Haftungsgegenstand

Die Zuordnung eines Haftungsgegenstandes zum einen oder andern Gläubiger wirft häufig nicht einfache Abgrenzungsprobleme auf. Im Fährnisrecht geht es etwa um die Konkurrenz zwischen Waren- und Kreditgläubigern beim Konflikt zwischen verlängertem Eigentumsvorbehalt und Globalzession. Es können sich aber auch Sicherungseigentümer und Grundpfandgläubiger um eine bewegliche Sache streiten, wenn deren Eigenschaft als Zubehör des grundpfandbelasteten Grundstücks in Frage steht: ist sie dessen Zubehör und ist das Grundpfandrecht älter als die Sicherungsübereignung, dann steht sie dem Zugriff des Grundpfandgläubigers offen, andernfalls dem des Sicherungseigentümers; im ersteren Fall schützt die Grundstücksbeschlagnahme im Zwangsversteigerungsverfahren den Grundpfandgläubiger in bestimmtem Umfang auch vor Haftungsverlust bei nachträglicher Veräußerung.

Im vorliegenden Fall bestanden die umkämpften Fahrnisse in Teilen des Geschäftsinventars eines Bauunternehmers, der sie einem Kreditgeber zur Sicherung übereignete, nachdem er für einen anderen Kreditgeber eine Grundschuld an einem Teil seiner Grundstücke bestellt hatte. Zur Zeit der Beschlagnahme befanden sie sich zum Teil auf einem nicht mit der Grundschuld belasteten Grundstück des Schuldners, zum Teil auf Baustellen. Sie wurden gemäß § 30 ZVG vom Zuschlag ausgenommen; der Sicherungseigentümer veräußerte sie mit Billigung des Konkursverwalters des Bauunternehmers und legte den Erlös auf einem Sparkassenkonto an. Der Grundschuldgläubiger klagte gegen den Sicherungseigentümer auf Kontofreigabe in Höhe seiner grundschuldgesicherten Forderung. BGH verneinte die Zubehöreigenschaft und bestätigte demgemäß das klagabweisende Urteil des Oberlandesgerichts:

Vermisst wurde schon die erste Vorraussetzung der Zubehöreigenschaft: dass die umstrittenen Inventarstücke dem wirtschaftlichen Zweck der grundschuldbelasteten Grundstücke als der Hauptsache zu dienen bestimmt waren. Als wirtschaftlicher Zweck der Grundstücke kam der Betrieb des Baugeschäfts in Betracht. Hierfür entnimmt BGH dem § 98 Nr. 1 BGB das Erfordernis, dass die Gebäudeanlagen dauernd für den gewerblichen Betrieb eingerichtet sind. Er fordert dazu entweder schon eine entsprechende bauliche Beschaffenheit der Anlage oder doch eine Verbindung zwischen Gebäude und Inventarstücken derart, dass das Ganze eine entsprechende Zweckbestimmung auf Dauer, nicht etwa nur zur, Befriedigung des Bedürfnisses des derzeitigen Eigentümers erkennen lässt; es muss dadurch schon ein wirtschaftlicher Wert realisiert sein, der nicht zerschlagen, sondern erhalten bleiben soll. Das Urteil erwähnt eine Reihe von Beispielsfällen, in denen diese Voraussetzungen richtig bejaht wurden.

Nicht genügen lässt BGH dagegen die bloße tatsächliche Benützung des Gebäudes oder Geländes für einen bestimmten Betrieb. Im Entscheidungsfall bestanden die grundpfandbelasteten Grundstücke in einem zweigeschossigen Mietshaus, in dem sich das Geschäftsbüro des Schuldners befand, und in einem weiteren Gelände, das er im wesentlichen als Reparaturwerkstätte sowie als Abstell- und Lagerplatz benutzte. Diese bauliche Beschaffenheit des Geländes ließ eine Zweckbestimmung der genannten Art auf Dauer nicht erkennen. Aus diesem Grund wurde ein Zubehör-Zusammenhang der umstrittenen Inventarstücke mit den Grundstücken verneint, ohne dass es noch darauf ankam, ob die Inventarstücke in einem entsprechenden räumlichen Verhältnis zu den Grundstücken standen, was nach § 97 BGB weitere Voraussetzung für die Zubehöreigenschaft ist.

Bei einem modernen Speditions- bzw. Transportunternehmen ist der Kraftfahrzeugpark regelmäßig nicht Zubehör des Grundstücks, von dem aus das Unternehmen geführt wird.

