Inkassozessionar

Klagt der Inkassozessionar, so braucht - anders als bei dem lediglich zur Einziehung Ermächtigten - nicht geprüft zu werden, ob er ein eigenes rechtliches Interesse an der Geltendmachung der Forderung hat.

Zum Sachverhalt: Der Zahnarzt R führte bei der Beklagte eine zahnprothetische Behandlung durch. Auf seine Honorarforderung von 4430 DM zahlte die Allgemeine Ortskrankenkasse 1300 DM. Die Privatverrechnungsstelle der Ärzte und Zahnärzte in N. verlangte von der Beklagte Zahlung des restlichen Honorars von 3130 DM. Die Beklagte verweigerte die Zahlung, weil der von R hergestellte Zahnersatz mangelhaft sei. Nach erfolgloser Mahnung der Privatverrechnungsstelle trat R seine restliche Honorarforderung an die Kläger ab. Diese hat 3382 DM eingeklagt, nämlich 3130 DM restliches Honorar nebst Zinsen, 9 DM Mahngebühr und 243 DM für Verwaltungskosten aus Verzugsfolge.

Das Landgericht hat die Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie wegen des Honorars als unzulässig, im übrigen als unbegründet abgewiesen. Auf die - zugelassene - Revision der Klägerwurde das Urteil des Oberlandesgerichts insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 3130 DM abgewiesen worden ist.

Aus den Gründen: I. Das Berufungsgericht hält die Klage, soweit es um das Honorar von 3130 DM geht, für unzulässig, weil der Kläger die Prozessführungsbefugnis fehle. R habe ihr seine Forderung nur zum Inkasso abgetreten. Die gerichtliche Geltendmachung dieser Forderung liege nicht in ihrem eigenen Interesse, sondern allein in dem des R. Der Kläger könne deshalb - ebenso wie bei einer Einziehungsermächtigung - die Prozessführung nicht gestattet werden. Die Zulassung der Klage des Inkassozessionars würde einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in das Gefüge des Zivilprozesses bedeuten. Das Zivilprozessrecht sei, soweit die Stellung der Parteien, Zeugen und sonstiger Verfahrensbeteiligter in Frage stehe, privatrechtlichen Vereinbarungen grundsätzlich entzogen. Die Beklagte brauche es nicht hinzunehmen, dass ihr gegenüber im Rechtsstreit die Inkassozessionarin als Kläger auftrete und die Möglichkeit erhalte, den Zedenten, in dessen alleinigem Interesse der Rechtsstreit geführt werde, als Zeugen vernehmen zu lassen. - Diese Ausführungen gehen fehl. Unstreitig hat R seine restliche Honorarforderung von 3130DM an die Kläger nur zur Einziehung abgetreten. Die Kläger ist also Inkassozessionarin. Als solche ist sie aber zur Prozessführung befugt. Zu Unrecht verneint das Berufungsgericht ihre Prozessführungsbefugnis, weil sie kein eigenes wirtschaftliches Interesse an der gerichtlichen Geltendmachung der Honorarforderung habe. Darauf kommt es nicht an.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH muss allerdings derjenige, der eine fremde Forderung aufgrund einer Einziehungsermächtigung in eigenen Namen einklagt (gewillkürte Prozessstandschaft), ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung der Forderung haben (vgl. u. a. BGHZ 70, 389 [394] = LM § 633 BGB Nr. 30 = NJW 1978, 1375 m. w. Nachw.).

