Hinweispflicht als Nebenpflicht

Eine Hinweispflicht als Nebenpflicht besteht für den Makler dann, wenn die Bedeutung, die der fragliche Umstand für den Entschluss des Auftraggebers hat, für den Makler erkennbar ist und wenn der Auftraggeber gerade hinsichtlich dieses Umstandes offenbar belehrungsbedürftig ist.

Zum Sachverhalt: Gegen den Maklerlohnanspruch der Klägerin Höhe von insgesamt 8325 DM hat die Beklagte mit einer höheren Schadensersatzforderung wegen Verletzung von Hinweispflichten aufgerechnet. Die Beklagte kaufte Anfang 1976 unter Mitwirkung der Klägereine Eigentumswohnung. Diese Wohnung, die die Beklagte beziehen wollte, war vermietet. Der auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Mietvertrag sah vor, dass sie mit einer Frist von drei Monaten zum Jahresschluss gekündigt werden konnte. Diese vertragliche Regelung war allen Beteiligten vor dem notariellen Kaufabschluss bekannt. Das Wohnungseigentum war von dem Verkäufer erst nach Abschluss des Mietvertrages gebildet worden. Über die deshalb gemäß § 564b II Nr. 2 S. 2 BGB ab Veräußerung bestehende dreijährige Sperrfrist für eine Kündigung wurde die Beklagte nicht unterrichtet. Nachdem sie aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung an die Mieter der Wohnung 15000 DM gezahlt hatte, zogen diese 1977 aus. Die Parteien haben vornehmlich darüber gestritten, ob die Beklagte schon vor dem Kaufabschluss für die Kläger erkennbar den Wunsch geäußert habe, in die Wohnung bald einziehen zu können.

Das Landgericht hat im Wege der Schadensschätzung die Aufrechnung in Höhe von 7500 DM, nämlich der Hälfte des Ablösebetrages, für berechtigt angesehen. Den danach der Kläger verbleibenden Betrag von 825 DM hat das Oberlandesgericht auf die Anschlussberufung der Beklagte unter Zurückweisung der Berufung der Kläger dieser auch noch aberkannt. Die - zugelassene - Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: Das Berufungsgericht ist mit nicht haltbarer Begründung vom Bestehen eines Aufrechnungsanspruchs ausgegangen.

I. Eine Schadensersatzverpflichtung der Kläger hat das Berufungsgericht deshalb bejaht, weil sie es schuldhaft unterlassen habe, die Beklagte auf die dreijährige Sperrfrist des § 564b BGB hinzuweisen. Auf Unkenntnis der Bestimmung des § 564b BGB habe die Kläger sich nicht berufen. Die ihre Anwendung rechtfertigenden Tatsachen habe sie gekannt. Für den Kaufentschluss der Beklagte sei diese Bestimmung nicht etwa ohne Bedeutung gewesen. Sie habe bald einziehen wollen. Die Kläger habe auch gewusst, dass die Beklagte die Wohnung habe beziehen wollen. Nur der Zeitpunkt, zu dem die Beklagte einziehen wollte oder konnte, habe noch nicht festgestanden. So habe die Kläger die Beklagte darüber belehren müssen, wann ein Einzug frühestens möglich gewesen sei. Im Hinblick auf die vertragliche Regelung habe die Beklagte davon ausgehen können und dürfen, dass sie das Mietverhältnis zu Ende 1976 werde kündigen können. Wenn ihr die lange Mietbindung bekannt gewesen wäre, hätte sie vom Vertragsabschluss Abstand genommen. Jedenfalls treffe die Kläger die Beweislast dafür, dass die Beklagte die Wohnung trotz eines Hinweises auf die Sperrfrist gekauft haben würde. Den Ausführungen des Landgerichts, - danach war die Möglichkeit des Erwerbs einer vergleichbaren, aber ohne Ablösebetrag beziehbaren Eigentumswohnung zum gleichen Preis gegeben - sei beizutreten. Deshalb gehe der der Beklagte entstandene Vermögensschaden ursächlich auf das pflichtwidrige Unterlassen der Klägerzurück. Die Ablösesumme sei überwiegend mindestens in Höhe der Klageforderung - deshalb geleistet worden, um die Mieter zum vorzeitigen Auszug zu bewegen.

Demgegenüber meint die Revision, das Berufungsgericht habe die Anforderungen an die Maklerpflichten überspannt. Der Makler habe in erster Linie tatsächliche Umstände mitzuteilen und in wirtschaftlicher Hinsicht zu beraten. Die Rechtsberatung über Kündigungsmöglichkeiten sei ihm dagegen untersagt, weil insoweit allenfalls ein mittelbarer Zusammenhang mit der Maklertätigkeit bestehe und schwierige Rechtsfragen zu beantworten seien. Außerdem müssten Zweifel über den Auszugstermin deshalb zu Lasten der Beklagte gehen, weil für das Bestehen einer Hinweispflicht nicht entscheidend gewesen sei, ob die Beklagte, sondern wann sie einziehen wollte. Schließlich habe das Berufungsgericht nicht festgestellt, ob und mit welchem Erfolg die Beklagte den Mietern ohne Rücksicht auf die genannte Bestimmung habe kündigen können, so dass es an einem Schaden fehle.

