Gleichgewichtstheorie

Gleichgewichtstheorie, bürgerliche - bürgerliche Lehre von dem Gleichgewicht wirtschaftlicher Potenzen (z. B. Angebot und Nachfrage, Nachfrage und Preise), dem wirtschaftlichen Gleich- gewicht zwischen den Gesellschaftsklassen, dem Gleichgewicht zwischen Güter- und Geldkreislauf sowie von den das Gleichgewicht bestimmenden Faktoren. Den Stolz der theoretischen Ökonomie bildet die Theorie des allgemeinen wirtschaftlichen Gleichgewichts, die in verschiedenen Formen entwickelt worden ist. Die objektive Grundlage der Gleichgewichtstheorie ist die Ablösung der Naturalwirtschaft und der einfachen Warenproduktion des Mittelalters durch eine kapitalistische Wirtschaft, die trotz ihrer inneren Widersprüche und Klassengegensätze ohne zentrale Regulierung funktioniert. Die Gleichgewichtstheorie ist eine verzerrte Widerspiegelung der Funktionsprobleme des Kapitalismus und daher auch seinen Wandlungen unterlegen. Die erste - und einzige wissenschaftliche - bürgerliche Form der Gleichgewichtstheorie bot Quesnay im Tableau economique. Ausgehend vom wertschaffenden Charakter der menschlichen Arbeit - wenn auch nur auf die Landwirtschaft bezogen - und von einer Klasseneinteilung der Gesellschaft nach ökonomischen Kriterien hat Quesnay den Kreislauf des gesellschaftlichen Gesamtkapitals untersucht und dargestellt. Smith und Ricardo kamen in dieser Frage nicht über ihn hinaus. Bei > Say und Ricardo ging es um das Gleichgewicht zwischen Produktion und Konsumtion, wobei sie auf Basis des Sayschen Theorems zwischen beiden keinen grundsätzlichen Widerspruch sahen und alle Störungen für partiell hielten. Diese Auffassung führte zur Leugnung allg. Überproduktion. Durch die Grenznutzentheorie wurden später die vulgärökonomischen Gleichgewichtssysteme ausgebaut. Die bekanntesten Gleichgewichtsmodelle stammen von > Walras und Pareto, die aus den Beziehungen zwischen Angebot, Nachfrage, Kosten und Preisen die Gleichgewichtslage jedes Betriebes in einem umfangreichen Gleichungssystem zu ermitteln versuchten. Das allg. volkswirtschaftliche Gleichgewicht ergibt sich dabei als Resultat der individuellen betrieblichen Gleichgewichte. Ausdehnung oder Einschränkung der Produktion werden in direkter Abhängigkeit von Angebot und Nachfrage gesehen, so entsteht der Eindruck einer Bedarfsdeckungswirtschaft. Die Verschärfung der zyklischen Entwicklung und der Übergang zum Imperialismus machten den Gegensatz zwischen diesen Harmonie- und Gleichgewichtsvorstellungen und der kapitalistischen Realität immer deutlicher sichtbar. Es vollzog sich der Übergang zu dynamischen Theorien, womit verbunden war, dass die Annahme eines ständigen Gleichgewichts aufgegeben und durch die Annahme einer Tendenz zum Gleichgewicht ersetzt wurde. Damit war das Gleichgewicht nur noch eine theoretische Hilfskonstruktion. Es wurde offenkundig, dass die bislang herrschende bürgerliche Theorie den tatsächlichen Zustand und Ablauf der kapitalistischen Wirtschaft völlig falsch eingeschätzt hatte und dass de facto im Kapitalismus kein Gleichgewicht verwirklicht ist. In der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg sind fast alle maßgeblichen bürgerlichen Ökonomen zu dem Schluss gekommen, dass es nicht nur kein verwirklichtes Gleichgewicht gibt, sondern dass es wahrscheinlich auch keine objektiv wirkende Tendenz zum Gleichgewicht gibt und dass Nichtvorhandensein von Gleichgewicht, versteckte Störung des Gleichgewichts, Ungleichgewicht der für den Kapitalismus typische Zustand ist. Das Entstehen und die Verbreitung derartiger Theoreme offenbaren den endgültigen Bankrott der bürgerlichen Gleichgewichtstheorie.