Generalvertreter-Vertrag

Zum Sachverhalt: Der Beklagten betreibt den Handel mit Bürobedarf. Der Kläger war Angestellter der M. Diese Gesellschaft stellte ein als T bezeichnetes Kopiergerät her. Nachdem sie es zunächst durch eigene Reisende vertrieben hatte, entschloss sie sich, es durch den Fachhandel zu verkaufen. 1958 schloss sie mit dem Beklagten einen Vertrag, durch den sie ihn als Fachhändler bestätigte. Der Vertrag konnte von beiden Vertragsschließenden mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende eines jeden Kalenderhalbjahres gekündigt werden. Der Beklagten verpflichtete sich, einen Verkaufsspezialisten ausschließlich für das T-Verfahren einzusetzen. Das wurde der Kläger Dieser übergab dem Beklagten im November 1958 ein Schreiben über die Art ihrer zukünftigen Zusammenarbeit mit Gewinnaufteilung 50:50. Die Beklagte unterschrieb die im Besitz des Klägers gebliebene Durchschrift dieses Schreibens. Zur Unterzeichnung eines vom Kläger entworfenen Vertrages kam es dagegen nicht. Der Beklagten ließ diesen Entwurf handschriftlich ändern und legte dieses Schriftstück dem Kläger vor. Der Kläger versah diejenigen Änderungen, die er missbilligte, mit einem Ausrufezeichen. Nr. 1 des Entwurfs blieb unverändert; sie lautet: Herr 0 übernimmt alle Rechte und Pflichten aus dem Generalvertreter-Vertrag mit der M... Er tritt also im T-Geschäft allein als Firma auf und übernimmt die Abwicklungsarbeiten mit der M. Nr. 2 des Entwurfs lautet in der handschriftlich geänderten Fassung: Herr R übernimmt selbständig die T-Verkaufsleitung.... Der Einkauf von Maschinen und sonstigen Teilen erfolgt durch die Firma 0 nach Rücksprache mit Herrn R. Alle Aufträge werden schriftlich erteilt und haben nur Gültigkeit, wenn Herr 0 unterschreibt. Die letzten beiden Sätze dieser Ziffer sind eine handschriftliche Einfügung. Der Kläger hat sie mit einem Ausrufezeichen versehen.

Nr. 6 des Vertragsentwurfs hat folgende mit einem Ausrufezeichen des Kläger versehene handschriftlich geänderte Fassung: Dieser Vertrag gilt auf unbestimmte Zeit. Er kann von beiden Seiten mit einer sechsmonatigen Kündigung zum 30.6. oder 31. 12. gekündigt werden. Vor der handschriftlichen Änderung hatte diese Ziffer gelautet: Dieser Vertrag behält in Anlehnung an den Generalvertreter-Vertrag zwischen der M und der Firma 0 Geltung und ist solange der Vertrag zwischen der M und der Firma 0 besteht wirksam.

Der Beklagten verpflichtete sich mündlich, dem Kläger für alle Verkäufe an die M 2% Provision zu zahlen. Während der Dauer des Vertragsverhältnisses der Parteien zahlte die M dem Kläger Prämien auf der Grundlage aller durch die T-Abteilung getätigten Verkäufe. Der Kläger teilte diese Prämien nicht mit dem Beklagten. Der Beklagten erteilte dem Kläger monatliche Abrechnungen. Hierüber und insbesondere über die dabei zu berücksichtigenden Unkosten kam es wiederholt zu Meinungsverschiedenheiten. Beide Parteien kündigten am 26. 1. 1962 das Vertragsverhältnis fristlos. In einem Vorprozess ist der Beklagten antragsgemäß für die Monate September 1961 bis Januar 1962 zu einer Nachzahlung verurteilt worden. Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger die Zahlung eines weiteren Betrages für die Zeit vom 1. 8. 1961 bis Januar 1962 begehrt. Außerdem hat der Kläger Auskunft, Rechnungslegung mit Buchauszug und Rechnungskopien für die Zeit vom Januar 1962 bis Oktober 1963 sowie Zahlung der Hälfte des sich daraus ergebenden Gewinns verlangt. Das Landgericht hat abgewiesen, das Oberlandesgericht zu einem wesentlichen Teil zugesprochen. Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg.

Aus den Gründen: I. Das Berufsgericht hat dem Rechnungslegungsantrag der Stufenklage auf Zahlung der Hälfte des Unterschiedsbetrages zwischen Einnahmen und Unkosten der T-Abteilung für die Zeit vom Januar bis Dezember 1962 stattgegeben und den Rechtsstreit zur Verhandlung und Entscheidung über den Zahlungsantrag - für diesen Zeitraum - an das Landgericht zurückverwiesen, weil es der Auffassung ist, dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt einer vom Beklagten schuldhaft veranlassten fristlosen Kündigung des Vertragsverhältnisses der Parteien durch den Kläger zu. Hierbei ist es davon ausgegangen, dass die vom Beklagten ausgesprochene fristlose Kündigung nicht berechtigt gewesen sei und der Beklagten den Vertrag über die Zusammenarbeit mit dem Kläger bei dem Vertrieb von T-Geräten, der trotz fehlender Einigung über einzelne Punkte rechtswirksam zustande gekommen sei, gemäß einer Vertragsinhalt gewordenen weiteren Teileinigung frühestens habe zum 31.12.1962 kündigen können. Nach dem Inhalt dieser Vereinbarung seien beide Parteien berechtigt gewesen, das Rechtsverhältnis mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende eines Kalenderhalbjahres zu kündigen. Die unberechtigte fristlose Kündigung des Beklagten sei in eine fristgemäße Kündigung zum 31. 12. 1962 umzudeuten. Die Revision beanstandet, dass das Berufsgericht angenommen hat, es sei eine Vereinbarung über das Kündigungsrecht zustande- gekommen. Sie kann damit nicht durchdringen.