2. Für den Inkassozessionar gilt das aber nicht. Erkann die abgetretene Forderung auch dann einklagen, wenn er selbst an ihr wirtschaftlich nicht interessiert ist (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 12. Aufl., Vorb. § 50 Anm. V 3a dd, 3c aa; Erman-Westermann, BGB, 6. Aufl. § 398 Rdnr. 35; Henckel, in: Festschr. f. Larenz, S. 646f.). Bereits in RGZ 91, 390 (397) ist darauf hingewiesen, dass nicht nur auf die sogenannte Vollzession, sondern auch auf die (fiduziarische) Inkassozession ausgewichen werden könne, wenn die Einziehungsermächtigung die gerichtliche Geltendmachung durch den Ermächtigten mangels eigenen rechtlichen Interesses nicht gestatte. Auch nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist nicht zu prüfen, ob der Inkassozessionar ein besonderes eigenes rechtliches Interesse an der Geltendmachung der Forderung hat (vgl. u. a. BGHZ 47, 75 = LM § 157 [Ga] BGB Nr. 11 = LM § 1357 BGB Nr. 3 = NJW 1967, 673 - dieselbe Kläger betreffend -; BGH, NJW 1980, 122 = LM § 632 BGB Nr. 9 = WM 1979, 1311). Der Grund dafür ist, dass der Inkassozessionar und nicht mehr der Zedent nach außen Gläubiger der Forderung ist. Der Zessionar klagt aus eigenem Recht und nicht in gewillkürter Prozessstandschaft. Seine Prozessführungsbefugnis beruht auf seiner eigenen vollen Sachlegitimation, die durch die Bindung gegenüber dem Zedenten aus dem Innenverhältnis nicht berührt wird.

3. Die Inkassozession verstößt auch nicht gegen ein gesetzliches Verbot. Die Kläger als berufsständische Vereinigung darf sich gemäß Art. 1 § 7 RBerG ohne behördliche Erlaubnis Forderungen ihrer Mitglieder zur Einziehung übertragen lassen und diese einklagen (vgl. BGHZ 47, 75 = LM § 157 [Ga] BGB Nr. 11 = LM § 1357 BGB Nr. 3; Oberlandesgericht Düsseldorf, NJW 1969, 2289; Altenhoff-Busch-Kampmann, RBerG, 5. Aufl., Art. 1 § 7 Rdnr. 141; Erbs-Kohlhaas-Meyer, Strafrechtliche Nebengesetze, Art. 1 § 7 RBerG Anm. 7).

4. Die Möglichkeit eines Rechtsmissbrauchs rechtfertigt es nicht, den Wirkungsbereich der Inkassozession auf die außergerichtliche Einziehung zu beschränken. Etwaigem Missbrauch kann auf andere Weise begegnet werden. Wenn mit der Inkassozession dem Prozessgegner die Erstattung von Prozesskosten unmöglich gemacht werden soll, ist die Abtretung wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig (BGH, MDR 1959, 999 m. w. Nachw.; Weber, in: RGRK, 12. Aufl. § 398 Rdnr. 122; Staudinger-Kaduk, BGB, 10./11. Aufl., § 398 Rdnr. 235). Wird mit der Inkassozession versucht, das Armenrecht zu erschleichen, so ist auf die Vermögensverhältnisse des Zedenten abzustellen (BGHZ 47, 289 [292] = NJW 1967, 1566). Wird der Zedent als Zeuge vernommen, ist sein wirtschaftliches Interesse bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen (vgl. Staudinger-Kaduk, § 398 Rdnr. 233). Im vorliegenden Fall ist jedoch für einen solchen Rechtsmissbrauch, der die Nichtigkeit der Inkassozession zur Folge hätte, nichts ersichtlich.

II. Das Berufungsgericht hält die Klage für unbegründet, soweit die Kläger 9 DM vorgerichtliche Mahngebühr und 243 DM Verwaltungskosten aus Verzugsfolge, zusammen 252 DM, verlangt. Diese Ansprüche seien nicht schlüssig dargetan. Es sei nicht erkennbar, dass zwischen diesen Kosten und der Verweigerung der Zahlung durch die Beklagte ein adäquater Ursachenzusammenhang bestehe. Jedenfalls müsse sich die Kläger eine Verletzung ihrer Schadensminderungspflicht oder der Schadensminderungspflicht des Zedenten entgegenhalten lassen. - Das greift die Revision ohne Erfolg an ...

1. Als Mahngebühr (9 DM) begehrt die Kläger die Erstattung von Kosten, die durch formularmäßige Mahnschreiben der Privatverrechnungsstelle entstanden sein sollen. Ein derartiger Kostenerstattungsanspruch ist aber nach der Abtretungserklärung nicht auf die Kläger übertragen worden. Ex geht nicht etwa ohne weiteres mit über (vgl. Al in: RGRK, 12. Aufl., § 286 Rdnr. 13; Weber, § 401 Rdnr. 25).

2. Auch die Verwaltungskosten aus Verzugsfolge (243 DM) kann die Kläger nicht ersetzt verlangen. (Wird dargelegt.)