II. Die vom Berufungsgericht festgestellten Umstände reichen nicht aus, die daraus entnommene Hinweispflicht zu bejahen.

1. a) Der Makler steht zu seinem Auftraggeber in einem besonderen Treueverhältnis. Daraus ergeben sich für ihn auch bestimmte Nebenpflichten bei der Erfüllung seiner Aufgabe. Diese folgen insbesondere daraus, dass er Interessenvertreter seines Auftraggebers ist. Eine sachgemäße Interessenwahrnehmung gebietet regelmäßig, den Auftraggeber nicht nur über das aufzuklären, was unerlässlich ist, damit dieser vor Schaden bewahrt wird, sondern auch über alle dem Makler bekannten Umstände, die für die Entschließung des Auftraggebers von Bedeutung sein können. Dabei ist entscheidend auf den jeweiligen konkreten Fall abzustellen. Das ist allgemein anerkannt (BGH, LM vorstehend Nrn. 22, 26; WM 1970, 1270; 1973, 613 [614]; SoergelMormann, BGB, 11. Aufl., § 652 Rdnr. 30). Wegen der ausschlaggebenden Bedeutung der konkreten Ausgestaltung des Einzelfalles kann aus den Buchführungs- und den allgemeinen Informationspflichten gemäß §§ 10, 11 MaBauVO nicht in jedem Falle Entscheidendes hergeleitet werden.

b) Die Revision meint, es müsse unterschieden werden zwischen Umständen tatsächlicher Art, auf die hinzuweisen ist, und der rechtlichen Situation, für die im Gegensatz zur wirtschaftlichen Lage eine Beratungspflicht nicht bestehe. Allerdings ist nicht der Makler, sondern der beurkundende Notar berufen, bei einem Vertrag über Immobilien die Beteiligten rechtlich zu unterrichten und zu belehren. Aber auch für den Makler kann sich mit Rücksicht auf Treu und Glauben aus dem konkreten Einzelfall eine Hinweispflicht wegen einer sei es auch im Ansatzpunkt rechtlichen Frage ergeben. Tatsächliche Umstände können wegen der daran geknüpften Rechtsfolge zu einer Lage führen, die für den Auftraggeber maßgebliche Bedeutung hat. Der deshalb bestehenden Informationspflicht kann der Makler auch schon dadurch genügen, dass er auf die Möglichkeit verweist, zu der betroffenden Frage Rechtsrat einzuholen.

c) Mit Recht haben das Berufungsgericht und die Revision jedoch hervorgehoben, dass keine uferlose Information ins Blaue hinein geschuldet wird. Eine Hinweispflicht besteht vielmehr nur dann, wenn die Bedeutung, die der fragliche Umstand für den Entschluss des Auftraggebers hat, dem Makler erkennbar ist, und wenn der Auftraggeber gerade hinsichtlich dieses Umstandes offenbar belehrungsbedürftig ist (BGH, WM 1978, 1069; vgl. auch LM vorstehend Nr. 12). Dabei braucht der Makler nicht jeden Einzelumstand daraufhin zu überprüfen, ob er unter irgendeinem denkbaren Gesichtspunkt für den Auftraggeber Bedeutung erlangen könnte. In erster Linie ist es nämlich Sache des Auftraggebers, gegenüber dem Makler deutlich werden zu lassen, welche Interessen bei dem beabsichtigten Geschäft für ihn im Vordergrund stehen. Erst dann wird in der Regel dem Makler erkennbar sein, ob und gegebenenfalls welches Gewicht ein Einzelumstand für den Entschluss seines Auftraggebers hat.

2. Diesen Grundsätzen hat das Berufungsurteil nicht in jeder Hinsicht Rechnung getragen.

a) Das Berufungsgericht hat nicht ausdrücklich festgestellt, dass den für die Kläger Handelnden die Bestimmung des § 564 b II Nr. 2 S. 2 BGB und dessen Bedeutung tatsächlich bekannt war. Es hat sich mit dem Hinweis begnügt, die Kläger habe sich auf Unkenntnis nicht berufen und die entsprechenden Ausführungen im Urteil des Landgerichts nicht angegriffen. Das ist nicht zu beanstanden. Die fragliche Bestimmung war im Zeitpunkt des Vertragsschlusses seit über einem Jahr in das BGB eingefügt. Sie bestand aber in gleicher Weise bereits seit Ende 1971 im Rahmen des 1. Wohnraumkündungsschutzgesetzes (vgl. Kurtenbach, Betr 1971, 2455, insbesondere zu dem gerade für einen Makler bedeutsamen Zweck dieser Regelung). Sie wurde im Zusammenhang mit dem 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz, das überall in der Fachpresse besprochen wurde, vom Gesetzgeber deshalb ins BGB übernommen, damit sie zum Dauerrecht wurde (vgl. Voelskow, , in: MünchKomm, § 564b Rdnr. 1 m. w. Nachw. in Fußn. 2 u. 3; ferner AIZ 1973, 5; 1974, 30; 297). Die Vorschrift kann für die Frage, wann und in welcher Weise entsprechende Eigentumswohnungen von Auftraggebern der Klägernach dem Erwerb genutzt werden können, von erheblicher Bedeutung sein. Sie musste der Kläger und den Personen, die für sie Maklerdienste leisteten, jedenfalls bekannt sein.

