Immissionsschutzbezogene Festsetzungen

Die Berücksichtigung des Immissionsschutzes ist Aufgabe und Ziel jeder städtebaulichen Planung. Im Wege der Bauleitplanung soll dem Gedanken eines vorbeugenden Immissionsschutzes in ausreichendem Maße Rechnung getragen werden. Nach § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 7 sind demgemäß bei der Aufstellung von Bauleitplänen auch die Belange des Umweltschutzes zu berücksichtigen; zu diesen Belangen gehört insbesondere der Immissionsschutz. Die Vorschriften der BauNVO sind ebenfalls eindeutig im Hinblick auf den Immissionsschutz konzipiert; sie wurden im Zuge der Novellen von 1968 und 1977 zunehmend differenzierter ausgestaltet, so dass den Gemeinden jetzt ein ganzes Bündel an Planungsinstrumenten für Zwecke des Immissionsschutzes zur Verfügung steht. Auch § 50 BImSchG gebietet eine Berücksichtigung des Immissionsschutzes; hiernach sind bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete soweit wie möglich vermieden werden.

Das BauGB hat die Anforderungen - jedenfalls für die Bauleitplanung

- aus Gründen des Immissionsschutzes durch eine Reihe von Regelungen weiter intensiviert. So sind die allgemeinen Ziele der Bauleitplanung in § 1 Abs. 5 Satz 1 um den Schutz und die Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen erweitert worden. Die Abwägungsdirektive des § 1 Abs. 5 Satz 3 gebietet den sparsamen und schonenden Umgang mit Grund und Boden. Das BauGB bietet - wie schon das BBauG - eine Reihe von Möglichkeiten, um bereits auf der Planungsebene einen Schutz vor Immissionen vorzusehen. Fast alle Festsetzungsmöglichkeiten nach § 9 können direkt oder indirekt dem Immissionsschutz dienstbar gemacht werden. Ein Schutz vor Immissionen kann insbesondere durch folgende Festsetzungen allgemeiner Art erreicht werden:

- entsprechende Festlegung des Geltungsbereichs;

- sachgerechte Zuordnung der Baugebiete und sonstigen Flächen;

- Gliederung der Baugebiete;

- Ausschluss von zulässigen Nutzungen;

- Verbot oder Beschränkung luftverunreinigender Stoffe;

- Festsetzung von Flächen für Anpflanzungen und Erhaltung von Bäumen und sonstigen Bepflanzungen.

Spezielle Festsetzungsmöglichkeiten zum Schutz vor Immissionen. Diese Vorschrift enthält drei Festsetzungsalternativen. Hiernach können festgesetzt werden:

- von der Bebauung freizuhaltende Schutzflächen und ihre Nutzung,

- Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutze vor schädlichen Umwelteinwirkungen,

- bauliche oder sonstige technische Vorkehrungen zum Schutze vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen.

Diese Vorschrift entspricht der des § 9 Abs. 1 Nr. 24 BBauG; allerdings hat der Gesetzgeber die festsetzbaren Vorkehrungen auf solche baulicher oder technischer Art beschränkt. § 9 Abs. 1 Nr. 24 BBauG hatte seine bis zuletzt maßgebende Fassung bei der BBauG-Novellierung von 1976 erhalten. Damals war die bis dahin bestehende Ermächtigung zur Festsetzung von freizuhaltenden Schutzflächen erweitert und um Flächen für Schutzanlagen und -vorkehrungen sowie von Vorkehrungen selbst ergänzt worden. Diese Änderung sollte die Gemeinde in die Lage versetzen, bereits im Bebauungsplan Nutzungsbeschränkungen und -bindungen festzusetzen, um von vornherein Schäden zu vermeiden, statt sie nachträglich beheben zu müssen. Damit war - wie es in einer ersten Stellungnahme zur BBauG-Novelle 1976 hieß - die sachnotwendige Ehe zwischen Immissionsschutz und Städtebau rechtlich vollzogen worden. Bei der Anwendung von § 9 Abs. 1 Nr. 24 BBauG ergaben sich dennoch Probleme. Unter dem vermeintlichen Zwang zur Konfliktbewältigung wurden vom Bebauungsplan immer konkretere Festsetzungen gefordert. Damit kam es zwangsläufig zu Überlagerungen zwischen dem städtebaulichen Planungsrecht und dem immissionsschutzrechtlichen Anlagenrecht. Zweifelhaft war auch, ob § 9 Abs. 1 Nr. 24 BBauG die Festsetzung von Emission- bzw. von Immissionswerten zuließ. Diese Unsicherheiten glaubte der Gesetzgeber zum einen mit der Änderung des Einleitungssatzes in § 9 Abs. 1 und zum anderen mit der Begrenzung des Vorkehrungsbegriffs klären zu können. Allerdings hatte das BVerwG schon vor Inkrafttreten des BauGB-Gesetzes einer überzogenen Auslegung des Vorkehrungsbegriff eine deutliche Grenze gezogen. Die im BauGB getroffene Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 24 weist trotz alledem noch immer deutliche Schwächen auf. Vor allem wäre eine klare Abgrenzung zwischen Planung und anlagenbezogener Fachgenehmigung notwendig gewesen. Sie ist jedoch nicht erfolgt. Statt dessen hat sich der Gesetzgeber damit begnügt, die Prüfung der Erforderlichkeit planerischer Festsetzungen von § 9 Abs. 1 auf § 1 zu verlagern, wo sie nach herrschender Auffassung auch bisher schon angesiedelt war. Für die Abgrenzung von Planungsrecht einerseits und Immissionsschutzrecht andererseits ist jedoch das Merkmal der Erforderlichkeit nicht geeignet. Es besteht auch weiterhin Unsicherheit darüber, ob mit Festsetzungen auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 Nr. 24 die Anforderungen an den Immissionsschutz über das im Anlagenrecht gebotene Maß hinaus verschärft werden können. Auch diese Frage lässt sich nur durch Rückgriff auf allgemeine Grundsätze entscheiden.

Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen - Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 müssen dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. des BImSchG dienen. Zwar erfolgt diese Verweisung nur für die Alternativen 2 und 3 des § 9 Abs. 1 Nr. 24, doch ist nicht zweifelhaft, dass auch die Festsetzungen aufgrund der Alternative 1 diesem Ziel dienen. Für das Immissionsschutzrecht wird der Begriff der schädliche Umwelteinwirkungen in § 3 Abs. 1 BImSchG festgelegt. Schädliche Umwelteinwirkungen sind hiernach Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Immissionen sind nach § 3 Abs. 2 BImSchG auf Menschen sowie auf Tiere, Pflanzen oder andere Sachen einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen. Luftverunreinigungen sind nach § 3 Abs. 4 BImSchG Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe. Beeinträchtigungen sind immissionsschutzrechtlich stets erheblich, wenn durch sie grundrechtlich geschützte Rechtsgüter wie Eigentum oder Gesundheit geschädigt oder gefährdet werden. Insoweit besteht eine absolute Erheblichkeitsschwelle. Im Hinblick auf das Eigentum ist dies dann anzunehmen, wenn die Anlage oder die von ihr ausgehenden Emissionen die vorgegebene Grundstückssituation nachhaltig verändern und dadurch den Nachbarn schwer und unerträglich treffen würde. Die Begriffe schwer und unerträglich stehen bei der Beurteilung selbständig mit unterschiedlichem Inhalt nebeneinander. Zum Verbot einer Gesundheitsgefahren bewirkenden Bauleitplanung s. Schmidt-Aßmann, Die Berücksichtigung situationsbestimmter Abwägungselemente bei der Bauleitplanung.