Geschäftsbedingungen

Bei Vereinbarung eines pauschalierten Schadensersatzanspruchs in Allgemeinen Geschäftsbedingungen darf dem Vertragspartner die Möglichkeit des Nachweises nicht abgeschnitten werden, die Pauschale verhelfe dem Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu einem unangemessenen Vorteil, oder es sei jedenfalls im konkreten Falle ein weitaus geringerer Schaden entstanden.

Zum Sachverhalt: Der Beklagte mietete durch schriftlichen Vertrag vom 6. 9. 1970 bei der Kläger einer gewerblichen Kraftfahrzeugvermieterin, einen Pkw Mercedes 200 D für zwei Tage. Das Formular des Automietvertrages, das auch die Rechnung mit umfasst, enthält über der Unterschrift des Beklagten folgenden vorgedruckten Text: Ich/Wir erkennen die rückwärtigen Bedingungen und die vorderseitig eingesetzten Kosten mit nachstehender Unterschrift an....

In den 11 Nummern umfassenden, jeweils mit fettgedruckter Überschrift versehenen Miet- und Vertragsbedingungen heißt es u. a.:

Haftung des Mieters:

Der Mieter haftet bei Schäden:

a) für technische und merkantile Wertminderung

b) für Bergungs- und Rückführungskosten

c) für Sachverständigenkosten

d) für Reparaturkosten bis zur Höhe von 200 DM

e) für den vollen Mietausfall während der Reparaturzeit bzw. der Beschaffungszeit bei. Totalschaden ohne konkrete Nachweispflicht durch den Vermieter in Höhe der jeweils gültigen Preisliste zugrunde liegender Tagessätze zuzüglich 100 km Fahrtstrecke täglich.

Haftungsbefreiung:

Die Haftung nach Ziffer 9 entfällt bei Zahlung von zusätzlich 6 DM pro Tag.

Vollhaftung:

a) Verletzt der Mieter seine Verpflichtungen aus Ziffer 7 dieses Vertrages oder wurde ein Schaden am Mietfahrzeug grob fahrlässig durch Mieter oder Fahrer verursacht, so haften beide voll gemäß Ziffer 9, auch wenn eine Haftungsbefreiung nach Ziffer 10 vereinbart war. Dabei entfällt gleichzeitig die Beschränkung der Haftung für den Fahrzeugschaden gemäß Ziffer 9 d mit e.

Im Rechnungsteil auf der Vorderseite des Vertragsformulars finden sich unter Einbeziehung des vorgedruckten Textes folgende Angaben:

2 Tage zum Tagessatz von 38 DM 76 DM

200 km a 0,36 DM 72 DM

Haftungsbefreiung nach Ziff. 10d. Vertr. 6 DM p. Tg. 12 DM

Der vorgedruckte Text in der Spalte 200 DM Selbstbet. n. Ziff. 9 d. Vertrages ist durchgestrichen. Der Text in der Spalte Haftungsbefreiung ist unterstrichen.

Am 7. 9. 1970 erlitt der Beklagte mit dem Mietwagen einen Unfall, den die Kläger auf eine grob fahrlässige Missachtung des Vorfahrtsrechts durch den Beklagten zurückführt; sie will deshalb die an sich vereinbarte Haftungsbefreiung nicht gelten lassen. Der Beklagte räumt ein allenfalls geringfügiges Mitverschulden ein und beruft sich auf die Haftungsbefreiung gemäß Nr. 10 MVB.

Den unfallbedingten Schaden hat die Kläger mit 11375 DM beziffert und eingeklagt. In dieser Summe sind 1760 DM Mietausfall für 22 Tage zu je 80 DM enthalten. Das Landgericht hat die Haftungsfreistellungsvereinbarung Platz greifen lassen und demgemäß die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Kläger dagegen 9883,42 DM und Zinsen zugesprochen und die Klageabweisung nur wegen eines Teilbetrages von 50 DM Reparaturkosten, 70 DM allgemeiner Unkosten, sowie wegen des 370 DM übersteigenden Mietausfalls bestätigt. Die jeweils zugelassenen Revisionen beider Parteien blieben erfolglos.

