gepfändete Forderung

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen der Drittschuldner mit seiner Forderung gegen den Schuldner gegen die gepfändete Forderung aufrechnen kann (vgl. auch BGHZ 58, 327 [331] = LM § 404 BGB Nr. 10 und BGHZ 68, 379 [382] = LM § 17 KO Nr. 9).

Zum Sachverhalt: Die Beklagte, vertreten durch das Staatliche Hochbauamt, übertrug der Firma S wiederholt Arbeiten bei Bauvorhaben, zuletzt durch Auftrag vom 9. 5. 1977 Bohr-, Verfüll- und Maurerarbeiten. Die Geltung der VOB/B (1973) war vereinbart. Die Kläger hatte der Firma S Sand geliefert. Sie ließ wegen ihrer Kaufpreisforderung durch Beschluss des AG vom 24. 6. 1977 - aufgrund Vollstreckungsbefehl über 8400 DM - die Forderung der Firma S gegen das Staatliche Hochbauamt aus neuem Werkvertrag pfänden und sich zur Einziehung überweisen. Der Beschluss wurde dem Hochbauamt am 6. 7. 1977 zugestellt. Die Firma S geriet in Vermögensverfall und stellte die Arbeiten ein. Daraufhin kündigte die Beklagte mit Schreiben des Hochbauamts vom 16. 8. 1977 den Bauvertrag. Zugleich berechnete sie nach vorläufigen Ermittlungen den restlichen Werklohn mit 7200 DM und erklärte, gegen diese Forderung mit Schadensersatzansprüchen wegen Nichterfüllung des Vertrags aufzurechnen. Sie ließ das Bauvorhaben durch einen Drittunternehmer fertigstellen, In ihrer Abrechnung vom 7. 4. 1978 errechnete sie den restlichen Werklohn der Firma S auf 7200 DM und ihren zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch auf 12 500 DM. Die Kläger verlangt mit der Klage von der Beklagte die Bezahlung der gepfändeten Werklohnforderung in Höhe von 7200 DM.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Die - zugelassene - Revision der Kläger hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Das Berufungsgericht führt aus, der restliche Werklohnanspruch der Firma S gegen die Beklagte aus dem Auftrag vom 9. 5. 1977 sei durch die Aufrechnung getilgt. Allerdings sei der Anspruch durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 24. 6. 1977 wirksam gepfändet worden. Die durch die Zustellung des Beschlusses an die Beklagte am 6. 7. 1977 eingetretene Beschlagnahme habe jedoch die von der Beklagte später erklärte Aufrechnung mit ihrem Schadensersatzanspruch gemäß § 392 BGB nicht ausgeschlossen. Mit der durch das Schreiben des Hochbauamts vom 16. 8. 1977 ausgesprochenen Kündigung des Bauvertrags gemäß § 8 Nr. 2 VOB/B sei der gepfändete Anspruch der Firma S auf Vergütung der bis dahin geleisteten Arbeiten fällig geworden. Gleichzeitig und nicht etwa später sei aber auch der Schadensersatzanspruch der Beklagte wegen Nichterfüllung des offengebliebenen Vertragsteils rechtlich selbständig und fällig geworden. Damit hätten beide Ansprüche einander aufrechenbar gegenübergestanden. Bei Beschlagnahme der Werklohnforderung habe zwar der Schadensersatzanspruch selbst noch nicht bestanden, aber doch sein Rechtsgrund, nämlich die Verpflichtung der Firma S zur ordnungsmäßigen Ausführung der Bauarbeiten. Es wäre unbillig, wenn dem Schuldner durch die sich in der Sphäre des anderen Vertragsteils vollziehende Beschlagnahme eine Aufrechnungsmöglichkeit genommen würde, die zu erlangen er z. Z. der Beschlagnahme begründete Aussicht gehabt habe. - Diesen Ausführungen ist im Ergebnis zuzustimmen.