Anmerkung: Bei dem Rechtsstreit, in dem das hier zu besprechende Urteil ergangen ist, handelte es sich um einen Anwaltshaftungsprozess. Der Beklagten Rechtsanwalt hatte für einen Konkursverwalter eine Klage gegen ein Kreditinstitut erhoben und, nachdem das Landgericht die Klage abgewiesen hatte, schuldhaft die Berufungsfrist versäumt. In dem Haftpflichtprozess gegen den Anwalt war deshalb zu klären, wie der Vorprozess richtig zu entscheiden gewesen wäre.

In dem Vorprozess ging es darum, ob das Beklagten Kreditinstitut berechtigt war, Kraftfahrzeuge, Anhänger und Kranfahrzeuge, die ihm die Gemeinschuldnerin sicherungsübereignet hatte, zu veräußern und den Erlös von 441780,-DM zu behalten, oder ob dieser Erlös zwei Grundpfandgläubigern gebührte, die ihre vermeintlichen diesbezüglichen Forderungen gegen das Kreditinstitut dem Konkursverwalter abgetreten hatten. Bei der Gemeinschuldnerin handelte es sich um ein größeres Speditionsunternehmen mit zahlreichen Niederlassungen im In- und Ausland.

Das Landgericht hat im Vorprozess die Klage abgewiesen, weil es die Fahrzeuge nicht als Grundstückszubehör ansah. Im jetzigen Anwaltshaftpflichtprozess haben dagegen Landgericht und Oberlandesgericht die Auffassung vertreten, der Vorprozess sei falsch entschieden worden. Die Fahrzeuge seien nämlich doch Zubehör der Betriebsgrundstücke gewesen, so dass die Grundpfandgläubiger gemäß §§ 823 II, 1135 BGB von dem Kreditinstitut in Höhe des von diesem bei dem Verkauf der Fahrzeuge erzielten Erlöses Schadensersatz hätte beanspruchen können. Das Berufungsgericht hatte sich für seine Ansicht auf zwei Entscheidungen des RG gestützt, in denen Pferde und Wagen eines Fuhrunternehmens als Zubehör des Betriebsgrundstücks angesehen wurden. Der BGH sah das anders.

1. Er folgte dem Berufungsgericht zwar darin, dass einem Grundpfandgläubiger gegen eine Person, die ihr zur Sicherheit übereignetes Grundstückszubehör veräußert, gemäß §§ 823 II, 1135 BGB abtretungsfähige Schadensersatzansprüche zustehen, da § 1135 BGB ein Schutzgesetz i. S. des § 823 II BGB ist.

2. Der BGH hat jedoch in dem von ihm entschiedenen Fall aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen die Zubehöreigenschaft der Fahrzeuge verneint. Entsprechend dem Urteil vom 19. 3. 1965 - V ZR 270/62 - LM vorstehend Nr. 3 = MDR 1965, 561 = BB 1965, 473 - macht er seine Entscheidung über die Zubehöreigenschaft davon abhängig, ob das jeweilige Betriebsgrundstück als Hauptsache den Kraftfahrzeugen übergeordnet war bzw. ob der wirtschaftliche Schwerpunkt des Unternehmens auf dem Grundstück lag. Diese Voraussetzung ist nach seiner Auffassung erfüllt bei Kraftfahrzeugen, die auf dem Grundstück für die Bereitstellung, die Lagerung sowie den An- und Abtransport der für die Produktion notwendigen Rohstoffe und der Erzeugnisse des Betriebes Verwendung finden, sowie bei dem Fahrzeugpark einer Fabrik oder eines Handelsunternehmens, mit dem die Bedarfsgüter des Betriebes herbeigeschafft bzw. die erzeugten Produkte ausgeliefert werden. Er räumt auch ein, dass ein mit Pferden und Wagen betriebenes Fuhrunternehmen sein Gepräge wesentlich durch die Einrichtungen auf dem Grundstück erhalten hat, so dass man den wirtschaftlichen Schwerpunkt des Unternehmens auf dem Grundstück sehen konnte, dem u. a. auch die Pferde und Wagen untergeordnet waren. Bei einem modernen Speditions- und Transportunternehmen ist dies nach Ansicht des BGH jedoch anders. Sein Betrieb wird nicht von dem Betriebsgrundstück getragen. Der Wagenbestand tritt nicht als dienendes Glied zu der Betriebsstätte, vor allem dann, wenn - wie im Streitfalle - die Grundstücke nicht einmal so groß sind, dass darauf alle polizeilich zugelassenen Fahrzeuge gleichzeitig Platz finden können.

Nach den in diesem Urteil niedergelegten Grundsätzen können deshalb auch Baumaschinen, Kräne, Bagger und Lastkraftwagen großer Bauunternehmen nicht Zubehör der jeweiligen Betriebsgrundstücke sein.