Herstellung

Veräußert der Eigentümer sein beschädigtes Hausgrundstück, bevor er den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag erhalten hat, so wird die Herstellung mit der Folge unmöglich, dass der Anspruch aus § 249 II BGB erlischt.

Anmerkung: Die Entscheidung betrifft eine zentrale Frage des Schadensrechts, nämlich das Verhältnis der beiden Grundformen des Schadensersatzes: Naturalherstellung und Entschädigung in Geld. Nach der Systematik des Gesetzes ist der Schadensersatz in erster Linie auf Naturalrestitution gerichtet. § 249 BGB unterscheidet hierfür zwei Möglichkeiten: die Wiederherstellung des verletzten Rechtsguts durch den Schädiger und - allerdings beschränkt auf Körperverletzungen und Sachbeschädigungen - die Zahlung des zur Herstellung erforderlichen Geldbetrages. Erst in zweiter Linie sieht das Gesetz eine Entschädigung in Geld vor. Ein praktisch wichtiger Unterschied zwischen beiden Formen des Schadensersatzes besteht darin, dass der Anspruch auf Entschädigung in Geld grundsätzlich einen Vermögensschaden voraussetzt, während der Anspruch auf Naturalherstellung hiervon absieht und stattdessen unmittelbar an die Rechtsgutverletzung anknüpft.

Im besprochenen Fall ging es um die umstrittene Frage, ob der Anspruch auf Naturalrestitution auch dann besteht, wenn die Reparatur nicht mehr möglich ist oder die beschädigte Sache doch jedenfalls nicht mehr dem ursprünglichen Eigentümer gehört. Nach wohl einhelliger Auffassung muss die Wiederherstellung mindestens ursprünglich möglich gewesen sein, denn sonst kann der Geldbetrag nicht zur Herstellung erforderlich sein. Umstritten ist aber, wie lange die Möglichkeit der Wiederherstellung andauern muss. Nach Ansicht des RG war dies der prozessual spätest mögliche, natürlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen. Das RG hat daher den Fortbestand des Anspruchs auf Ersatz der Kosten für den Wiederaufbau eines Hauses verneint, das infolge unerlaubter Vertiefung des Nachbargrundstücks eingestürzt und einige Monate später verkauft worden war. Der BGH hatte bisher nur für zwei Sonderbereiche zu der Frage Stellung genommen.

Für Binnenschifffahrtssachen hat der II. ZS ausgesprochen, dass der Geschädigte nach Aufnahme einer vorbehaltlosen Schadenstaxe den hierdurch als erforderlich festgelegten Reparaturkostenbetrag grundsätzlich auch dann verlangen kann, wenn er das Schiff nicht repariert, sondern zum Schrottpreis verkauft hat. Dieses Urteil bedeutet jedoch keine Abkehr von der Linie des Reichsgerichts, weil es die zeitliche Verfestigung des Anspruchs in Abweichung von der nachgiebigen Gesetzesvorschrift des § 249 S. 2 BGB auf den typisierten Parteiwillen bei der Aufnahme von Schadenstaxen in Binnenschifffahrtssachen stützt und - im Verhältnis zum dispositiven Gesetzesrecht - als Ausnahme begreift.

Eine wirkliche Abweichung von der Rechtsprechung des RG bedeutet dagegen die Judikatur des VI. ZS auf dem Kraftfahrzeugsektor: Wer für ein unfallgeschädigtes Kfz. Zahlung der Instandsetzungskosten verlangen kann, verliert diesen Anspruch nicht schon dadurch, dass er das Fahrzeug beim Erwerb eines neuen Wagens unrepariert in Zahlung gibt. In Abgrenzung zu den vom RG entschiedenen Grundstücksfällen hat der VI. ZS darauf hingewiesen, dass für Kraftfahrzeuge gängigen Typs nur eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzungsart in Frage komme, nämlich ihr Einsatz als Verkehrsmittel nach Wiederherstellung ihrer Gebrauchsfähigkeit.

Für den Fall der Veräußerung eines beschädigten Hausgrundstücks hat demgegenüber der V. ZS in der hier besprochenen Entscheidung daran festgehalten, dass der Anspruch aus § 249 S. 2 BGB untergeht, wenn im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz die Herstellung in Natur unmöglich geworden ist. Dabei hat er sich insbesondere mit dem geläufigen Gegenargument auseinandergesetzt, dass es dem Geschädigten, der den besonderen Herstellungsanspruch nach § 249 S. 2 BGB geltend macht, jedenfalls freisteht, ob er die Sache überhaupt reparieren lässt oder den hierzu erforderlichen Betrag anderweitig verwendet. Der V. ZS entnahm dieser Dispositionsfreiheit nicht die Konsequenz, dass der Anspruch nach § 249 S. 2 BGB auch die Unmöglichkeit der Herstellung überdauern müsse: Setze der Geschädigte erst den Reparaturkostenanspruch nach § 249 S. 2 BGB durch, bevor er die Sache veräußere, so sei mit der Erfüllung des Anspruchs die Naturalherstellung im Rechtssinne durchgeführt und die Frage ihrer Unmöglichkeit könne sich nicht mehr stellen. Die Frage stelle sich nur, wenn er den Anspruch nach § 249 S. 2 BGB erst durchsetze, nachdem er die beschädigte Sache bereits veräußert habe. Dann aber forderten Sinn und Zweck der Naturalrestitution den Fortbestand des Herstellungsanspruchs nicht mehr. Die Naturalrestitution diene dem Interesse des Geschädigten an der Integrität seiner Rechtsgüter. Beende der Eigentümer seine Rechtszuständigkeit, indem er die beschädigte Sache veräußere, so könne der durch § 249 S. 1 u. 2 BGB bezweckte Rechtsschutz nicht mehr erreicht werden. Das verbleibende Interesse des Geschädigten am allgemeinen Schutz seines Vermögens werde dann durch den Anspruch auf Geldentschädigung für eine etwa verbliebene Vermögenseinbuße nach §§ 251 ff. BGB - ausreichend - geschützt.

Eine für den entschiedenen Fall wesentliche Einschränkung leitete der V. ZS ebenfalls aus dem Zweck der Naturalrestitution her: Die Herstellung i. S. d. § 249 BGB werde nicht schon dann unmöglich, wenn der Geschädigte sich lediglich verpflichtet habe, die beschädigte Sache einem Dritten zu übereignen; denn solange er noch Eigentümer sei, könne er den durch den Herstellungsanspruch bezweckten Rechtsgüterschutz noch erreichen; ob er seine schuldrechtlichen Beziehungen zum Käufer - z. B. durch Ausschluss der Gewährleistung - so gestalte, dass. seine Vermögenseinbuße unabhängig von der Naturalrestitution rechnerisch ausgeglichen werde, sei im Rahmen des Schadensersatzes durch Naturalherstellung unerheblich. Deshalb entfalle der Herstellungsanspruch erst, wenn das Eigentum an der beschädigten Sache auf den Käufer übergehe.