Hauptschuldner

Zahlt der selbstschuldnerische Bürge aufgrund eines rechtskräftigen Vorbehaltsurteils an den Gläubiger, so geht dessen Forderung gegen den Hauptschuldner erst mit dem Abschluss des Nachverfahrens auf ihn über. Er kann daher, falls sich nichts anderes aus dem Innenverhältnis zum Hauptschuldner ergibt, gegen diesen erst nach Abschluss des Nachverfahrens Rückgriff nehmen.

Anmerkung: Ein selbstschuldnerischer Bürge war im Urkundenprozess durch rechtskräftiges Vorbehaltsurteil zur Zahlung an den Bürgschaftsgläubiger verurteilt worden. Das Nachverfahren, in dem der Bürge das Bestehen der Hauptschuld u. a. bestritt, blieb anhängig. Der Bürgschaftsgläubiger drohte mit Vollstreckung, weshalb der Bürge zahlte. Er klagte nunmehr im Rückgriff gegen den Hauptschuldner nach § 774 BGB die Bürgschaftssumme ein. Damit hatte er keinen Erfolg.

Der BGH sieht die Zahlung des Bürgen auf ein - formell - rechtskräftiges Vorbehaltsurteil bei noch anhängigem Nachverfahren ähnlich an wie die Zahlung auf ein vorläufig vollstreckbares Urteil. Er meint, der gesetzliche Forderungsübergang der Hauptschuld vom Gläubiger auf den an ihn zahlenden Bürgen (§ 774I BGB) trete nur ein, wenn der Bürge den Gläubiger befriedigt, seine Forderung also erfüllt (§ 362 BGB). Eine Zahlung unter Vorbehalt sei keine Erfüllung; denn eine solche Zahlung bewirke nur eine vorläufige Regelung des Streitfalls unter voller Wahrung der Rechte des Bürgen gegen den Gläubiger. Das gilt nach Meinung des BGH auch für die Zahlung auf ein - rechtskräftiges - Vorbehaltsurteil; denn auch danach bleibt der Rechtsstreit im Nachverfahren anhängig (§ 600I ZPO). Ein Vorbehalt des zahlenden Schuldners, der nicht zu einer Veränderung der Beweislast dahingehend führt, dass nunmehr der Schuldner das Vorliegen einer Bereicherung des Leistungsempfängers darzulegen hat, läßt die Schuldtilgung in der Schwebe und ist keine Erfüllung im Sinne von § 362 BGB. Ist aber nicht erfüllt worden, dann ist auf den Bürgen auch noch nicht die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner kraft Gesetzes nach § 774I BGB übergegangen.

Der BGH stellt dann weiter klar, dass dieser Fall nicht vergleichbar ist mit einer Bankbürgschaft zur Abwendung der Vollstreckung aus einem Vorbehaltsurteil, weil dort Zweck der Bürgschaft ist, dem Gläubiger eine Sicherheit dafür zu verschaffen, dass der Hauptschuldner nach Eintritt der Rechtskraft des Vorbehaltsurteils und vor Abschluss des Nachverfahrens die Urteilssumme bezahlen kann, wenn ein weiterer Vollstreckungsaufschub (§ 707 ZPO) nicht bewilligt wird.

Der Senat lässt erkennen, dass im Innenverhältnis zwischen Bürgen und Hauptschuldner eine andere Möglichkeit des Rückgriffs vereinbart sein kann. Hier hatte aber das Berufungsgericht - von keiner Seite angegriffen - festgestellt, dass eine solche andere Vereinbarung im Innenverhältnis nicht vorlag. Am Rande erwägt der BGH noch, dass es für den Bürgen ratsam sein kann, mindestens im Nachverfahren dem Hauptschuldner den Streit zu verkünden und ihn auf diese Weise zum Beitritt aufzufordern.