Gesamtgrundschuld

Zur Auslegung der Freistellungserklärung einer baufinanzierenden Bank gegenüber dem Grundstücksveräußerer hinsichtlich einer Grundschuld, die durch Grundstücksaufteilung der Gesamtgrundschuld an einer Reihe von Wohnungseigentumsrechten geworden ist.

Zum Sachverhalt: Mit notariellem Vertrag vom B. 5. 1972 hat der Kläger von der P-GmbH & Co. KG eine noch herzustellende Eigentumswohnung erworben. Sämtliche Zahlungen sollten auf ein bestimmtes Baukreditkonto der Plan-Finanz bei dem Beklagten gezahlt werden, Treuhandgelder auf ein bestimmtes Sperrkonto der Plan-Finanz bei dem Beklagten. Der Kläger ist als Wohnungseigentümer im Grundbuch eingetragen. Bezahlt hat er bisher insgesamt 93600 DM. Die Zahlung des Restes von 52900 DM verweigert er, weil der Betrag wegen unvollständiger und mangelhafter Bauausführung noch nicht fällig sei. Das Wohnungseigentum des Kläger ist ebenso wie die Wohnungseigentumsrechte der übrigen 11 Erwerber mit einer Gesamtgrundschuld von 950000 DM zugunsten des Beklagten belastet, die das Bauvorhaben finanziert hat. Die Grundschuld wurde vom Voreigentümer des Grundstücks, dem an der Plan-Finanz beteiligten Architekten K, in vollstreckbarer notarieller Urkunde vom 6. 9. 1971 am damals eigentumsmäßig noch ungeteilten Grundstück bestellt und später in die Wohnungsgrundbücher der Erwerber übertragen. Nach der die Eintragungsbewilligung enthaltenden Grundschuldbestellungsurkunde vom 6. 9. 1971 sollen alle Zahlungen an die Beklagte als Zahlungen auf die persönliche Forderung gelten, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wird. Am 27. 9. 1971 hat die Beklagte gegenüber der Plan-Finanz folgende Freistellungserklärung abgegeben. Der jeweilige Käufer haftet nur für den Teilbetrag der Gesamtbriefgrundschuld in Höhe seines Kaufpreises, wobei sich die Haftung jeweils um die gezahlten Kaufpreisteile mindert. Wir ver- pflichten uns, diejenigen gekauften Wohnungs- und Teileigentumsrechte aus der Globalbelastung freizustellen, für die der gesamte Kaufpreis auf das bei uns geführte Konto Nr.... oder auf das Sperrkonto - Nr... gezahlt ist. Die Freistellung kann nicht verlangt werden, solange der eingezahlte Kaufpreis auf den vorgenannten Konten nicht zugunsten unserer Kreditnehmerin freigegeben worden ist. Falls das Bauvorhaben nicht vertragsgemäß vollendet werden sollte, werden wir das Kaufobjekt freigeben, sobald der Käufer alle bis dahin fällig gewordenen Kaufpreisraten auf das vorgenannte Konto vertragsgemäß gezahlt hat und eventuell gewährte Zwischenkredite incl. Zinsen abgedeckt sind. Der Erwerbsvertrag besagt in § 12: Dem Käufer ist bekannt, dass das Wohnungsgrundbuch mit einer Gesamtschuld in Höhe von 950 000 DM zugunsten der... belastet ist. Diese hat unter dem 27. 9. 1971 eine Freistellungserklärung abgegeben, die als Anlage diesem Vertrag beigefügt ist.

Die Beklagte nimmt den Kläger in Höhe des Kaufpreisrestes aus der Grundschuld in Anspruch. Der Kläger hat beantragt, die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde für unzulässig zu erklären, und die Beklagte zur Entlassung des Wohnungseigentums des Klägers aus der Mithaft für die Grundschuld von 950000 DM und zu entsprechender Eintragungsbewilligung zu verurteilen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: Umstritten ist allein die Frage nach der Forthaftung des Wohnungseigentums des Klägers im Umfang des von ihm noch geschuldeten Erwerbspreisrestes von 52900 DM. Dafür kann von Bedeutung sein, ob die Zahlungen des Kläger und der übrigen Erwerber nicht auf eine persönliche Forderung, sondern auf die Grundschuld selbst erfolgt sind. Dadurch, dass der frühere Grundstückseigentümer K sein Grundstück in 12 Wohnungseigentumsrechte aufteilte, wurde die am Grundstück bestehende Grundschuld der Beklagte zur Gesamtgrundschuld, die jedes Wohnungseigentum in voller Höhe belastete. An dieser dinglichen Gesamthaftung änderte sich weder etwas durch den Abschluss der einzelnen Wohnungseigentumserwerbsverträge noch durch den zu ihrer Erfüllung vollzogenen Übergang des Wohnungseigentums auf den Kläger und die übrigen Erwerber.

