Grundherrschaft
Grundherrschaft - feudale Agrarverfassung; Herrschafts- und Produktionsform, in der die Feudalherren (König, Adel und hohe Geistlichkeit) als Eigentümer des Grund und Bodens (Herreneigentum) schutz-, leibes- und gerichtsherrliche Rechte über die zur Grundherrschaft gehörenden Bauern besaßen. Die Grundherrschaft bildete in der Regel keine territoriale Einheit, sondern war weitgehend durch größeren oder kleineren Streubesitz gekennzeichnet. Die Bauern konnten mehrere Grundherren, die häufig jeweils nur eines der Herrschaftsrechte (Schutz-, Leib-, Gerichtsrechte) ausübten, über sich haben. Anknüpfend an germanische Herrschaftsverhältnisse setzte sich die Grundherrschaft im fränkischen und späteren ostfränkischen Reich zwischen dem 7. und 9. Jh. mit der Entstehung und Ausbreitung des Dienstadels (Beamtenadel) und des Lehnswesens durch, als in diesen Gebieten infolge von Kriegen, Fehden, Verschuldung, ökonomischem Ruin und Hungersnöten viele freie Bauern zu Hörigen (Hörigkeit) wurden. In der Grundherrschaft lebte der Grundherr von den Leistungen der Bauern, die unter außerökonomischem Zwang entrichtet wurden. Bei Bestehen grundherrschaftlicher Eigenwirtschaften (Sal- land) waren neben der Geld- und Produktenrente entsprechende Frondienste (bis zu drei Tage wöchentlich) zu leisten (Arbeitsrente). Diese Form der Grundherrschaft ist die Fronhofswirtschaft, deren Organisationsform die Villikationsverfassung war. Entfiel die Eigenwirtschaft, so waren die Bauern nur zu Geld- und Naturalabgaben verpflichtet. Diese Form wird als Rentengrundherrschaft bezeichnet. Sehr häufig fanden Vermischungen beider grundherrschaftlicher Formen statt. Die Grundherrschaft bildete die Basis für die Macht der feudalen Herrenschicht. Vom 8. bis zum Beginn des 14. Jh. hatte die Grundherrschaft im Wesentlichen progressive -Züge. Sie beruhte zwar auf der Ausbeutung der Bauern, aber sie garantierte die Entwicklung der Produktivkräfte; vor allem förderte sie im großen Umfang die gesellschaftliche Arbeitsteilung zwischen Landwirtschaft und Handwerk. Auch schützte der Grundherr als Schutzherr seine Hörigen gegen Übergriffe anderer Feudalherren. Mit dem einsetzenden Verfall der Villikationsverfassung, bes. in Nordwestdeutschland (12. Jh.) wurden die Grundherren immer mehr zu bloßen Rentenempfängern und verschärften die Ausbeutung. Flucht und Abgabenverweigerung der Bauern zwangen schließlich die Grundherren, das Land den Bauern erblich gegen einen festen Zins zu verleihen.