Es unterliegt zwar rechtlichen Bedenken, dass das Berufsgericht in dem Änderungsvorschlag des Beklagten zu der vorgesehenen Kündigungsregelung die Annahme eines damit übereinstimmenden Antrags des Klägers gesehen hat. Hiergegen spricht bereits, dass der Vorschlag des Kläger, der Vertrag der Parteien solle in Anlehnung an den Generalvertreter-Vertrag zwischen der M und dem Beklagten Geltung behalten und solange wirksam sein wie dieser, kaum dahin verstanden werden konnte, der Vertrag der Parteien solle nicht nur solange gelten wie der Generalvertreter-Vertrag, sondern auch wie dieser - aber unabhängig von dessen Laufzeit - mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende eines Kalenderhalbjahres gekündigt werden können. Jedenfalls läge in dem Änderungsvorschlag des Beklagten, der eine Bindung an die Laufzeit des Generalvertreter-Vertrages ersichtlich nicht wollte und nur vorschlug, der Vertrag der Parteien solle auf unbestimmte Zeit gelten und von beiden Seiten mit einer Frist von 6 Monaten zum 30.6. oder 31. 12. gekündigt werden können, nur eine Annahme mit Änderungen, die gemäß § 150 II BGB als neuer Antrag zu gelten und der Annahme durch den Kläger bedurft hätte. Dass dies geschehen sei, kann den Feststellungen des Berufsgerichts nicht entnommen werden.

Das Ergebnis, zu dem das Berufsgericht in diesem Punkt gelangt ist, lässt sich jedoch mit einer anderen Begründung aufrechterhalten. Da der Vertrag der Parteien über die Zusammenarbeit beim Vertrieb von T- Geräten rechtswirksam zustande gekommen ist, und eine Regelung über das Kündigungsrecht unstreitig getroffen werden sollte, aber nicht zustande gekommen ist, liegt eine Vertragslücke vor, die gemäß § 157 BGB im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist. Das RevGer. ist nicht gehindert, diese Auslegung vorzunehmen. Die Feststellungen des Berufsgerichts bieten hierfür eine hinreichende Grundlage. Bei der hiernach erforderlichen und möglichen Ergänzung des Vertragsinhalts muss nach Treu und Glauben darauf Rücksicht genommen werden, dass es dem Willen des Beklagten entsprach, dem Kläger einen Kündigungsschutz nach Maßgabe des Änderungsvorschlags zu gewähren, und der Kläger ersichtlich darauf vertraute, diesen Schutz jedenfalls zu haben, solange der Vertrag zwischen der M und dem Beklagten weiter bestehe. Die vom Beklagten vorgeschlagene Regelung entspricht auch der Interessenlage oder ist doch jedenfalls nicht zu ungünstig für den Beklagten Dieser kann sich von seinem Vorschlag, mit dem er zu erkennen gab, wie er das Kündigungsrecht geregelt wissen wollte, nicht mehr lossagen, nachdem er die Vorteile aus der Zusammenarbeit mit dein Kläger gezogen und insbesondere die geschäftlichen Beziehungen des Kläger, die dieser zu einem erheblichen Teil bereits besaß, als das Vertragsverhältnis der Parteien begründet wurde, für sich ausgenutzt hat. Das Berufsgericht ist daher im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Beklagten das Rechtsverhältnis der Parteien im Januar 1962 frühestens zum 31. 12. 1962 kündigen konnte. Der Generalvertreter-Vertrag zwischen der M und dem Beklagten bestand noch bis zum 30.10. 1963.

Die Ausführungen, mit denen das Berufsgericht begründet, weshalb die vom Kläger ausgesprochene fristlose Kündigung berechtigt, die vom Beklagten erklärte fristlose Kündigung dagegen unberechtigt gewesen sei und es auf einem vom Beklagten zu vertretenden Verhalten beruhe, dass der Kläger fristlos gekündigt habe, lassen keinen Rechtsfehler erkennen; sie werden auch von der Revision nicht angegriffen. Aus ihnen ergibt sich die Schadensersatzpflicht des Beklagten, den Kläger so zu stellen, als habe das Vertragsverhältnis noch bis zum 31. 12. 1962 bestanden. Dies gilt unabhängig davon, wie das Vertragsverhältnis der Parteien rechtlich einzuordnen ist.