Honorarvereinbarung

Die Entscheidung behandelt das Entstehen und die Verjährung von Gebührenforderungen des Wahlverteidigers in einem Strafverfahren, die auf eine mit dem Mandanten vor der späteren Bestellung des Anwalts zum Pflichtverteidiger geschlossene Honorarvereinbarung gestützt werden.

Wie der BGH zunächst ausführt, scheitert eine solche Gebührenklage nicht an § 100 II BRAGO. Die Auffassung des Berufsgerichts, das die Zulässigkeit der Gebührenklage von der Feststellung der Leistungsfähigkeit des Beklagten Mandanten abhängig gemacht hatte, wird vom BGH nicht geteilt. Diese Vorschrift ist unanwendbar, wenn der Rechtsanwalt nicht die gesetzlichen Gebühren eines gewählten Verteidigers begehrt, wie sie einem Pflichtverteidiger nach § 100 I BRAGO zustehen, sondern Ansprüche aus einer nach § 3 BRAGO zulässigen Honorarvereinbarung geltend macht, die er als Wahlverteidiger mit dem Mandanten abgeschlossen hat.

Auch eine entsprechende Anwendung des § 100I1 BRAGO kommt nicht in Betracht. Der III. Zivilsenat hat im Urteil vom 3. 5. 1979 entschieden, dass ein Rechtsanwalt Ansprüche aus einer nach seiner Bestellung zum Pflichtverteidiger abgeschlossenen Honorarvereinbarung durchsetzen kann, ohne vorher die Leistungsfähigkeit des Beschuldigten nach § 100 BRAGO feststellen lassen zu müssen. Für die hier geltend gemachten Ansprüche aus einer vor der Bestellung zum Pflichtverteidiger geschlossenen Honorarvereinbarung kann nichts anderes gelten.

Eine im Einverständnis mit dem Auftraggeber erfolgte Niederlegung der Wahlverteidigung als Voraussetzung für die einverständlich erstrebte Bestellung des Anwalts zum Pflichtverteidiger enthält zwar regelmäßig eine Kündigung des Auftrags zur Wahlverteidigung nach § 627 BGB und schneidet daher Ansprüche aus der Honorarvereinbarung für die Zukunft ab. Dagegen geht es nicht an, dem Rechtsanwalt den schon verdienten Teil der Vergütung aus der Honorarvereinbarung zu nehmen oder auch nur die Durchsetzung dieser hier mit dem Hauptantrag noch allein verfolgten Ansprüche von der vorherigen Feststellung der Leistungsfähigkeit des Beschuldigten abhängig zu machen.

Wie der III. Zivilsenat in dem erwähnten Urteil vom 3. 5. 1979 ausgeführt hat, rechtfertigt sich die Einschränkung des Anspruchs des Pflichtverteidigers auf die gesetzlichen Gebühren eines gewählten Verteidigers in § 100 II 1 BRAGO durch die Erwägung, dass dieser Anspruch ohne Rücksicht darauf entsteht, ob der Beschuldigte zu einer solchen Leistung willens und in der Lage ist. Der Beschuldigte ist dem Gebührenanspruch des Verteidigers aus § 100 I 1 BRAGO selbst dann ausgesetzt, wenn er die Bestellung des Pflichtverteidigers abgelehnt hat. Zur Vermeidung unerträglicher Härten ist es daher unabdingbar, nur den ausreichend vermögenden Beschuldigten dem gesetzlichen Gebührenanspruch des Pflichtverteidigers auszusetzen. Insoweit besteht deshalb ein Bedürfnis für die Feststellung der Leistungsfähigkeit des Beschuldigten. Die Durchsetzung vertraglicher Ansprüche des Rechtsanwalts von der vorherigen gerichtlichen Feststellung der Leistungsfähigkeit des Schuldners abhängig machen zu wollen, liefe dagegen nicht nur auf eine Bevormundung des Beschuldigten hinaus, sondern wäre auch mit dem tragenden Grundsatz unvereinbar, dass jeder Schuldner für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen hat.

Im Übrigen gilt: Honorarvereinbarungen, die dadurch zustande gekommen sind, dass der Rechtsanwalt den Beschuldigten in unzulässiger Weise unter Druck gesetzt hat, sind schon nach § 138 I BGB nichtig. Gegen überhöhte Forderungen aus einer an sich wirksamen Honorarvereinbarung ist der Beschuldigte durch § 3 III BRAGO ausreichend geschützt.

Die eingeklagte Honorarforderung war jedoch verjährt. Der Anspruch der Kläger aus der Honorarvereinbarung i. V. mit § 628 I 1 BGB unterlag der zweijährigen Verjährungsfrist des § 196 I Nr. 15 BGB. Nachdem die Kläger die Wahlverteidigung niedergelegt und dies dem Beklagten mitgeteilt hatte, wurde ihr Anspruch fällig. Er war damit entstanden; die Verjährungsfrist konnte dementsprechend mit dem Schlusse des Jahres zu laufen beginnen.

