Gemeindeverfassungsrecht
Das BauGB enthält keine in sich abgeschlossene und vollständige Regelung der formellen Voraussetzungen für die Bebauungsplanung. Soweit das Bundesrecht keine Regelung trifft, bestimmt sich das bei der Aufstellung von Bauleitplänen einzuhaltende Verfahren nach Landesrecht. Die Vorschrift des § 10 erklärt Bebauungspläne formell zu Satzungen und verweist somit auf das allgemeine Kommunalverfassungsrecht. Dieses ist bei den Flächenstaaten in den Gemeindeordnungen der Länder geregelt. Daneben sind die aufgrund der Gemeindeordnung erlassenen Vorschriften der Gemeinde zu beachten. Das Kommunalverfassungsrecht ist insbesondere maßgebend für
- die Bestimmung des zuständigen Gemeindeorgans;
- die Beteiligung von Stadtbezirksräten, Ortsräten, Ortsvorstehern oder sonstigen Gliederungen der Gemeinde;
- das Verfahren in der kommunalen Vertretungskörperschaft und in den Ausschüssen;
- den Ausschluss von kommunalen Mandatsträgern von der Beratung und Abstimmung;
- die Ausfertigung;
- die Form der Bekanntmachung nach § 12.
Nach dem Kommunalverfassungsrecht richtet sich auch, inwieweit Verletzungen seiner Vorschriften beachtlich bzw. unbeachtlich sind bzw. geheilt werden können. Die §§ 214 und 215 sind insoweit nicht anwendbar.
Sonderregelungen für Stadtstaaten
Eine von § 10 abweichende Regelung ist nach § 246 Abs. 2 in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg möglich. Hiernach bestimmen die Länder Berlin und Hamburg, welche Form der Rechtssetzung an die Stelle der im BauGB vorgesehenen Satzung tritt; das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. In Berlin tritt an die Stelle der Satzung nach § 10 BauGB eine Rechtsverordnung des zuständigen Senators.
In Hamburg werden Bebauungspläne im Regelfall durch Rechtsverordnung des Senats festgestellt; die Bürgerschaft stellt Bebauungspläne durch Gesetz fest, wenn sie sich die Feststellung vorbehalten hat, der Senat ihr Entwürfe zur Feststellung vorlegt oder ein Viertel der gesetzlichen Mitgliederzahl der örtlich zuständigen Bezirksversammlung dem Planentwurf widersprochen oder die Bezirksversammlung dem Planentwurf nicht zugestimmt hat. Im Hinblick auf den Rechtsschutz sind jedoch auch die formell als Gesetz beschlossenen Bebauungspläne als Satzungen i. S. von § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zu verstehen; es liegt insoweit ein satzungsvertretendes Gesetz vor.
In Bremen und Bremerhaven werden Bebauungspläne als Ortssatzungen festgestellt. Sie sind durch das Gesetz über den Wegfall von Genehmigungen, Anzeigen oder Zustimmungen nach dem Baugesetzbuch vom 7. 7. 1987 von einer aufsichtlichen Prüfung nach § 11 freigestellt. Verfahrensrechtliche Regelungen für den Erlass von Ortssatzungen sind in der Verfassung der Freien Hansestadt Bremen sowie in der Verfassung für die Stadt Bremerhaven enthalten.
Verwaltungsvorschriften der Länder
Zur Anwendung des BauGB sind in verschiedenen Ländern Verwaltungsvorschriften erlassen worden. Diese betreffen auch § 10:
- Bayern:
Hinweise für die Ausarbeitung und Aufstellung der Bauleitpläne, Bek. vom 30.7. 1982, MAB1. S. 517; 1. Fortschreibung Juli 1988;
- Hamburg:
Hinweise für die Ausarbeitung von Bauleitplänen, eingeführt durch verwaltungsinterne Anweisung vom 1.3. 1976, zuletzt ergänzt durch 19. Ergänzungslieferung vom Juli 1989;
- Niedersachsen:
Verwaltungsvorschriften zum Bundesbaugesetz, in der Fassung des RdErl. vom 10.2. 1983, geändert durch RdErl. des MS vom 19. 1. 1984; Neufassung ist in Vorbereitung; Verwaltungsvorschriften zum Baugesetzbuch, RdErl. des Sozialministers vom 2. 5. 1988;
- Nordrhein-Westfalen:
Baugesetzbuch, Änderungen gegenüber den bisherigen Regelungen im Bundesbaugesetz, RdErl. d. Ministers für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr vom 6.7. 1987;
- Schleswig-Holstein:
Verfahren bei der Aufstellung von Bauleitplänen, RdErl. des Innenministers vom 27. 10. 1987;
- Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen:
Gemeinsamer Einführungserlass zum Baugesetzbuch, Oktober 1990, veröffentlicht vom BMBau.
Der Rechtscharakter des Bebauungsplans ist seit Anfang an streitig. Seine Einordnung in die überkommene Formtypik bereitet Schwierigkeiten.
Die Frage nach dem Rechtscharakter ist nicht nur rechtstheoretischer
Natur, sondern auch von erheblicher praktischer Bedeutung. Von der Antwort hierauf hängen ab:
- die Form des zulässigen Rechtsbehelfs:
Ist der Bebauungsplan ein Verwaltungsakt, so kommt die Anfechtungsklage nach § 42 VwGO in Betracht. Die Klagebefugnis ist dabei auf die Fälle möglicher Rechtsverletzung gemäß § 42 Abs. 2 VwGO begrenzt. Ist der Bebauungsplan dagegen ein untergesetzlicher Rechtssatz, so ist hiergegen die Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 VwGO zulässig. Der Normenkontrollantrag hat keine aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO; der Bebauungsplan kann also ungeachtet etwaiger Normenkontrollverfahren, in denen seine Gültigkeit geklärt werden soll, die Grundlage für baurechtliche Entscheidungen bilden, sofern nicht sein Vollzug durch eine einstweilige Anordnung nach § 47 Abs. 7 VwGO ausgesetzt wird. Die früher offene Frage, ob gegenüber einem Bebauungsplan überhaupt ein Rechtsschutz gegeben sei, ist mit der bundesweiten Einführung der Normenkontrolle nach § 47 VwGO im Jahre 1976-gegenstandslos geworden;
- die Form des Erlasses:
Verwaltungsakte beruhen auf einer Verwaltungsentscheidung, Satzungen bedürfen eines Satzungsbeschlusses;
- die Art der Verlautbarung:
Verwaltungsakte bedürfen der Bekanntgabe, Rechtsnormen der Verkündung in einem dafür vorgeschriebenen amtlichen Verkündungsorgan;
- die Art der Bindungswirkung:
Rechtsnormen wirken gegenüber jedermann, Verwaltungsakte in der Regel nur gegenüber dem Adressaten;
- die Form der Aufhebung:
Rechtsnormen können nur in einem dem Rechtssetzungsverfahren vergleichbaren förmlichen Verfahren aufgehoben werden; bei Verwaltungsakten kommt dagegen ein Widerruf nach § 49 VwVfG oder eine Rücknahme nach § 48 VwVfG in Betracht;
- das im Falle der Rechtswidrigkeit maßgebende Fehlerrecht.