Geschäftsgrundlage

Die Kündigung eines Mietverhältnisses aus wichtigem Grunde, der lediglich aus eigenen Interessen des Kündigenden hergeleitet wird, kann regelmäßig nur dann zur Beendigung des Vertrages führen, wenn die Geschäftsgrundlage weggefallen ist oder sich wesentlich geändert hat.

Aus den Gründen: Auch auf § 554a BGB kann die Kläger die von ihr ausgesprochene fristlose Kündigung nicht. stützen. Der Beklagte fällt keine schuldhafte Verletzung der ihr der Kläger gegenüber aus dem Mietvertrage obliegenden Verpflichtung zur Last. Soweit sich die Rev. darauf beruft, dass die Beklagte das Hafenbecken vertragswidrig in nördlicher Richtung zu weit ausgebaggert habe, lässt sie außer acht, dass. die Beklagte die Ausbaggerung erst vorgenommen hatte, nachdem die Kläger ernstlich und endgültig die Erfüllung des abgeschlossenen Vertrages verweigert und sich von ihm losgesagt hatte.

Allerdings wird durch die gesetzliche Regelung in § 554a BGB die Anwendung der von der Rechtsprechung, auch des erk. Sen., entwickelten Grundsätze zur Kündigung aus wichtigem Grunde nicht ausgeschlossen, so dass auch Tatbestände, bei denen ein Verschulden fehlt, als wichtiger Grund in Frage kommen können. Hier betreffen indes die Umstände, die von der Kläger zur Begründung ihres angeblichen Rechts, sich von dem Vertrage lösen zu können, angeführt werden, ausschließlich Vorgänge, die sich der Einflusssphäre der Beklagte entzogen haben. In einem derartigen Falle verdienen die Belange des Kündigungsgegners grundsätzlich den Vorzug vor den Interessen desjenigen, der den Vertrag zur Auflösung zu bringen strebt. Deshalb kann eine einseitige Kündigung aus wichtigen, nur aus den eigenen Interessen des Kündigenden hergeleiteten Gründen regelmäßig nur dann zur Beendigung des Vertragsverhältnisses führen, wenn die Voraussetzungen gegeben sind, die nach der Rspr. zum Wegfall oder zur wesentlichen Veränderung der Geschäftsgrundlage führen. Diese Frage ist jedoch erst an späterer Stelle zu erörtern.

Weiter ist der Rev. zuzugeben, dass die Begründung, mit der das Berufsgericht die Anwendung der Grundsätze über den Wegfall oder die Änderung der Geschäftsgrundlage abgelehnt hat, nicht einwandfrei ist und einer rechtlichen Prüfung nicht standhält. Das Berufsgericht hat ausgeführt, weder die nach Angaben der Kläger vom Landratsamt St. in Aussicht genommene Beschränkung der Zulassung von Motorbooten auf dem St. See mit der möglichen Folge eines Widerrufs der ihr für ein 12 m Boot bereits erteilten Fahrerlaubnis noch die Tatsache, dass es der Kläger gelungen sei, dieses Boot bei der Firma R. in geeigneter Weise unterzubringen, stellten einen Umstand dar, der es als unzumutbar erscheinen ließe, die Kläger noch beim Vertrage festzuhalten.

Nach der Darstellung der Kläger sind bei Abschluss des Mietvertrages beide Parteien davon ausgegangen, dass die Kläger oder deren Mieter für alle Motorboote, die in den vorgesehenen Bootsständen in dem geplanten E-Studio untergebracht werden konnten, die Zulassung zur Schiff-Fahrt auf dem St. See erhalten würden. Die Zulassungspraxis des Landratsamts St. habe, sich indes, so trägt die Kläger vor, alsbald nach Abschluss des Vertrages geändert.

Da die Kläger, worauf die Rev. mit Recht hinweist, in dem Mietvertrage sehr erhebliche Verpflichtungen übernommen hatte, die sieh nur dann als sinnvoll erweisen konnten, wenn das E-Studio seiner Bestimmung gemäß genutzt wurde, erscheint es nicht ausgeschlossen, dass beide Parteien bei Vertragsschluss von der Beibehaltung der bisherigen Genehmigungspraxis des Landratsamts ausgingen oder dass jedenfalls die Kläger diese Vorstellung hatte, sie der Beklagte erkennbar war und sie von ihr nicht beanstandet wurde.