Nicht anwendbar ist insoweit § 100 III BRAGO, wonach die Verjährung erst mit der Rechtskraft der das Verfahren abschließenden gerichtlichen Entscheidung beginnt. Diese Bestimmung bezieht sich, wie schon ihre systematische Stellung im Gesetz zeigt, allein auf die Verjährung der gesetzlichen Ansprüche des Pflichtverteidigers auf Zahlung der Gebühren eines gewählten Verteidigers. Auch die Gesetzesmaterialien zu § 100 III 1 BRAGO belegen, dass eine Anwendung der Vorschrift auf Gebührenansprüche aus einer Honorarvereinbarung nicht in Betracht kommen soll. Hiernach soll die neue Bestimmung eine Belastung des Verhältnisses zwischen dem Pflichtverteidiger und dem Beschuldigten vermeiden helfen, die zu besorgen wäre, wenn der Anwalt zur Vermeidung der Verjährung seiner Ansprüche bei andauernder Pflichtverteidigung gehalten sein könnte, einen Feststellungsbeschluss nach § 100 II BRAGO zu beantragen. § 100 III 1 BRAGO ist deshalb auf vertragliche Ansprüche eines Rechtsanwalts aus einer Honorarvereinbarung ebenso wenig anwendbar wie § 100 II BRAGO.

Die Verjährung war allerdings gemäß § 202 I BGB während der Zeit gehemmt, in der die Kläger dem Beklagten als Pflichtverteidigerin beigeordnet war.

Die Parteien hatten zwar eine Stundung der Gebührenforderung der Kläger nicht ausdrücklich vereinbart. Indes ergab eine ergänzende Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien, dass der Beklagten die Entrichtung der nach § 16 S. 1 BRAGO bereits fällig gewordenen Gebühren aus der Honorarvereinbarung solange verweigern durfte, als die Kläger ihm beigeordnet war.

Der Pflichtverteidiger hat alles zu unterlassen, was geeignet sein könnte, das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Beschuldigten zu stören. Dass schwelende Streitigkeiten über Honoraransprüche des Pflichtverteidigers auch aus seiner früheren Tätigkeit als Wahlverteidiger diesem Vertrauensverhältnis abträglich sein können, liegt auf der Hand. Davon ist auch der Gesetzgeber bei der Einfügung des § 100 III 1 BRAGO ausgegangen.

Unter diesen Umständen war anzunehmen, dass die Parteien - wäre ihnen die Frage der Durchsetzbarkeit der Ansprüche aus der Honorarvereinbarung bei Bestehen der Pflichtverteidigung bewusst geworden - nach den Erfordernissen von Treu und Glauben vereinbart hätten, die Ansprüche aus der Honorarvereinbarung sollten für die Dauer der Pflichtverteidigung gestundet sein. Diese Lösung war geeignet, eine Belastung des Vertrauensverhältnisses auszuschließen; sie reichte andererseits zur Abwendung von unzumutbaren Nachteilen für beide Teile aus. Insbesondere bestand kein Anhaltspunkt dafür, dass die Parteien zum Nachteil der Kläger eine weitergehende Stundung - etwa auch bei früherer Entpflichtung der Kläger bis zum Abschluss des Strafverfahrens gegen den Beklagten - vereinbart hätten, wäre ihnen die Lücke ihrer vertraglichen Abreden aufgefallen.

Mit der endgültigen Entpflichtung der Kläger als Pflichtverteidigerin endete die Hemmung der Verjährung. Im Anschluss daran begann jetzt die zweijährige Verjährungsfrist des § 196I Nr. 15 BGB zu laufen; sie war daher bei Einreichung des Mahnbescheids bereits abgelaufen. § 201 S. 1 BGB findet auf diese Verjährungsfrist keine Anwendung. Die Vorschrift gilt nur für den ursprünglichen Beginn der Verjährung, nicht für die Fortsetzung des Verjährungslaufs nach Beendigung einer Hemmung. Die Besonderheit bestand im entschiedenen Fall allerdings darin, dass wegen der bereits am 9. 8. 1973 beginnenden Hemmung die Verjährung nicht schon am 1. 1. 1974 in Lauf gesetzt wurde. Wie der BGH ausgeführt hat, führt dies jedoch nicht zur Anwendung des § 201 S. 1 BGB mit der Folge, dass die Verjährung hier erst mit Ablauf des Jahres 1975 begonnen hätte. Der BGH hat insoweit darauf abgestellt, dass die Parteien bei Abschluss der Honorarvereinbarung keine besondere Fälligkeitsabrede getroffen hatten, also auch nicht von vornherein den Fälligkeitstermin hinausgeschoben hatten. Die Fälligkeit trat deshalb gemäß § 16 S. 1 BRAGO mit der Niederlegung des Wahlmandats ein und wurde erst später mit der einverständlichen Beiordnung der Kläger vom 9. 8. 1973 wieder aufgehoben. Diese Hemmung nach Fälligkeit führt zum Stillstand der Verjährung nur solange, wie die Hemmung andauert, im Ergebnis hier also zum Beginn der Verjährung bereits vor dem Ablauf des Jahres 1975. Dagegen hätte eine ursprüngliche Stundung der Honorarforderung, die den Fälligkeitszeitpunkt von vornherein hinausgeschoben hätte, gemäß § 201 S. 2 BGB die Verjährung erst mit dem Schlusse des Jahres beginnen lassen, in dem die Stundung ihr Ende gefunden hat.