b) Auch das Rechtsberatungsgesetz steht einer Hinweispflicht nicht entgegen. Die Kläger war jedenfalls gemäß Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG befugt, die Beklagte auf das Bestehen der dreijährigen Sperrfrist hinzuweisen. Eine solche Aufklärung stand in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Gewerbe der Kläger (vgl. BGH, NJW 1974, 1328 [1329] = LM § 5 RechtsberatG Nr. 9). Das gilt ohne Rücksicht auf die Schwierigkeit der zu beurteilenden Rechtsfragen (vgl. BGH, NJW 1974, 1328 [1329] = LM § 5 RechtsberatG Nr. 9). zumal sich die Kläger - wie ausgeführt - auf den Hinweis beschränken konnte, die Beklagte möge zu dieser Rechtsfrage von dem dafür Berufenen Rechtsrat einholen.

c) Die Feststellungen des BerGer ergeben jedoch nicht, dass die Bedeutung, welche die Sperrfrist für die Beklagte hatte, vor dem Kaufabschluss für die Kläger in dem dargelegten Sinne erkennbar war. Zwar hatte die Kläger Kenntnis von der Absicht der Beklagte die zu kaufende Wohnung zu beziehen. Ob die Kläger auch wusste, dass die Beklagte diese Absicht so schnell wie möglich durchführen wollte, oder ob die Kläger nach den Äußerungen der Beklagte davon ausgehen konnte, sie werde erst in einigen Jahren einziehen, hat das Berufungsgericht aber offen gelassen. Deshalb hat der Senat seiner Beurteilung auf die Revision der Kläger die letztere Möglichkeit zugrunde zu legen. Dazu kann eine Hinweispflicht der Kt nicht ohne weiteres bejaht werden. Die Kläger brauchte nicht damit zu rechnen, dass die dreijährige Sperrfrist des § 564 b II Nr. 2 S. 2 BGB für die Beklagte gewichtige Bedeutung erlangen konnte, wenn der Einzug ohnehin erst in einigen Jahren stattfinden sollte. Wenn es der Beklagte aber gerade darauf ankam, den Kündigungstermin ab Anfang 1977 selbst bestimmen zu können, musste sie das der Kläger gegenüber deutlich machen. Ohne weitere Anhaltspunkte war für die Kläger angesichts der (unterstellten) Äußerung der Beklagte, erst in einigen Jahren einziehen zu wollen, das Gewicht eines solchen Interesses nicht erkennbar. Für die tatsächliche Beziehbarkeit einer noch vermieteten Wohnung ist die rechtliche Möglichkeit der Kündigung nur einer von mehreren maßgeblichen Umständen. Wer eine an einen Dritten vermietete Eigentumswohnung erwirbt, wird auch unabhängig von vertraglichen und gesetzlichen Kündigungsfristen mit Schwierigkeiten bei dem Freiwerden rechnen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass es der Mieter nach der Kündigung auf einen Rechtsstreit ankommen lässt, für längere Zeit Räumungsschutz in Anspruch nimmt oder auf andere Weise den Einzugstermin nicht unerheblich hinauszögert. Deshalb liegt für den Makler die Erwägung jedenfalls nicht fern, dem Käufer einer solchen vermieteten Eigentumswohnung komme es - auch oder vornehmlich - auf die Kapitalanlage und die Steuerersparnis an. Manches spricht dafür, dass dies sein vorrangiges Interesse ist, wenn er seinen eigenen Bungalow bewohnt und äußert, erst in einigen Jahren die Wohnung beziehen zu wollen.

3. Unter diesen Umständen muss das Berufungsgericht die bislang fehlenden Feststellungen dazu treffen, ob die Beklagte der Kläger gegenüber deutlich genug gemacht hat, dass sie an einem baldigen Einzug oder aber jedenfalls daran interessiert war, ab Anfang 1977 den Kündigungstermin, wie im Mietvertrag vorgesehen, selbst bestimmen zu können. Erst dann kann entschieden werden, ob der Kläger die schuldhafte Verletzung einer Nebenpflicht zur Last zu legen ist, die der Beklagte einen Schadensersatzanspruch geben kann. Im Hinblick darauf, dass wie ausgeführt ein Kündigungsrecht nur einer von mehreren für die Beziehbarkeit maßgeblichen Umständen ist, wird in diesem Zusammenhang auch zu prüfen sein, ob und gegebenenfalls in welchem Maße bei der Entstehung des von der Beklagte angegebenen Schadens ein eigenes Verschulden mitwirkte.