1. a) Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 24. 6. 1977 lässt für die Beteiligten und auch für Dritte als Gegenstand der Pfändung den Werklohnanspruch der Firma S gegen die Beklagte aus dem Auftrag vom 9. 5. 1977 genügend erkennen.

b) Die Revisionsbeklagte meint zwar dagegen, das Berufungsgericht habe zu geringe Anforderungen an die Bezeichnung der gepfändeten Forderung gestellt. Deren Identität mit der Werklohnforderung aus dem Auftrag der Beklagte vom 9. 5. 1977 sei für Dritte nicht zweifelsfrei erkennbar gewesen. Das trifft nicht zu. Eine gepfändete Forderung ist schon dann ausreichend bezeichnet, wenn bei verständiger, nach objektiven Gesichtspunkten vorzunehmender Auslegung des Pfändungsbeschlusses die Forderung unzweifelhaft festgestellt werden kann, die Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein soll (vgl. BGH, LM § 829 ZPO Nr. 15 = NJW 1975, 980 [981] m. w. Nachw.). Das Rechtsverhältnis, aus dem die Forderung hergeleitet wird, muss zwar in allgemeinen Umrissen angegeben werden; dabei sind aber Ungenauigkeiten unschädlich, wenn sie keinen Zweifel begründen, welche Forderung gemeint ist (BGH, LM § 829 ZPO Nr. 15 = NJW 1975, 980 [981]).

c) Diesen Anforderungen genügt der vorliegende Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Als im Zeitpunkt der Pfändung zwischen der Firma S und dem Hochbauamt abgeschlossener neuer Werkvertrag kommt allein der durch den Auftrag der vom Hochbauamt vertretenen Beklagte vom 9. 5. 1977 zustande gekommene Bauvertrag in Betracht. Das war nicht nur für die unmittelbar Beteiligten zweifelsfrei erkennbar, sondern auch für Dritte. Die Beklagte hat infolgedessen auch keinen Anhalt dafür aufgezeigt, dass irgendein Dritter, etwa ein anderer Gläubiger der Firma S, nach dem Inhalt des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses Zweifel hätte haben können, welche von mehreren Forderungen gegen welche von mehreren Auftraggebern gemeint gewesen sei.

2. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, das Schreiben der Kläger an die Firma S und an das Hochbauamt vom 14. 6. 1977, mit dem sie die bevorstehende Pfändung desjenigen Anspruchs ... welcher dem Schuldner gegen den Drittschuldner zusteht, soweit der Anspruch pfändbar ist ... angekündigt hatte, sei mangels ausreichender Bezeichnung der zu pfändenden Forderung keine wirksame Vorpfändung i. S. von § 845 ZPO. Das stellt die Revision zur Überprüfung. Es kann jedoch offen bleiben, ob diese Vorpfändung wirksam war; denn auch die spätere Beschlagnahme durch den am 6. 7. 1977 zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss liegt noch vor der mit Schreiben der Beklagte vom 16: 8. 1977 ausgesprochenen Kündigung des Bauvertrags, in deren Folge - wie noch auszuführen ist - der restliche Werklohnanspruch und die Schadensersatzforderung fällig geworden sind.

3. Die Revision meint, die Aufrechnung sei -hier nach § 392 BGB unzulässig. Das trifft nicht zu.

a) Nach der 1. Alternative dieser Vorschrift ist die Aufrechnung dann ausgeschlossen, wenn der Aufrechnende die Aufrechnungsforderung erst nach der Beschlagnahme erworben hat. Das ist hier nicht der Fall.

aa) Es ist allgemein anerkannt, dass im Konkursverfahren der Vertragsgegner der Gemeinschuldner gegen Ansprüche der Masse auf Vergütung für den ausgeführten Teil der Leistungen mit einem Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung des restlichen nicht ausgeführten Teils aufrechnen kann. Der Schadensersatzanspruch gilt als schon vor Konkurseröffnung aufschiebend bedingt entstanden. Gem. § 54 I KO ist daher die Aufrechnung mit ihm auch nach Konkurseröffnung nicht ausgeschlossen (vgl. BGHZ 68, 379 [382] -= LM § 17 KO Nr. 9 = NJW 1977, 1345 m. w. Nachw.).