Zahlt bei einer Gesamtgrundschuld der eine oder andere Eigentümer eines belasteten Wohnungseigentums auf die Grundschuld, so ist im Umfang der Zahlungen der Gläubiger wegen der Grundschuld selbst befriedigt, die Grundschuld ist außer im Fall eines Ausgleichsanspruchs des zahlenden Erwerbers gegen mithaftende andere Erwerber im Innenverhältnis, §§ 1192 I, 1173 II BGB, was hier nicht in Betracht kommt- am Wohnungseigentum des Zahlenden auf diesen übergegangen und an den übrigen Wohnungseigentumsrechten erloschen; die Erwerber können diesen Wegfall der Fremdhaftung mit Vollstreckungsgegenklage und Freigabeklage geltend machen. Haben die Wohnungseigentümer dagegen nur auf eine persönliche Forderung bezahlt, so hat sich dadurch am Fortbestehen der Grundschuld in der Hand des Grundschuldgläubigers unmittelbar nichts geändert; es hängt von den schuldrechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten ab, ob die Zahlung dem Wohnungseigentümer eine Einrede gibt, durch welche die Geltendmachung der Grundschuld ihm gegenüber dauernd oder zeitweilig ausgeschlossen wird. Eine solche Einrede kann ebenfalls die Vollstreckungsgegenlage begründen; ist sie dauernder Natur, so kann der Wohnungseigentümer auch verlangen, dass der Grundschuldgläubiger auf die Grundschuld an seinem Wohnungseigentum verzichtet. Die beiden Klaganträge stützen sich ersichtlich sowohl auf den dinglichen Wegfall der Grundschuld als auch auf einen schuldrechtlichen Freigabeanspruch der genannten Art.

Das Landgericht hat die Forthaftung in Höhe des unbezahlten Restes verneint: Es hat auf Grund der Freistellungserklärung sämtliche Zahlungen aller 12 Wohnungseigentumsbewerber - in Höhe von zusammen über 1000000 DM- als Zahlungen auf die Grundschuld gewertet und diese deshalb als voll abgelöst angesehen, ohne dass es auf Erwerbspreisrückstände der einzelnen Erwerber ankomme. Das Oberlandesgericht hat dagegen jene Forthaftung dinglich und schuldrechtlich bejaht: Es hat auf Grund der Verrechnungsklausel in der Grundschuldbestellungsurkunde die Zahlungen nur als solche auf die einzelnen Kaufpreisforderungen gewürdigt und auch eine nur schuldrechtliche Freigabepflicht der Beklagte auf Grund der Freistellungserklärung deshalb verneint, weil deren Voraussetzungen nicht vorlägen.

Der erkennende Senat hält die oberlandesgerichtliche Bejahung der dinglichen Weiterhaftung für rechtsirrtumsfrei, die Verneinung einer schuldrechtlichen Freigabepflicht jedoch für rechtsfehlerhaft:

Dafür, ob eine wirtschaftlich mit einer Grundschuld zusammenhängende Zahlung des Eigentümers auf die Grundschuld oder auf eine persönliche Forderung geleistet ist, kommt es entscheidend auf seinen bei der Zahlung erklärten Willen an. Fehlt es an einer ausdrücklichen Erklärung darüber, wie häufig und auch im vorliegenden Fall, so kann sich aus den näheren Umständen, insbesondere der Interessenlage der Beteiligten, eine stillschweigende Willenserklärung darüber ergeben. Dabei wird eine Rolle spielen, ob schon vorher, insbesondere schon bei der Bestellung der Grundschuld, zwischen dem Grundschuldgläubiger und dem damaligen Eigentümer eine Verrechnungsabrede im einen oder anderen Sinn getroffen worden ist. Eine solche Zweckbestimmung lautet insbesondere bei Banken als Gläubigern häufig, so auch im vorliegenden Fall, dahin, dass Zahlungen als nicht auf die Grundschuld, sondern auf die persönliche Forderung geleistet angesehen werden sollen. Eine solche, den Interessen des Gläubigers entsprechende Verrechnungsabrede beseitigt jedoch nicht die rechtliche Möglichkeit, dass der Zahlende bei der Zahlung von ihr abweicht und auf die Grundschuld zahlt.

Entstehen Dreiecksbeziehungen, insbesondere bei Veräußerung des belasteten Grundstücks wie im vorliegenden Fall, so tritt neben die schuldrechtliche Geldforderung des Grundschuldgläubigers gegen den bisherigen Eigentümer, zu deren Sicherung nach der Sicherungsabrede zwischen ihnen die Grundschuld dient - typischerweise Darlehensforderung, so hier -, die Geldforderung des bisherigen Eigentümers gegen den Eigentumserwerber aus dem der Eigentumsübertragung zugrunde liegenden Kausalgeschäft - typischerweise Kauf- oder Werkvertrag, so hier -. Zahlt in solchen Fällen der Erwerber an den Grundschuldgläubiger, so kann dadurch nach dem übereinstimmenden Willen der Beteiligten zugleich sowohl die eine als die andere Forderung getilgt werden. Wie das Berufsgericht zutreffend hervorhebt, kommt es für die Frage, ob zugleich auf die Grundschuld gezahlt ist, bei Zahlungen des Erwerbers vor Eigentumsübergang nicht auf dessen Ablösungswillen, sondern auf denjenigen des alten Eigentümers an; liegt aber ein Grundschuldablösungswille des alten Eigentümers vor, so steht der Umstand, dass der Zahlende ein anderer als der Eigentümer ist, der Ablösung nicht entgegen.