Grundstücksverkauf

Tritt ein Grundstücksverkäufer aufgrund eines entsprechenden vertraglichen Vorbehalts von einem Vertrag zurück, der nach § 1 I BeurkundG nicht nichtig ist, so ist der Vertrag auch hinsichtlich der aus dem Rücktritt sich ergebenden Ansprüche auf Herausgabe der Vergütung von Nutzungen und auf Ersatz von Verwendungen (§ 347 I 2 BGB) als von vornherein wirksam anzusehen.

Zum Sachverhalt: Mit notariellem Vertrag vom 8. 11. 1973 verpflichtete sich die Kläger, ein Bauträgerunternehmen, gegenüber den Beklagten, eine Eigentumswohnung zu erstellen und ihnen das Eigentum daran zu verschaffen. Für die Ausführung sollte die der dies amtlichen Urkunde vom 29. 11. 1972 ... beigefügte Baubeschreibung maßgebend sein; die Urkunde vom 29. 11. 1972 nebst Anlage war der Vertragsurkunde vom 8. 11. 1972 nicht beigefügt. Der Kaufpreis für die Eigentumswohnung sollte gemäß der notariellen Urkunde vom 8. 11. 1973 193000 DM betragen und war gemäß einem mit beurkundeten Zahlungsplan zu erbringen. Danach mussten die Beklagte zwei Bausparverträge über 15 000 DM zusammenlegen, die Vertragssumme auf 70000 DM erhöhen und bis zum 31. 3. 1974 mindesten 35 000 DM auf die neuen Bausparvertragssummen eingezahlt haben. Für den Fall, dass die Beklagte mit einem fälligen Betrag länger als zwei Wochen in Rückstand gerieten, wurde der Kläger das Recht eingeräumt, vom Vertrage zurückzutreten und von den Beklagten einen Betrag bis zu 5% des Kaufpreises zu verlangen (Nr. XIV des Vertrages). Für die Rückabwicklung in diesem Fall bestimmte Nr. XIV letzter Absatz des Vertrages: Kaufpreisbeträge, die der Käufer bis dorthin an die Verkäuferin bezahlt hat, sind von dieser abzüglich der etwaigen Vertragsstrafe erst dann an den Käufer unverzüglich zurückzuerstatten, wenn die Verkäuferin mit einem neuen Kaufinteressenten einen Kaufvertrag über den Vertragsgegenstand abgeschlossen hat und der neue Käufer den Kaufpreis bis in Höhe des zurückzuerstattenden Betrages entrichtet hat ... Die Beklagte leisteten bei Vertragsschluss eine Anzahlung von 3900 DM, legten aber die Bausparverträge nicht zusammen, erhöhten auch nicht die Bausparsumme auf 70000 DM und stockten auch nicht ihr Bausparguthaben auf 35000 DM auf. Mit Schreiben vom 13. 1. 1975 trat die Kläger vom Vertrage zurück. Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt sie Räumung und Herausgabe der Wohnung. Außerdem verlangt sie unter Berufung auf Nr. XIV des Vertrages 5% des Kaufpreises sowie Nutzungsentschädigung.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, dem Herausgabeanspruch jedoch nur Zug um Zug gegen Rückabtretung der Ansprüche auf Auszahlung der Ansparsummen und Darlehensvaluten aus den beiden Bausparverträgen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagte zurückgewiesen und der Anschlussberufung der Klägerstattgegeben. Auf die Revision der Beklagte wurde das Urteil des Oberlandesgerichts teilweise aufgehoben und insoweit neu gefasst, als die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts zurückgewiesen werden.

Aus den Gründen: . . II. 1. Es bedarf nicht mehr der Prüfung, ob die von der Revision gerügten Beurkundungsmängel (Verweisung auf nicht beigefügte und nicht vorgelesene öffentliche Urkunden - Teilungserklärung und Baubeschreibung) nach den in der neueren Rechtsprechung des Senats entwickelten Grundsätzen zur Nichtigkeit des Vertrages vom 8. 11. 1973 geführt hätten, denn insoweit richtet sich die rechtliche Beurteilung nunmehr nach dem Gesetz zur Änderung und Ergänzung beurkundungsrechtlicher Vorschriften vom 20. 2. 1980 (BGBl I, 157 - BeurkÄndG). Ist in der Niederschrift eines vor Inkrafttreten dieses Gesetzes (27. 2. 1980) notariell beurkundeten Rechtsgeschäfts auf eine öffentliche Urkunde verwiesen worden, so ist gemäß § 1 BeurkÄndG das Rechtsgeschäft nicht deshalb nichtig, weil diese Urkunde der Niederschrift nicht nach § 9 I 2 BerukG beigefügt oder nicht nach § 13 BeurkG verlesen worden ist. Ein solcher Sachverhalt ist hier gegeben, so dass der Vertrag vom 8. 11. 1973 nicht formnichtig ist.

2. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass die Kläger durch ihr Schreiben vom 13. 1. 1975 wirksam vom Vertrage zurückgetreten ist, weil die Beklagte bis zum 31. 3. 1974 ihr Bausparguthaben nicht auf 35 000 DM erhöht hatten. Entgegen der Ansicht der Revision sind die von § 1 BeurkÄndG erfassten Verträge nicht lediglich mit Wirkung für die Zukunft geheilt worden, sondern von Anfang an als nicht nichtig, d. h. als wirksam anzusehen. Diese Auslegung ergibt sich schon aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes. Sie entspricht überdies der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages vom 21. 1. 1980 (BT-Dr 8/3590). Dort heißt es unter B: Der Rechtsausschuss schlägt einstimmig vor ... die mangelhaft beurkundeten Verträge rückwirkend zu heilen ... In dem Bericht der Abgeordneten Dr. Bötsch und Schmidt (München) vom 23. 1. 1980 (BT-Dr 8/ 3594) ist hierzu unter 11 2 erläuternd ausgeführt: Entsprechend der Zielsetzung der beiden Gesetzentwürfe sollen Rechtsgeschäfte, die vor Inkrafttreten des Gesetzes beurkundet worden sind und wegen der bestimmten angesprochenen Formmängel unwirksam sind, rückwirkend geheilt werden. Die vom Rechtsausschuss empfohlene Fassung des § 1 folgt abgesehen von einigen, teils redaktionellen Verbesserungen der Fassung des Regierungsentwurfs. Insbesondere hat sich der Ausschuss den gewünschten Textänderungen des Bundesrats (Nummer 2 der Stellungnahme des Bundesrates) angeschlossen. Durch die Formulierung ,so ist das Rechtsgeschäft nicht deshalb nichtig soll klargestellt werden, dass nicht lediglich ein Einwand gegeben werden solle, der der Nichtigkeit entgegengesetzt werden könne, sondern dass unter den in der Vorschrift bestimmten Voraussetzungen das Rechtsgeschäft von Anfang an als wirksam gelten solle und dies von den Gerichten von Amts wegen zu beachten sei. Demgemäß gilt der Vertrag vom 8. 11. 1973 als von Anfang an wirksam. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Beklagte auf die Nichtigkeit des Vertrages ist nicht ersichtlich.

3. Aufgrund ihres wirksamen Rücktritts hat die Kläger gemäß Nr. XIV des Vertrages einen Anspruch auf Zahlung einer Rücktrittsentschädigung in Höhe von 5% des Kaufpreises (9695 DM). Sie hat daher in Höhe von 3900 DM wirksam aufgerechnet; auch ist ihre weiter geltend gemachte Teilforderung in Höhe von 1000 DM begründet. Der Zinsanspruch rechtfertigt sich insoweit aus §§ 291, 288 I 1 BGB (Prozesszinsen).

4. a) Der weitere Teilbetrag von 5153,50 DM ist nach den rechtsirrtumsfreien Ausführungen des Berufungsgerichts unter dem Gesichtspunkt der Nutzungsentschädigung für die Besitzzeit der Beklagte (mindestens 32 Monate) begründet (§§ 347, 987I BGB).

b) Zu Unrecht meint die Revision, die Beklagte könnten über die Anrechnung der von ihnen bezahlten Beträge ... hinaus die Aufwendungen für zusätzliche Einbauten ... in Anrechnung bringen. Für den Fall der Rückabwicklung wegen vorbehaltenen Rücktritts vom Vertrage bestimmt § 347 BGB, dass sich der Anspruch auf Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen sowie auf Ersatz von Verwendungen bereits vom Empfang der Leistung an nach den Vorschriften richtet, die für das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer (erst) von dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Eigentumsanspruchs an gelten. Nach § 987I BGB hat der Besitzer in diesem Fall die von ihm gezogenen Nutzungen herauszugeben, ohne dass er sich (wie nach § 988 BGB) auf Entreicherung berufen darf.

5. a) Der Anspruch der Kläger auf Herausgabe der Eigentumswohnung ist - nach der für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht - ebenfalls nach § 346 BGB begründet.

b) Auch insoweit steht den Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht wegen der Verwendungen auf die Eigentumswohnung nicht zu: Gem. § 996 BGB kann der Besitzer für andere als notwendige Verwendungen Ersatz nur insoweit verlangen, als sie vor dem Eintritt der Rechtshängigkeit gemacht werden (und der Wert der Sache durch sie noch zu der Zeit erhöht ist, zu welcher der Eigentümer die Sache wiedererlangt). Wie bereits ausgeführt, müssen sich die Beklagte jedoch bei der Abwicklung nach dem hier einschlägigen Rücktrittsrecht so behandeln lassen, als wäre der Herausgabeanspruch bereits im Zeitpunkt der Besitzerlangung rechtshängig gewesen. Dann aber könnten sie nur notwendige Verwendungen ersetzt verlangen. Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, handelt es sich bei den Aufwendungen der Beklagte nicht um notwendige, sondern nur um nützliche Verwendungen. Deshalb steht den Beklagten kein Anspruch auf Ersatz ihrer Verwendungen zu.

6. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, die Beklagte hätten auch kein Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf ihren Anspruch auf Rückabtretung der Ansprüche auf Auszahlung der Ansparsummen und Darlehensvaluten aus den Bausparverträgen ... Der Rückabtretungsanspruch folgt aus § 346 BGB, die Zug-um-Zug-Verknüpfung aus § 348 BGB. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist das Zurückbehaltungsrecht nicht durch Nr. XIV letzter Absatz des Vertrages wirksam ausgeschlossen worden, denn jene Klausel ist unwirksam: Nach gefestigter Rechtsprechung unterliegen (vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen - AGB-Gesetz - geschlossene) Verträge unter bestimmten Voraussetzungen einer an den Maßstäben von Treu und Glauben ausgerichteten Inhaltskontrolle. Dies gilt zum einen für Verträge, denen AGB eines Vertragsteils zugrunde gelegt sind (vgl. etwa BGHZ 54, 106 [109] = LM § 628 BGB Nr. 2 = NJW 1970, 1596); es gilt zum anderen aber auch für umfangreiche Formularverträge (vgl. BGHZ 51, 55 [59] = LM § 138 [Bc] BGB Nr. 6 = NJW 1969, 230; BGHZ 60, 243 [245] = LM § 652 BGB Nr. 43 = NJW 1973, 990; BGHZ 60, 377 [380] = LM § 652 BGB Nr. 44 = NJW 1973, 1194; BGHZ 63, 238 [239] = LM Allg. Geschäftsbedingungen Nr. 57 = NJW 1975, 165) und auch für formularmäßige Klauseln in notariellen Verträgen (BGHZ 62, 251 [252f.] = LM Allg. Geschäftsbedingungen Nr. 55 = NJW 1974, 1135; BGHZ 75, 15 = NJW 1979, 2387). Hier ist nach den tatrichterlichen Feststellungen von einem der richterlichen Inhaltskontrolle unterliegenden (notariellen) Formularvertrag auszugehen.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hält die formularmäßige Zurückhaltungsklausel der Inhaltskontrolle nicht stand. Wie der Senat bereits in BGHZ 63, 2381239f ] = LM Allg. Geschäftsbedingungen Nr. 57 ausgeführt hat, ist die in einem Eigenheimbewerbervertrag formularmäßig enthaltene Klausel unwirksam, nach welcher der Bauträger im Falle seines Rücktritts die Rückzahlung der erstattungsfähigen Eigenleistungen des Bewerbers unbefristet so lange zurückhalten darf, als er nicht von einem Nachfolger entsprechenden Ersatz erlangen kann. Das gleiche gilt erst recht für die hier vorliegende Klausel Nr. XIV letzter Absatz, die nicht einmal auf die Möglichkeit, Ersatz zu erlangen, sondern auf die tatsächliche Erlangung des Kaufpreises von einem neuen Käufer abstellt. Ob für den durch Rücktritt des Bauträgers (Verkäufers) ausscheidenden Bewerber (Käufer) ein Nachfolger gefunden wird (und ob dieser seine vertraglichen Pflichten erfüllt), ist eine Frage, die in beiden Fällen typischerweise dem Bereich des Unternehmerrisikos von Wohnungsbauuntemehmen zugehört. Dieses Risiko darf jedenfalls formularmäßig nicht auf den einzelnen Bewerber (Käufer) ohne Berücksichtigung seiner Belange abgewälzt werden (BGHZ 63, 238 [240] = LM Allg. Geschäftsbedingungen Nr. 57 = NJW 1975, 165; für die Rechtslage nach Inkrafttreten des AGB-Gesetzes im gleichen Sinne § 9, vgl. auch Uhner-Brandner-Hensen, AGB- Gesetz, 3. Aufl., § 10 Nr. 7 Rdnr. 20). Der Hinweis des Berufungsgerichts, dass die Beklagte dennoch nicht der Willkür der Kläger ausgeliefert seien, weil gemäß § 162 BGB die Bedingung für den Eintritt der Rückzahlungspflicht als eingetreten gelte, wenn die Kläger von einem weiteren Verkauf absehe oder ihn durch überhöhte Kaufpreisforderungen verhindere, ändert daran nichts, weil er die Risikoverteilung nur für eine besondere Fallgruppe, nicht auch für den Normalfall (Risiko von Konjunkturschwankungen auf dem Immobilienmarkt) korrigiert. Die Anschlussberufung der Kläger gegen das im Ergebnis zutreffende Urteil des Landgerichts ist daher unbegründet.