Weiter haben sich die Kläger darauf berufen, dass durch die vom Straßenbauamt gewählte Lösung für die Überquerung der W. durch die Olympiastraße erhöhte Gefahren beim Manövrieren mit großen Booten eingetreten seien. Das Berufsgericht hat dazu festgestellt, die infolge der Straßenverbreiterung und der Ersetzung der Flussbrücke durch einen Rohrdurchlass drohende Erschwerung des Wendens großer Boote werde dadurch ausgeglichen, dass die Beklagte auf den Bau des mittleren Bootes verzichtet habe und deshalb eine größere Wasserfläche zur Verfügung stehe. Dies sei das von keiner Seite bestrittene Ergebnis des von einem Mitglied des Sen. des Oberlandesgerichts durchgeführten Augenscheins gewesen.

Wie die Rev. mit Recht geltend macht, hätte indes das Berufsgericht das Protokoll über die Einnahme des richterlichen Augenscheins seiner Entscheidung nicht zugrunde legen dürfen, weil sich aus dem Protokoll nicht ergibt, dass es den Beteiligten vorgelesen oder zur Durchsicht vorgelegt wurde. Dieser Verfahrensfehler ist von dem Prozessbevollmächtigten der Kläger in seinem Schriftsatz vom 16. 9. 1968, der vor dem nächsten Verhandlungstermin des Berufsgericht eingereicht wurde, ausdrücklich gerügt worden, so dass § 295 Abs. ZPO nicht anwendbar ist.

Da in dem zu errichtenden Gebäude, wie sich aus dem Tekturplan ergibt, Bootsstände für 2 große Motorboote vorgesehen waren, könnte auch der Umstand, dass das Manövrieren mit großen Booten infolge der Baumaßnahmen des Straßenbauamts erheblich erschwert wurde, wie für diesen Rechtszug zu unterstellen ist, zur Anwendung der Grundsätze über den Wegfall oder die Änderung der Geschäftsgrundlage führen.

Dagegen gibt, wie das Berufsgericht zutreffend angenommen hat, der Umstand, dass es der Kläger gelungen war, für ihr großes Motorboot bei der Firma R. eine geeignete Unterstellmöglichkeit zu finden, ihr nicht die Möglichkeit, sich unter Berufung auf Wegfall oder Änderung der Geschäftsgrundlage von dem Vertrage zu lösen. Die Kläger hatte es dadurch, dass sie sich mit unbefristetem Aufschub der Bauarbeiten einverstanden erklärte, in Kauf genommen, dass ihr einstweilen kein Unterstellplatz für das große Motorboot bei der Beklagte zur Verfügung stand. Es war also nicht Geschäftsgrundlage des Vertrages der Parteien, dass die Kläger das Motorboot alsbald oder auch nur in absehbarer Zeit in dem geplanten Bauwerk unterstellen konnte, dessen Errichtung infolge der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung gerade unbefristet aufgeschoben war, weil die Parteien zunächst Klarheit haben wollten, wie sich die Baumassnahmen an der Olympiastrasse auf das vorgesehene Bauwerk auswirken würden.

Sollte aus den zu a und b erörterten Gründen ein Wegfall oder eine Änderung der Geschäftsgrundlage zu bejahen sein, braucht dieser Gesichtspunkt nicht zur Folge zu haben, dass die Beklagte alle Ansprüche gegen die Kläger verliert. Grundsätzlich ist vielmehr lediglich eine Anpassung der Beziehungen der Parteien an die veränderten Verhältnisse vorzunehmen: Bei der Gestaltung der Anpassung ist das richterliche Ermessen maßgebend. Die Anpassung des Vertrages könnte hier beispielsweise auch dazu führen, dass die Kläger dazu angehalten wird, an die Beklagte eine Ausgleichszahlung zu leisten, um den Ausfall, den diese erhalten haben will, ganz oder teilweise zu decken.,

Wie die vorstehenden Ausführungen ergeben, enthält das angef. Urteil des Berufsgericht vom 28. 10.1969 Rechtsfehler, die zu seiner Aufhebung führen müssen, weil das BerUrt. auch nicht mit anderer Begründung aufrechterhalten bleiben kann. Da die Entscheidung von weiteren tatsächlichen Feststellungen abhängt, die der erk. Sen. nicht selbst treffen kann, muss die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufsgericht zurückverwiesen werden.

Ist ein Schuldner dem Gläubiger zu mehreren gleichartigen und fälligen Leistungen verpflichtet und leistet er in einem Umfang, den er irrigerweise zur Tilgung dieser sämtlichen Schulden für ausreichend hält, so werden diejenigen Schulden getilgt, die er ohne den Irrtum bei der Leistung bestimmt hätte, wenn die gesetzliche Tilgungsreihenfolge dem zu vermutenden vernünftigen Willen des Schuldners ganz offensichtlich widerspricht und dieser Wille für den Gläubiger von vornherein ohne weiteres erkennbar ist.