Aus den Gründen: B. I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, Nr. 9e MVB besage bei wörtlicher und sinngemäßer Auslegung nicht, dass der Mieter verpflichtet sei, der Vermieterin für jeden Reparaturantrag einen Mietausfall von 74 DM zu ersetzen. Erstattungsfähig sei vielmehr der Gewinn, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen habe erwartet werden können. Besondere Umstände habe die Kläger nicht dargetan. Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge habe mit einer Vermietung lediglich an 5 von 22 Tagen gerechnet werden können. Für den Fall, dass die Kläger sich, mit Nr. 9e MVB eine Mietausfallpauschale von 74 DM pro Reparatur- oder Wiederbeschaffungstag habe unter allen Umständen sichern wollen, sei die Klausel wegen sachlicher Unangemessenheit unwirksam. Die Kläger würde dann im Regelfalle bei Unfallschäden an Mietfahrzeugen besser gestellt werden, als wenn ihr das Fahrzeug zur Vermietung verblieben wäre. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen.

1. Die Revision ist allerdings zuzugeben, dass die Auslegung des Berufungsgerichts, der Kfz-Mieter habe im Schadensfalle nicht schlechthin Ersatz in Höhe eines täglichen Mietausfalls zu ersetzen, zweifelhaft ist. Doch bedarf es insoweit keiner abschließenden Beurteilung. Auch wenn man der Revision im Ausgangspunkt zustimmt, kann das Rechtsmittel keinen Erfolg haben, weil auf jeden Fall. die Hilfsbegründung des angefochtenen Urteils rechtlich einwandfrei ist.

2. Die pauschale Mietausfallabgeltung wird von gewerblichen Kraftfahrzeugvermietern seit Jahren verwendet. In der vorliegenden Formulierung war sie bereits Vertragsinhalt in einem vom erkennenden Senat am 15. 5. 1968 entschiedenen Falle. Der Senat hatte gleichwohl bisher keinen Anlass, zu dieser Regelung Stellung zu nehmen. Dagegen hat er wiederholt, zuletzt im Urteil vom 27. 11. 1974 - VIII ZR 9/73 ausgesprochen, dass Schadenspauschalierungsabreden in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht grundsätzlich unzulässig sind. Nach der Rechtsprechung des BAG und des BGH ist eine Schadens- pauschale dann nicht zu beanstanden, wenn sie nicht in einem offenbaren Missverhältnis zur Höhe des branchenüblichen Gewinns steht. Sie darf nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung des vertragsbrüchigen Partners führen. Diesem Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht Rechnung getragen. Auch in der umfangreichen Literatur wird, soweit Schadenspauschalen nicht generell für unzulässig gehalten werden, ganz überwiegend der Standpunkt vertreten, die im Interesse einer risikobegrenzenden Rationalisierung der Abwicklung von Massengeschäften des täglichen Lebens sinnvolle Pauschalierung sei so lange nicht unangemessen, als der Pauschalbetrag sich an einem Durchschnittsschaden orientiere, den die in Rede stehende Vertragsverletzung nach der Schätzung eines redlichen Beobachters normalerweise zur Folge haben kann. De lege ferenda ist damit zu rechnen, dass der Gesetzgeber im Anschluss an die Vorschläge zur Verbesserung des Schutzes der Verbraucher gegenüber Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Arbeitsgruppe beim Bundesminister der Justiz in einem Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Regelung beschließt, nach der in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz stets unwirksam ist, wenn

a) die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem, gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt, oder

b) dem anderen Vertragsteil der Nachweis abgeschnitten - wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt, nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale.

Diese Regelung hat im ersten Durchgang bereits die Zustimmung in Bundesrat und Bundestag erhalten.

3. Der erkennende Senat ist der Auffassung, dass bereits nach geltendem Recht dem Schädiger zumindest nicht der Nachweis abgeschnitten werden darf, die Pauschale verhelfe dem Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu einem unangemessenen Vorteil oder im konkreten Falle sei jedenfalls ein weitaus geringerer Schaden verursacht worden.

Die Geltendmachung eines Mietausfalls für 22 Tage Reparaturzeit wäre deshalb nur dann sachlich gerechtfertigt, wenn davon ausgegangen werden müsste, dass die Kläger regelmäßig alle verfügbaren Fahrzeuge täglich vermieten könnte, wobei Fahrstrecken von 100 km zurückgelegt werden. Das Berufungsgericht hat eine derartige Annahme zutreffend als nicht gerechtfertigt abgelehnt und festgestellt, dass der Kläger tatsächlich ein wesentlich geringerer Schaden als der pauschal verlangte entstanden ist. Es hat im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO ermittelt, dass die Kläger den dem Beklagten überlassenen Mercedes 200 D nur an insge- samt 5 von 22 Tagen hätte vermieten können. Dabei hat es sich rechtlich einwandfrei auf Zahlenmaterial, welches die Kläger vorgelegt hat, gestützt. Diese Schadensschätzung greift die Revision nicht an. Nur dem auf diese Weise ermittelten tatsächlichen Schaden von 370 DM kann die Kläger ersetzt verlangen.