bb) Nach § 406 BGB, der dem § 392 BGB ähnelt, kann der Schuldner auch nach Abtretung der Forderung noch mit einer ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustehenden Forderung aufrechnen, es sei denn, dass er bei dem Erwerb der Forderung von der Abtretung Kenntnis hatte oder dass die Forderung erst nach der Erlangung der Kenntnis und später als die abgetretene Forderung fällig geworden ist. Auch bei § 406 BGB ist anerkannt, dass es für den Erwerb der Aufrechnungsforderung genügt, wenn diese zu dem maßgebenden Zeitpunkt lediglich nach ihrem Rechtsgrund entstanden war (vgl. BGH, JZ 1962, 92; BGHZ 58, 327 [331] = LM § 40 BGB Nr. 10 = NJW 1972, 1193).

b) Die Aufrechnung ist hier auch nicht nach der 2. Alternative des § 392 BGB ausgeschlossen. Die Aufrechungsforderung ist zwar erst nach der Beschlagnahme, aber nicht später als die in Beschlag genommene Forderung fällig geworden. Dabei kann dahinstehen, ob der gepfändete Anspruch auf restlichen Werklohn bereits mit der Kündigung fällig geworden ist, wie das Berufungsgericht meint, oder gemäß § 16 Nrn. 3, 4 VOB/B (1973) erst später mit Erteilung einer prüfbaren Schlussberechnung. Der gemäß § 8 Nr. 2 II 2 VOB/B an die Stelle des Erfüllungsanspruchs getretene Schadensersatzanspruch der Beklagte ist jedenfalls bereits mit ihrer Kündigung fällig geworden, und damit keinesfalls später als die Werklohnforderung, sondern allenfalls gleichzeitig mit ihr. Zu Unrecht meint die Revision, der Schadensersatzanspruch der Beklagte sei erst fällig geworden, als der Drittunternehmer das von der Firma S nur zum Teil hergestellte Werk vollendet und der Beklagte seine Arbeiten in Rechnung gestellt habe. Die Beklagte hat zwar erst zu dieser Zeit ihren Schadensersatzanspruch genau beziffert. Darauf kommt es aber für seine Fälligkeit nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass der Schaden im Zeitpunkt der Kündigung eingetreten war, dem Umfang nach unverändert blieb und in Geld berechnet werden konnte. Er bestand darin, dass die Beklagte durch die Kündigung gezwungen war, einen Drittunternehmer mit der Vollendung des Werks zu beauftragen und dafür höhere Kosten aufzuwenden, als es bei ordnungsmäßiger Vertragserfüllung durch die Firma S der Fall gewesen wäre. Entgegen der Ansicht der Revision waren die hier allein in Frage stehenden notwendigen, d. h. unvermeidbaren Mehrkosten bereits im Zeitpunkt der Kündigung berechenbar. Damit war der Schadensersatzanspruch im Zeitpunkt der Kündigung fällig.

c) dass hier trotz der Pfändung noch aufgerechnet werden kann, wird auch der Interessenlage gerecht. Es ist nicht einzusehen, warum in § 392 BGB eine andere Regelung getroffen sein sollte als in § 54 KO und in § 406 BGB. Es wäre unbillig, wenn dem Schuldner durch die Pfändung - anders als im Konkurs und als bei der Abtretung - eine Aufrechnungsmöglichkeit genommen würde, die zu erlangen er z. Z. der Beschlagnahme bereits begründete Aussicht hatte (vgl. Weber, in: RGRK, 12. Aufl., § 392 Rdnr. 1; Staudinger-Kaduk, BGB, 10./ 11. Aufl., § 392 Rdnr. 12). Andererseits soll der Gläubiger durch die Pfändung keine stärkere Stellung erhalten, als sie sein Schuldner - der Gläubiger der gepfändeten Forderung - im Zeitpunkt der Pfändung hatte.