Heilverfahrenskosten

Verwirkung eines fristgebundenen Anspruchs entschädigungsrechtlicher Art kann jedenfalls nicht durch bloßen Ablauf der Zeit zwischen dem Entstehen des Anspruchs und seiner Geltendmachung innerhalb der hierfür gesetzlich bestimmten Frist eintreten.

Zum Sachverhalt: Die Entschädigungsbehörde gewährte der Kläger mit Bescheid vom 4.7. 1963 Heilverfahren sowie unter Einreihung in die vergleichbare Beamtengruppe des mittleren Dienstes Kapitalentschädigung und Rente. Die Kläger erhob Klage. Durch Vergleich vom 16. 3. 1964 verpflichtete sich der Beklagte, ihr Entschädigung nach den Bemessungsmerkmalen der vergleichbaren Beamtengruppe des gehobenen Dienstes zu gewähren. Zur Ausführung des Vergleichs erließ die Behörde den Bescheid vom 22. 5. 1964, der unangefochten blieb.

Am 31. 12. 1969 beantragte die Kläger Erstattung von Heilverfahrenskosten ab 1941 in Höhe von 15000 DM. Zur Begründung nahm sie auf den Inhalt der Akten Bezug. Die Behörde wies mit Schreiben vom 9. 3. 1970 darauf hin, dass der Antrag für die weitere Bearbeitung nicht ausreiche, und forderte zu weiterer Substantiierung auf. Am 20. 6. 1970 reichte die Kläger für die Zeit ab 1961 Belege ein und erklärte, daraus ergebe sich, dass sie für die Behandlung der Verfolgungsleiden in der vorangegangenen Zeit mehr als 15000 DM aufgewendet habe. Die Behörde setzte den Erstattungsanspruch für die Zeit vom 30. 3. 1964 bis zum 12. 10. 1967 mit Bescheid vom 19. 1. 1971 auf 240,45 DM fest. Mit Schreiben vom selben Tage erklärte sie sich bereit, zur Abgeltung aller Heilbehandlungskosten in der Zeit von 1945 bis zum 31. 12. 1963 im Wege des Vergleichs eine Pauschalentschädigung von 750 DM zu gewähren. Die Höhe des angebotenen Betrages erläuterte sie mit Schreiben vom 13. 4. 1971.

Das Landgericht wies die Klage auf Zahlung von 15000 DM abzüglich gewährter 240,45 DM ab. Die auf Zahlung von 15000 DM zuzüglich 4% Zinsen nach § 169 BEG gerichtete Berufung hatte keinen Erfolg.

Mit der Revision verfolgt die Kläger ihren Anspruch auf Erstattung der bis Ende 1963 verauslagten, mit 5000 DM bezifferten Heilverfahrenskosten zuzüglich Zinsen weiter.

Aus den Gründen: Soweit die Kläger Zinsen verlangt, ist die Revision nicht begründet. Der Anspruch auf Erstattung verauslagter Heilverfahrenskosten ist nicht zu verzinsen. Das hat der Senat in dem Urteil vom 27.4. 1978 entschieden. Darauf wird verwiesen.

Im übrigen ist die Revision begründet.

Das Berufungsgericht hält die Klage, auch soweit sie den Anspruch auf Erstattung verauslagter Heilbehandlungskosten aus der Zeit bis.1963 betrifft, für zulässig, weil der Beklagte durch den Klagabweisungsantrag zum Ausdruck gebracht habe, dass er den Anspruch ablehne; dies komme einem ablehnenden Bescheid gleich. Das ist richtig.

