidrige Sperre, wenn die Gemeinde nicht zu dem für die Verlängerung von Veränderungssperren vorgeschriebnen Verfahren übergeht.

Faktische Bausperre - Der bereits vor Inkrafttreten des BBauG entwickelte Begriff der faktischen Bausperre ist übernommen worden; danach ist neben der rechtmäßigen Veränderungssperre i. S. der §§ 14ff. BBauG noch Raum für eine faktische Bausperre in dem Sinne, dass die Behörde trotz Nichtvorliegens einer förmlichen Veränderungssperre eine nach dem allgemeinen Baurecht an sich zulässige Bebauung verhindert und damit einen Enteignungstatbestand schafft. Diesen Begriff hat der BGH sodann dahin erläutert, dass es nicht eines ausdrücklichen Gebotes bedürfe, wenn die Haltung der Behörde eindeutig erkennen lässt, dass alle Gegenvorstellungen oder Beschwerden zwecklos sein würden, der Betroffene deshalb nachgibt und von einem ernstlich gewollten Vorhaben Abstand nimmt, wobei zweifelhaft sein kann, ob die letztere Entscheidung insoweit ausgewogen ist, als nicht mehr auf das Merkmal der Rechtswidrigkeit abgestellt worden ist. Wenn eine förmliche Veränderungssperre nicht verhängt war, kommt also das Verhalten der Gemeinde in seinen Auswirkungen faktisch einer Bausperre gleich, sofern eine Bebauung nach den für das jeweilige Grundstück allgemein geltenden Vorschriften zulässig ist, aber eine Bebauung demnach tatsächlich unmöglich gemacht wird. In der Rspr. des BGH ist anerkannt, dass eine solche faktische Bausperre einen enteignungsgleichen Eingriff bilden kann, sofern eine nach dem allgemeinen Baurecht an sich zulässige Bebauung verhindert wird. Beispiele: Innerdienstliche Absprachen oder Weisungen, Bauanträge für ein bestimmtes Gebiet ganz allgemein nicht zu genehmigen, nicht zu bearbeiten oder grundsätzlich abzulehnen; Bauanträge werden für ein bestimmtes Gebiet kontinuierlich abgelehnt oder sind abgelehnt worden. Die Rechtslage ist dann die gleiche, wie wenn die Gemeinde ohne gesetzliche Grundlage eine Bausperre verhängt hätte. Für die Anerkennung einer entschädigungspflichtigen faktischen Bausperre darf nicht gefordert werden, dass sich das zur Annahme der Sperre führende Verwaltungshandeln auf die Behandlung eines förmlichen Bauantrags bezieht. Ein einer solchen Maßnahme gleichstehender faktischer Eingriff liegt vor, wenn der Betroffene mit Rücksicht auf die Erklärung der Behörde in vernünftiger Weise davon absieht, ein förmliches Gesuch um Erteilung der Erlaubnis einzureichen; dabei ist ein eindeutiges Verhalten der Behörde zu fordern, das als Ausdruck ihrer in dieser Frage verbindlichen Haltung aufgefasst werden kann. Der BGH räumt im ersteren Urteil zwar ein, dass in einem Bauantrag regelmäßig der Bauwille des Betroffenen zuverlässig zum Ausdruck kommt, ebenso, dass bei Anwendung der §§ 14ff. der für die Dauer der entschädigungslosen oder entschädigungspflichtigen Sperre maßgebende Zeitpunkt in tatsächlicher Hinsicht sich häufig wird leichter feststellen lassen. Das alles ist aber nicht so gewichtig, dass der formellen Seite Gewicht zuerkannt werden dürfe. Andererseits kann jedoch ein bloßes Unterlassen, das sich nicht wie ein in den Rechtskreis des Betroffenen eingreifendes Handeln qualifizieren lässt, kein enteignender Akt und mithin auch kein enteignungsgleicher Eingriff sein.

An diesen Grundsätzen hat der BGH auch in der Folgezeit festgehalten. Ein Eingriff im enteignungsrechtlichen Sinne setzt grundsätzlich ein positives Handeln der öffentlichen Gewalt voraus. Ein reines Unterlassen und Untätig bleiben der öffentlichen Hand erfüllt grundsätzlich nicht die Merkmale eines Eingriffs. Ein Eingriff ist jedoch zu bejahen, wenn sich das Unterlassen ausnahmsweise als ein in den Rechtskreis des Betroffenen eingreifendes Handeln qualifizieren lässt. Von einem qualifizierten Unterlassen kann aber nicht gesprochen werden, wenn nicht eindeutig feststeht, welches konkrete Verhalten der öffentlichen Hand nach öffentlichem Recht geboten ist. Ein Eigentümer muss dabei mit Rücksicht auf entsprechende Erklärungen der Behörde vernünftigerweise davon absehen, ein förmliches Baugesuch einzureichen. Das Verhalten der Behörde muss insoweit eindeutig sein und als Ausdruck einer verbindlichen Haltung aufgefasst werden können. Ist eine förmliche Veränderungssperre nicht verlängert worden, bedarf es der Darlegung und gegebenenfalls des Beweises von Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass der Betroffene nach Ablauf der Veränderungssperre wegen eines bestimmten baulichen Vorhabens bei der Behörde angefragt und wiederum auf eindeutige Ablehnung gestoßen ist.

Der Betroffene braucht den in einer rechtswidrigen faktischen Bausperre liegenden enteignungsgleichen Eingriff grundsätzlich nicht auf Zeit entschädigungslos hinzunehmen. Einer der Ausnahmefälle, in denen bisher eine derartige Duldungspflicht angenommen worden ist, ist hier nicht gegeben.