Das Berufungsurteil läßt die Frage offen, ob der Erstattungsanspruch nach § 189 a I BEG bis zum 31. 12. 1965 hätte angemeldet werden müssen. Diese Frage ist zu verneinen. Nach dem Bescheid vom 4. 7. 1963 hat die Kläger das Recht, die Erstattung der notwendigen und angemessenen baren Auslagen für die Durchführung von Heilmaßnahmen i. S. des § 9 der 2. DV-BEG zu verlangen. Dabei handelt es sich nicht um einen Anspruch i. S. der §§ 189, 189 a, 190a BEG und des Art. VIII Abs. 1 S. 1 BEG-SchlussG; Aus Art. VIII Abs. 1 S. 2 BEG-SchlussG folgt jedoch, dass der Erstattungsanspruch bis zum 31. 12. 1969 angemeldet werden musste, wenn das Heilverfahren bis zum 31. 12. 1968 wegen eines vorher als verfolgungsbedingt anerkannten Gesundheitsschadens durchgeführt worden war. Hierzu reicht es aus, die Erstattungsansprüche, mithin den Umfang zu benennen, in dem nunmehr die Erfüllung des Anspruchs auf Heilverfahren verlangt wird. Diesen Anforderungen genügt das Antragsschreiben vom 30.12. 1969. Es macht deutlich, dass die Kläger die Erstattung aller Kosten beantragt, die sie bisher für Heilmaßnahmen ihres als entschädigungsbedingt anerkannten Gesundheitsschadens verauslagt hatte.

Das Berufungsgericht hält den Anspruch auf Erstattung bis 1963 verauslagter Heilverfahrenskosten für verwirkt. Seit Erlass des Bescheides seien 6 Jahre vergangen, ohne dass die Kläger zu erkennen gegeben habe, dass ihr in dieser Zeit Heilverfahrenskosten entstanden seien, deren Erstattung sie verlangen könne oder wolle. Durch dieses Verhalten, für das sie keine Gründe vorgetragen habe, sei bei der Entschädigungsbehörde der Eindruck hervorgerufen worden, dass sie für die Zeit bis zum Erlass des Bescheides vom 4. 7. 1963 Erstattungsansprüche nicht geltend machen werde. Der Beklagte habe mit solchen Forderungen nicht mehr zu rechnen brauchen. Diese Ausführungen sind von Rechtsirrtum beeinflusst.

Dass nicht fristgebundene Ansprüche entschädigungsrechtlicher Art verwirkt werden können, hat der BGH in RzW 1977, 210 = LM Art. VIII BEG-SchlussG Nr. 10 für die Anmeldung eines Anspruchs auf Erstattung von Heilverfahrenskosten, wenn der Gesundheitsschaden erst nach dem 31. 12. 1968 als verfolgungsbedingt anerkannt worden war, entschieden. Ob auch solche Ansprüche entschädigungsrechtlicher Art, die von der Geltendmachung innerhalb einer Frist abhängig sind, der Verwirkung unterliegen, ist vom BGH bisher nicht abschließend entschieden worden. Wegen der Bedeutung, die die Frist für die Durchsetzung und für das Erlöschen des Rechts hat, spricht vieles dafür, die Möglichkeit der Verwirkung eines solchen Anspruchs bei Geltendmachung innerhalb der Frist zu verneinen. Die Frage bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Verwirkung eines fristgebundenen Anspruchs entschädigungsrechtlicher Art kann jedenfalls nicht durch bloßen Ablauf der Zeit zwischen dem Entstehen des Anspruchs und seiner Geltendmachung innerhalb der hierfür gesetzlich bestimmten Frist eintreten. Diese Frist schützt in der Regel hinreichend die Interessen, die sonst durch das Rechtsinstitut der Verwirkung gewahrt werden.

Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zeigen neben dem Zeitablauf keine weiteren Umstände auf, die für eine Verwirkung von Bedeutung sein könnten. Die Kläger hat den Anspruch innerhalb der Frist angemeldet. Dass der Beklagte sich darauf eingerichtet hätte, sie werde das ihr zustehende Recht nicht mehr geltend machen, ergeben die Feststellungen des Berufungsurteils nicht. Der Beklagte hat mit Schreiben vom 9. 3. 1970 die Kläger zu weiterer Substantiierung aufgefordert, nach Einreichung und Prüfung der Belege den Vergleichsvorschlag vom 19.1. 1971 unterbreitet und diesen mit Schreiben vom 13. 4. 1971 erläutert.